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Plastiktüten verteuern oder nicht?

Jens Thurau25. Februar 2014

Die Deutschen gehen sparsam mit umweltfeindlichen Plastiktüten um, sagt die Verpackungsindustrie. Dennoch empfiehlt das Umweltbundesamt jetzt, dass sie weniger davon benutzen. Steuern soll das der Preis.

Eine Frau Trägt Plastiktüten (Foto: Cate Gillon/Getty Images)
Bild: Getty Images

Dreiviertel des Mülls in den Meeren der Welt besteht aus Kunststoffen. Etwa 13.000 Plastikmüll-Teilchen treiben auf jedem Quadratkilometer Meeresfläche herum, schätzt das Umweltbundesamt, Deutschlands oberste Umweltschutzbehörde.

Plastik kann von Mikroorganismen nicht aufgelöst werden, entsprechend lange treibt der Müll im Meer einfach vor sich hin und richtet Schaden an: Taue und Schnüre strangulieren Wasservögel, Meeressäugetiere und Fische. Fressen Tiere Plastikkleinstteile aus der Kosmetik - Granulate etwa, können sie an inneren Verletzungen sterben oder schlicht verhungern, weil Plastik ein ständiges Völlegefühl verursacht.

Ins Meer gelangen die Plastikteile von Schiffen, durch den Tourismus, aber auch durch die Flüsse aus dem Landesinneren. Und im Meer bleiben sie für lange Zeit: Je nach Größe wird etwa eine Plastiktüte erst nach zehn bis 20 Jahren im Meer durch Wellenbewegungen vollständig abgebaut.

Einmal benutzt und weggeworfen

Deshalb empfiehlt das Umweltbundesamt (UBA), den Gebrauch von Einweg-Plastiktüten weiter zu verringern. Möglichst überall sollen die Plastiktüten demnach etwas kosten müssen. Bisher gibt es keine gesetzliche Verpflichtung an Händler Geld für Plastiktüten zu nehmen.

Zwar kosten stabilere Einkaufstüten in Lebensmitelgeschäften je nach Größe in der Regel schon heute zwischen 10 und 30 Cent, aber viele andere Läden geben sie kostenlos ab. Und die ganz dünnen Tragetaschen, die gerne in Obstläden oder an Gemüseständen verschenkt werden, sind ohnehin meist umsonst. Und um die geht es dem Umweltbundesamt ganz besonders, weil sie meist nur einmal verwendet und dann weggeworfen werden.

Gerade die dünnsten und leichtesten Plastiktüten verteilt der Wind in die Flüsse und ins Meer.Bild: CC/Zainub Razvi

Hohe Preise - geringe Nutzung

Für den Vizepräsidenten des UBA, Thomas Holzmann, steht fest: Wer der Umwelt helfen will, muss auf Plastiktüten ganz verzichten. "Einwegtüten sind ein kurzlebiges Produkt. Selbst wenn man sie zwei- oder dreimal verwendet, so lassen sie sich dennoch schwer mit Abfallvermeidung und effizienter Ressourcennutzung in Einklang bringen."

Mit einem Preis auf alle Plastiktüten hat etwa Irland gute Erfahrungen gemacht: Satte 328 Plastiktüten verbrauchte jeder Ire noch vor kurzem pro Jahr, dann wurde eine Abgabe von 22 Cent eingeführt - jetzt sind es nur noch 16 Tüten pro Kopf und Jahr. Ein durchschlagender Erfolg.

Im europäischen Schnitt werden rund 200 Einwegtragetaschen pro Jahr verbraucht - die Deutschen liegen mit 76 Tüten durchschnittlich weit darunter. Der Grund: Das Umweltbewusstsein ist hoch, die Abfallwirtschaft funktioniert weitgehend.

Anteil an der Müllmasse verschwindend gering

Kurt Schieler von der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM), der die jüngsten Zahlen zum Plastikverbrauch erhoben hat und sie am Montag (24.2.2014) vorstellte, hält die Forderung des UBA denn auch für übertrieben: "Man muss sich schon fragen, ob eine solche Forderung im richtigen Verhältnis steht. Das klingt ein bisschen so, als wolle man mit Kanonen auf Spatzen schießen." Klar: Populär ist die Forderung nach einem Preis für alle Tragetaschen aus Plastik nicht - und die Studie wurde von der Industrie in Auftrag gegeben.

Vielleicht kommt der Preis auf alle Plastiktüten dennoch. Die EU hat alle Mitgliedsstaaten im November 2013 aufgefordert, den Verbrauch von Plastiktüten zu senken, jedes Land darf dazu geeignete Schritte überlegen. "Wir stehen erst am Anfang der Debatte", weiß der Sprecher des Umweltbundesamtes, Stephan Gabriel Haufe.

Ob sich die Politik tatsächlich für einen Preis auf alle Tragetaschen entscheidet? Momentan schwer denkbar. Zwar wurden allein 2012 rund 6 Milliarden Plastiktragetaschen unterschiedlicher Größe in Deutschland ausgegeben - ihr Anteil am Gesamtmüll beträgt aber gerade mal 0,17 Prozent.

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