Hilfe für arme Kinder
20. Oktober 2009Die während der rot-grünen Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder in den Jahren 2003 bis 2005 beschlossenen vier Gesetze zur Reform der Arbeitsmarktpolitik sind nach dem ehemaligen Industrie-Manager Peter Hartz benannt. Eigentlich heißen sie "Erstes bis Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt". Daraus wird dann in der Kurzform oft "Hartz I bis IV".
Peter Hartz war damals Vorstandsmitglied der Volkswagen AG und leitete 2002 die Kommission, welche die Reform ausarbeitete. Später nahm seine Karriere dann aber eine andere Wendung: Im Januar 2007 wurde er wegen Untreue und Begünstigung im Rahmen der VW-Schmiergeld-Affäre zu einer, auf Bewährung ausgesetzten, zweijährigen Haftstrafe verurteilt.
Leben nach dem Regelsatz
Hartz IV trat Anfang 2005 in Kraft. Kern des Gesetzes ist die Zusammenführung der bisherigen staatlichen Fürsorgeleistungen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) zu einer einheitlichen Leistung, dem "Arbeitslosengeld II". Auch die Leistung selbst wird umgangssprachlich häufig als "Hartz IV" bezeichnet. Voraussetzung für den Bezug ist, dass Einkommen oder Vermögen der Antragsteller eine bestimmte Grenze unterschreitet und diese auch nicht von engen Verwandten unterstützt werden können
Auf der Basis amtlicher Statistiken zu Einkommen und Konsum von Menschen mit geringem Einkommen sind so genannte Regelsätze festgelegt, die den Bedürftigen zustehen. Für einen alleinstehenden Erwachsenen sind dies derzeit 359 Euro monatlich.
Die Höhe der Regelsätze wird nach den Preisen für bestimmte Konsumgüter und Dienstleistungen ermittelt, die als unabdingbar gelten. Dazu gehören Nahrung, Körperpflege und Fahrkarten für Bus und Bahn. Zusätzlich wird auch die Wohnungsmiete in bestimmten Grenzen vom Staat getragen. Ehegatten bekommen einen Regelsatz von 323 Euro, ebenso andere bedürftige Erwachsene, die mit dem Hauptempfänger der Leistung zusammenleben.
Kinder bekommen weniger Hilfe
Die Beträge für die 1,7 Millionen Kinder in den deutschen Hartz-IV-Haushalten werden nicht gesondert ermittelt. Für sie gelten nach Altersgruppen gestaffelte Prozentanteile des Erwachsenensatzes. Kinder unter sechs Jahren erhalten 60 Prozent monatlich (215 Euro). Für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren steigt der Satz auf 70 Prozent (251 Euro). Jugendlichen von 14 bis 17 Jahren stehen 80 Prozent (287 Euro) zu.
Umstritten ist, dass der Grundbedarf für Kinder und Jugendliche nicht eigenständig ermittelt wird. Gegen diese rein prozentuale Festsetzung und die ihrer Ansicht nach zu geringen Beträge haben Betroffene vor Sozialgerichten geklagt.
Das Bundesverfassungsgericht soll jetzt entscheiden
Das Landessozialgericht Hessen und das Bundessozialgericht halten die bisherige Hartz-IV Regelung für Kinder für verfassungswidrig. So fordert das Bundessozialgericht, den speziellen Mindestbedarf von Kindern realitätsbezogen zu begründen. Das oberste deutsche Gericht soll nun entscheiden.
Inhaltlich geht es darum, ob mit den Hartz-IV-Zahlungen das Existenzminimum der Kinder und Jugendlichen abgesichert ist oder nicht. Wird das Existenzminimum nicht gesichert, wäre dies ein Verstoß gegen Artikel 1 des Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Zudem wird geprüft, ob der Gleichheits-Grundsatz des Grundgesetzes (Artikel 3) verletzt wird. Außerdem geht es um den in Grundgesetz-Artikel 6 festgelegten besonderen staatlichen Schutz für Ehe und Familie.
Autor: Jochen Vock
Redaktion: Martin Heidelberger / Thomas Grimmer