Streit um Medien: Russland droht Deutschland mit Vergeltung
27. Juni 2025
In der Diplomatie ist das ein Zeichen des größten Unmuts: die Einbestellung des Botschafters eines anderen Staates. Und genau das hat Russland nun getan. Deutschlands Botschafter Alexander Graf Lambsdorff sei am Freitag ins Außenministerium in Moskau einbestellt worden, teilte das Ministerium mit, wie die staatlichen Nachrichtenagenturen RIA Nowosti und TASS melden.
Grund: eine angebliche "Verfolgung" russischer Journalisten in Deutschland. Lambsdorff werde "über Vergeltungsmaßnahmen informiert", heißt es weiter.
Hintergrund ist der Fall des prominenten russischen Journalisten Sergej Feoktistow in Berlin, der für die staatliche russische Medienholdung Rossija Segodnja arbeitet. Er hatte der deutschen Polizei vorgeworfen, die Pässe seiner Familie beschlagnahmt zu haben. Und zwar nachdem er selbst bis zum 19. August zur Ausreise aufgefordert worden sei. Ihm sei nach einer Reise nach Moskau die Wiedereinreise verweigert worden, so RIA Nowosti.
Berliner Landesamt bestätigt Passverwahrung
Berlins Landesamt für Einwanderung erklärte zu dem Fall, dem Mann sei die Verlängerung seiner abgelaufenen Aufenthaltserlaubnis verwehrt worden. Zudem seien die Pässe der Ehefrau und der Tochter in Verwahrung genommen worden, teilte ein Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.
Laut dem deutschen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" fordert die Berliner Behörde, dass der Russe und seine Familie die Bundesrepublik spätestens bis zum 19. August verlassen. Hintergrund sei, dass der Europäische Rat die Mediengruppe bereits im Februar 2023 auf die EU-Sanktionsliste gesetzt habe.
Wegen des Falls Feoktistow hatte die Regierung in Moskau deutsche Korrespondenten gewarnt, sie sollten sich auf Vergeltungsmaßnahmen einstellen. Deutschland weigere sich, seinen Verpflichtungen zum Schutz von Pressefreiheit und Meinungsvielfalt nachzukommen.
"Die deutschen Behörden setzen ihre Praxis der systematischen Verfolgung russischer Journalisten in diesem Land fort", hatte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Donnerstag gesagt. Sie sprach von "Verwaltungsdruck" und "Propaganda, die eine demütigende Haltung gegenüber russischen Journalisten hervorrufen" solle.
Wiederholt Vorwürfe und Vergeltungsmaßnahmen
Russland hat westlichen Ländern wiederholt vorgeworfen, seine Journalisten schlecht zu behandeln und deren Berichterstattung einzuschränken. Die Europäische Union hatte 2022 den russischen Sender Russia Today verboten und dem Kreml vorgeworfen, über den Sender "Desinformation" über den Konflikt in der Ukraine zu verbreiten.
Russland wiederum hat den Zugang zu zahlreichen westlichen Medien im Land geblockt. Betroffen ist auch die Deutsche Welle. Mehreren westlichen Journalisten wurde eine Einreiseerlaubnis versagt.
Im November hatte das russische Außenministerium einen Korrespondenten und einen weiteren Mitarbeiter des deutschen öffentlich-rechtlichen Senderverbunds ARD in Moskau ausgewiesen. Der Schritt wurde damit begründet, dass Deutschland zwei Mitarbeiter des russischen Fernsehsenders Perwy Kanal zur Ausreise aufgefordert und das Korrespondentenbüro geschlossen habe. Das Auswärtige Amt in Berlin wies die Darstellung damals zurück.
Die Beziehungen zwischen den Regierungen in Moskau und Berlin sind seit der russischen Offensive in der Ukraine auf dem Tiefpunkt. Deutschland ist einer der stärksten Unterstützer der Ukraine.
AR/jj (afp, dpa)
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