Streit um Taxi-App Uber hat Symbolcharakter
12. Juni 2014 Bislang konnten sich Taxifahrer in den meisten Industrieländern relativ sicher fühlen. Ihre Branche war kartellartig organisiert. Nur wer eine Lizenz erworben hat, darf ein Taxi betreiben, die Preise werden staatlich verordnet und nicht von den Taxigesellschaften gesetzt. Weil in vielen Städten nur eine begrenzte Zahl an Taxikonzessionen vergeben wird, hält sich auch die Konkurrenz in Grenzen.
In diesen geschützten Bereich dringen nun immer mehr Unternehmen ein.
Schon länger bieten Smartphone-Apps wie MyTaxi eine effiziente Vermittlung von Taxifahrten an und umgehen so die Taxirufzentralen, die für ihre Vermittlung Gebühren von den Fahrer kassieren. Andere Apps wie Talixo bieten den Nutzern Rabatte an, wenn sie frühzeitig ein Taxi buchen. Daneben rücken auch Carsharing Angebote wie die von Daimler, BMW oder der Deutschen Bahn den Taxis auf die Pelle. Auch Limousinendienste bieten zum Teil Tarife an, die für lange Strecken günstiger sind als Taxis. Richtig aufgeheizt wird die Stimmung jetzt von Uber, einem Startup aus San Francisco.
Uber mit Vollgas voraus
Eigene Fahrzeuge hat Uber nicht, das Unternehmen stellt vielmehr eine Plattform im Internet bereit. Per App können sich die Fahrgäste ein Auto bestellen und sehen, wie weit das nächste Auto entfernt ist. Den Fahrpreis bezahlen sie dann ebenfalls per App, 20 Prozent davon gehen an Uber. Das Besondere ist, dass sich jeder als Fahrer anmelden kann, der ein Auto hat und mindestens 21 Jahre alt ist. Das heißt: Die Fahrer haben keine Konzession und müssen sich auch nicht an die Taxipreise halten. Daher fahren Uber-Nutzer meist billiger. Es sei denn, das Wetter ist besonders ungemütlich oder sehr viele Menschen brauchen eine Fahrgelegenheit, etwa wenn ein Großveranstaltung stattfindet. Dann nämlich erhöht Uber schon mal kräftig die Preise. Das Unternehmen erklärt das mit Angebot und Nachfrage. Während eines Schneesturms in New York im vergangenen Dezember soll eine Fahrt von drei Kilometern mehr als 90 US-Dollar gekostet haben.
Der Siegeszug von Uber war rasant. Erst vor fünf Jahren von Travis Kalanick gegründet, ist das Unternehmen inzwischen in 37 Ländern aktiv und in 20 europäischen Städten. Auch der Firmenwert ist ständig gestiegen. Wurde das Startup in einer Finanzierungsrunde im vergangenen Jahr laut Medienberichten mit 3,5 Milliarden Dollar bewertet, so waren es in der jüngsten Finanzierungsrunde schon rund 17 Milliarden Dollar. Das ist mehr, als Mietwagenfirmen wie Hertz oder Avis wert sind. So konnte Uber 1,2 Milliarden Dollar von Investoren einnehmen.
Nicht nur Finanzfirmen wie Fidelity Investments, Blackrock und Goldman Sachs setzen auf den Erfolg von Uber, auch der Internetgigant Google hat sich bereits an dem Startup beteiligt. Im vergangenen Jahr waren es 260 Millionen Dollar, nun zog der Internetgigant nochmal nach, wie Bloomberg berichtete. Da Google an eigenen selbstfahrenden Autos arbeitet, wird auch gleich spekuliert, dass die Partnerschaft mit Uber eines Tages eine Flotte von Roboter-Taxis hervorbringen könnte.
Basis für den Erfolg
Firmen, die in der digitalen Welt angesiedelt sind, regen die Fantasie der Investoren oft besonders stark an. So wurde Facebook bei einer Finanzierungsrunde 2008 mit 15 Milliarden Dollar bewertet und zwei Jahre später schon mit 50 Milliarden Dollar. An die Börse ging das Online-Netzwerk im Mai 2012 mit einem Firmenwert von rund 100 Milliarden Dollar.
Mit seinem Geschäftsmodell steht Uber in einer Reihe von Preisvergleichs- und Vermittlungsportalen, deren Geschäftsmodell auf dem Internet basieren. Solche Portale verleiben sich die großen Internetgiganten gerne mal ein. So kaufte Google den Restaurantführer Zagat, der Verbraucherkritiken für Restaurants und Geschäfte sammelt, für 150 Millionen Dollar. Auch ergänzt Google sein Imperium um Firmen, die im Verkehrsbereich aktiv sind. Im vergangenen Jahr kaufte Google für fast eine Milliarde Dollar Waze, einen israelischen Spezialisten für Navigationssoftware. Die Software von Waze überträgt in Echtzeit Informationen über Verkehrsstörungen. Zuletzt erwarb der Konzern den Satelliten-Spezialisten Skybox Imaging, der Bilder aus dem Weltall in hoher Auflösung erstellt und so den Google Kartendienst ergänzen kann. Der Preis: 500 Millionen Dollar.
Ein Grund für den steilen Aufstieg von Uber ist sicherlich, dass der Taximarkt viel Gewinn verspricht. Allein in Deutschland gibt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2012 rund 21.600 Taxi- und Mietwagenunternehmer, die zusammen rund 3,74 Milliarden Euro erwirtschafteten. Während die Zahl der Anbieter von 2009 bis 2012 um knapp drei Prozent zurückging, stieg der Umsatz der Taxiunternehmer und der Autovermietungen mit Fahrern um zehn Prozent an.
Taxifahrer formieren sich
Der Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands BZP, Michael Müller, macht Stimmung gegen die Konkurrenz aus den USA: "Private Fahrer haben keine Zulassung auf dem Taximarkt und sie zahlen in der Regel keine Steuern auf diese Fahrten. Sie sind oft nicht für die Beförderung versichert, unterziehen sich keinen regelmäßigen Gesundheitschecks und legen oftmals keine Prüfungen über ihre Ausbildung und den technischen Zustand des Autos ab."
Uber entgegnet, die Qualität des Dienstes werde gewährleistet, weil ständig alle Bewertungen von Fahrgästen und Partnern ausgewertet würden.
Kein Wunder, dass der Vormarsch von Uber viele Konflikte auslöst. So gibt es immer wieder Streit mit Behörden und Taxi-Diensten. Sie sehen Uber vielerorts als unrechtmäßigen Konkurrenten und ziehen auch vor Gericht. Nach eingen Versuchen, Uber per Gericht zu stoppen - etwa in Berlin und Hamburg - erließ das Landgericht Frankfurt am Main am Montagabend (01.09.2014) eine einstweilige Verfügung, die in ganz Deutschland gilt. Ohne eine offizielle Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz dürfe das Unternehmen keine Fahrgäste mehr befördern, so die Anordnung des gerichts. Sollte dagegen verstoßen werden, droht eine Strafe von 250.000 Euro. Uber will gegen die Verfügung vorgehen, man werde "unsere Rechte mit Nachdruck und aufs Äußerste verteidigen."
Aktualisierte Version eines Artikels vom 11.06.2014