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Politik

Wehrpflicht-Debatte löst Regierungskrise aus

12. März 2018

Inmitten der Kontroverse um die Wehrpflicht für ultra-orthodoxe Juden ist Israels rechts-religiöse Regierung in eine schwere Krise geraten. Sollte es zu keiner Einigung kommen, gelten Neuwahlen als wahrscheinlich.

Israel Ultra-orthodoxe Juden demonstrieren gegen Wehrpflicht
Ultra-orthodoxe Juden diskutieren bei einer Demonstration gegen die Wehrpflicht am Donnerstag mit einem Soldaten.Bild: picture-alliance/dpa/Zuma Wire/N. Alon

Medienberichten zufolge droht die Partei von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman, Israel Beitenu, mit einem Ausscheiden aus der Koalition mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahus rechtsorientierter Likud-Partei, sollte ein umstrittenes Gesetz zur Befreiung strengreligiöser Juden von der Wehrpflicht gebilligt werden.

Einem entsprechenden Gesetzentwurf, der am kommenden Mittwoch dem Parlament vorgelegt werden soll, stimmte der zuständige Ministerausschuss zu. Nach dem Gesetz soll es Talmudschülern in Zukunft erlaubt werden, den Pflichtdienst in der Armee bis zum 26. Lebensjahr aufzuschieben.

Bei Protesten strengreligiöser Juden gegen die Wehrpflicht in Bnei Brak nordöstlich von Tel Aviv kam es unterdessen zu Rangeleien zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Anhänger der sogenannten "Jerusalemfraktion" waren gegen die Verhaftung eines Armeedeserteurs auf die Straße gegangen. Die Polizei erklärte, gegenüber Versuchen strengreligiöser Demonstranten, die öffentliche Ordnung zu stören, werde es "null Toleranz" geben.

Dauerhafter Zankapfel

Der Streit um den Wehrdienst ultra-orthodoxer Juden in Israel dauert seit Jahren an. Männer müssen in dem Land fast drei Jahre Wehrdienst ableisten, Frauen zwei Jahre. Staatsgründer David Ben-Gurion hatte 1948 zugestimmt, jüdische Religionsstudenten vom Armeedienst zu befreien. Damals ging es allerdings nur um einige Hundert Männer. Heute ist etwa ein Zehntel der rund neun Millionen Israelis ultra-orthodox.

Hat mit seiner Partei Widerstand gegen das kontroverse Gesetz angekündigt: Verteidigungsminister Avigdor LiebermanBild: picture alliance/dpa/EPA/A. Sultan

2014 wurde auch die Wehrpflicht für strengreligiöse junge Männer eingeführt, Ausnahmen für Religionsstudenten blieben jedoch bestehen. Viele der Reformen sind allerdings inzwischen wieder aufgehoben worden. Im vergangenen September entschied das Höchste Gericht, eine Befreiung ultra-orthodoxer Männer von der Wehrpflicht sei diskriminierend.

Koalitionspartner sprechen von "erfundener Krise"

Sollte in der aktuellen Debatte keine Einigung erzielt werden, könnte es zu Neuwahlen kommen. Netanjahus Koalition verfügt über eine Mehrheit von 66 von 120 Sitzen im Parlament, seine Partei ging aus der Wahl im März 2015 als stärkste Kraft hervor.

Koalitionspartner haben dem Regierungschef vorgeworfen, durch das mutmaßliche Vortäuschen einer Regierungskrise Neuwahlen erzwingen zu wollen. "Es gibt keine Wehrdienstkrise. Es ist eine erfundene Krise", sagte Bildungsminister Naftali Bennett von der nationalreligiösen Partei Jüdisches Heim am Sonntag vor einer Kabinettssitzung.

Umfragen zufolge könnte Netanjahus Partei bei Neuwahlen abermals stärkste Kraft werden. Ein Sieg könnte die politische Position des 68-Jährigen im Vorfeld einer möglichen Anklage wegen Bestechung stärken. Gegen Netanjahu wird in mindestens zwei unterschiedlichen Korruptionsaffären ermittelt. Regulär steht eine Parlamentswahl erst im November 2019 an.

hk/jj (dpa, afp, kna)

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