1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Streit und ein Überraschungsgast bei G7

Barbara Wesel
25. August 2019

Irans Außenminister Sarif sorgte mit seinem unerwarteten Erscheinen für Aufregung am Rande des G7-Gipfels. Ansonsten blieben die Ergebnisse dünn. Aus Biarritz berichtet Barbara Wesel.

G7-Gipfel in Frankreich
Wo die Kamera ist, ist Trump - und umgekehrt.Bild: Getty Images/AFP/A. Harnik

Ein diplomatischer Paukenschlag sorgte am Sonntagnachmittag für Aufregung und Ablenkung von den anderen Streitigkeiten beim G7-Gipfel. Zunächst war die Landung einer iranischen Regierungsmaschine auf dem kleinen Flughafen von Biarritz aufgefallen. Dann bestätigten Regierungssprecher in Teheran, dass tatsächlich Außenminister Mohammed Dschawad Sarif angereist sei, um auf Einladung seines französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian am Rande des Gipfels Gespräche zu führen. Die Aufregung über den Coup war groß. Der US-Präsident wollte Sarifs Eintreffen nicht kommentieren und ein Treffen mit seiner Delegation war nicht geplant. Allerdings schaltete sich Emmanuel Macron selbst in die Gespräche ein, um die Bedeutung dieser Annäherung zu betonen. 

Dieses Flugzeug fällt auf in BiarritzBild: Reuters/R. Duvignau

Zerwürfnis über Iran Strategie

Die Einladung an den Iraner soll Samstagabend ergangen sein, als Gastgeber Emanuel Macron noch glaubte, er habe den Auftrag für eine diplomatische Initiative zur Lösung der Spannungen mit Teheran. Als aber am Sonntag französische Diplomaten eine entsprechende Erklärung abgaben, zog Donald Trump dem Franzosen umgehend den Boden unter den Füßen weg. "Das haben wir nicht diskutiert", behauptete er. Macron habe kein Mandat, aber wenn jemand "reden wolle, könne er natürlich reden". Das ist eine Ohrfeige für den Gastgeber und zudem unwahr. Iran wurde beim Abendessen am Sonnabend nach Angaben von Teilnehmern in allen Einzelheiten besprochen. Der französische Präsident aber musste zurückrudern, natürlich gebe es beim informellen G7-Treffen kein Mandat.

Angela Merkel ergänzte dazu, man sei sich einig, dass man keine Atomwaffen im Iran wolle und eine friedliche Lösung der Krise suche. Sie sei über das Eintreffen des iranischen Außenministers informiert worden. Das Weiße Haus wiederum zeigte sich davon überrascht. Macron hatte versucht, Trump davon zu überzeugen, dem Iran eine Sanktionspause zu gewähren und Ölverkäufe zu ermöglichen, um ein Fenster für Diplomatie zu öffnen.

Aber dieser Ansatz wurde vom Weißen Haus vom Tisch gewischt: Die G7 seien einig darin, dass die US-Methode von maximalem Druck auf Iran richtig sei. Was ebenfalls falsch ist, denn die Signaturländer des Atomabkommens fordern die USA immer wieder auf, zum Nuklear-Vertrag zurückzukehren. Sie sind außerdem extrem besorgt über die Tankerkrise in der Straße von Hormus und mögliche militärische Konsequenzen. Dort für Entspannung zu sorgen ist eines der Hauptziele von Emmanuel Macrons Vorstoß. Aber es gibt höchstens einen Hauch von Hoffnung. 

Frankreichs Präsident Macron und sein Außenminister (beide rechte Seite) im Gespräch mit Irans Außenminister Sarif (l.)Bild: picture-alliance/AP Photo/Twitter Javad Zarif

Weiter Uneinigkeit über Handelspolitik

Die Fehlkommunikation in Sachen Handelspolitik war am Ende fast schon kurios. Die G6 - also die Regierungschefs minus Trump - beklagen den Handelskrieg der USA mit China, der am Wochenende mit neuen Zöllen in eine weitere Runde ging. Sie glauben, dass darunter die Weltkonjunktur und die Wirtschaftsentwicklung leiden. Am Rande des Treffens mit dem britischen Premierminister Boris Johnson wurde Trump also gefragt, ob er die Kritik verstehe und vielleicht Zweifel an seiner China-Politik habe. Nach einigem hin und her sagte Donald Trump schließlich: "Ich habe Zweifel an allem".

Ein Abendessen - zwei Sichtweisen. Trump und Macron interpretieren die Gesprächsinhalte unterschiedlichBild: picture-alliance/AP Images/A. Harnik

Diese hingeworfene Bemerkung wurde dann von der Presse so interpretiert, dass Trump tatsächlich seinen Handelskrieg mit China bereue. Aufgeregte Schlagzeilen waren die Folge. Wenige Stunden später aber teilte das Weiße Haus mit, Trump habe es gerade andersherum gemeint. Er bedauere vielmehr, nicht noch höhere Zölle gegen China verhängt zu haben. Keine Spur von Annäherung also in dieser Frage. Ebenso wenig konnte Präsident Macron klären, ob Donald Trump seine Drohung wahr machen will, im Gegenzug zur neuen Digitalsteuer gegen Internetkonzerne in Frankreich Megazölle auf französische Weinexporte in die USA zu verhängen.

Sagt ein Blick wirklich mehr als 1000 Worte? Shinzo Abe und Donald TrumpBild: Getty Images/AFP/N. Kamm

Einen großen Erfolg wollte Donald Trump dann bei seinem Treffen mit dem japanischen Regierungschef vermelden. Das neue Handelsabkommen sei im Prinzip vereinbart, und soll Ende September unterschrieben werden. Shinzo Abe wiederum ist verärgert wegen der laxen Haltung Trumps gegenüber neuen Raketentests in Nordkorea. Das verstoße "gegen keine Abkommen", erklärte der US-Präsident nämlich dazu und fügte hinzu, dass er überzeugt sei, Kim Jong Un werde "am Ende das Richtige tun".

Ein paar konkrete Ergebnisse

Gastgeber Macron hatte von vornherein alles versucht, um einen totalen Fehlschlag bei diesem Gipfel zu vermeiden und wenigstens kleinere Ergebnisse zu produzieren. So sind sich die G7 einig, dass sie Brasilien und den anderen Amazonas-Anrainern so schnell wie möglich bei der Bekämpfung der Waldbrände helfen wollen. Technische Unterstützung, etwa Löschflugzeuge, wird zunächst in Nachbarländern angefordert und über Geld muss noch geredet werden. Aber hier gab es einen gewissen Strategiewechsel weg von Druck gegen den brasilianischen Regierungschef Bolsonaro hin zu konkreter Unterstützung bei der Löschung der Brände. 

"Wir stellen Kontakt her zu allen Amazonas-Ländern, um so schnell wie möglich zu helfen", erklärte Präsident Macron. Er habe Verständnis für die Bedenken einiger Länder wegen ihrer Souveränität, aber die Brände bedrohten "die Biodiversität, die Sauerstoffzufuhr und den Kampf gegen die Erderwärmung, weshalb auch dringend wieder aufgeforstet werden muss", fügte Macron noch hinzu. Und die Bundeskanzlerin betonte, die Brände fänden zwar teils auf brasilianischem Territorium statt, aber das Amazonasgebiet sei die grüne Lunge des Planeten. Gleichzeitig bleiben die Drohungen von Frankreich im Raum, notfalls das Mercosur-Freihandelsabkommen mit der EU nicht zu ratifizieren. Und Präsident Bolsonaro scheint vorerst auch eingelenkt zu haben, indem er die Armee zum Löschen schickte. 

Sahel-Initiative: Die Initiatoren Angela Merkel und Emmanuel Macron mit Burkina Fasos Präsidenten Roch Marc Christian Kaboré Bild: Getty Images/AFP/I. Langsdon

Zu den konkreten Ergebnissen gehört auch eine deutsch-französische Initiative, die Sahel-Länder bei militärischer Ausrüstung, Aufklärung und Ausbildung stärker zu unterstützen. Die Sicherheitslage in der Region verschlechtere sich und sei beunruhigend, sagte Angela Merkel. Man müsse also dringend handeln. Ende des Jahres soll eine Konferenz das Geld und die konkreten Maßnahmen beschließen und weitere Teilnehmer von den G7 seien eingeladen, die Initiative zu unterstützen.

Am Rande der Brexit

Wirkte es am Morgen noch so, als würde der britische Premierminister Boris Johnson schweben - so innig schien sein Treffen mit dem US-Präsidenten, so sehr lobte Trump den Neuen in London, so großartig waren die Versprechen für ein tolles Handelsabkommen zwischen beiden Ländern - so trübte sich Johnsons Laune am Nachmittag wieder ein.

Gemeinsam nach unten? Boris Johnson und Donald Trump gehen eine Treppe hinunterBild: Reuters/E. Schaff

"Ein Brexit-Abkommen steht auf der Kippe" räumte er im Interview ein. Großbritannien müsse sich auf jeden Fall darauf vorbereiten, die EU ohne Vereinbarung zu verlassen. Bei seinem Treffen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk betonte Johnson dann einmal mehr, in jedem Fall werde sein Land die EU am 31.Oktober verlassen. Und wenn es zu einem No-Deal, also einem harten Brexit komme, werde Großbritannien auch nicht die Scheidungsrechnung von 39 Milliarden, sondern sehr viel weniger bezahlen. Keine gute Basis, um sich die Zuneigung der europäischen Partner zu sichern.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen