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Politik

Warum Populisten Erfolg haben

30. November 2016

Wer wählt AfD, Front National oder UKIP - und warum? Eine neue EU-weite Studie der Bertelsmann-Stiftung gibt Antworten. Generell gilt: Einkommen, Bildungsgrad und auch das Alter sind entscheidende Faktoren.

Pegida-Demonstration in Mainz im Februar 2016 (Foto: picture-alliance/dpa/A. Dedert)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Die große Mehrheit der Menschen mit Sympathien für rechtsnationale und populistische Parteien empfindet die Globalisierung laut einer aktuellen Umfrage als Bedrohung. Angst vor den Folgen der internationalen Verflechtung scheint den Erfolg rechtsnationaler Parteien in Europa zu begünstigen, wie aus der EU-weiten Erhebung der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Demnach sind Globalisierungsängste ein "prägendes und gemeinsames Merkmal" der Anhänger populistischer Gruppierungen. Der Untersuchung zufolge begreift eine Mehrheit von 55 Prozent der EU-Bürger die internationale Verflechtung als Chance - 45 Prozent empfinden sie jedoch als Gefahr. Dabei gilt: Je niedriger das Bildungsniveau und je höher das Alter der Befragten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer ablehnenden Haltung zur Globalisierung.

"Werben um besorgte Bürger nicht Populisten überlassen" 

Die Ängste vor einer stärker zusammenwachsenden Welt und ökonomischem Abstieg beeinflussen der Erhebung zufolge auch die Einstellung zu Politik und Gesellschaft. So sehen jeweils deutlich mehr als zwei Drittel der Unterstützer der AfD in Deutschland, des Front National in Frankreich und der FPÖ in Österreich die Globalisierung als Bedrohung. Bezogen auf alle rechtsnationalen Parteien - von der italienischen Forza Italia bis zur britischen UKIP - äußerten in der Befragung stets mindestens die Hälfte der Parteianhänger Globalisierungsängste. "Wir dürfen das Werben um besorgte Bürger nicht den Populisten überlassen", mahnte der Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung, Aart De Geus. "Die etablierten Parteien müssen die Angst vor der Globalisierung in ihre Arbeit einbeziehen."

Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Bei linken Parteien spielen der Untersuchung zufolge Globalisierungsängste zwar auch eine Rolle - sie sind aber nicht so bestimmend wie im rechtsnationalen Spektrum und überschreiten seltener die 50-Prozent-Marke. EU-weit am ausgeprägtesten sind Globalisierungsängste in der linken Parteiengruppe bei der französischen Front de gauche mit 58 Prozent und der deutschen Linkspartei mit 54 Prozent. Bei CDU/CSU, SPD und den Grünen spielen Globalisierungsängste keine herausragende Rolle: Jeweils gut ein Drittel der Anhänger dieser Parteien hat laut Umfrage Angst vor der Globalisierung. Bei der FDP sind es nur 23 Prozent.

Für einen EU-Austritt, kein Vertrauen in die Politik

Auffällig an den Umfragewerten sei, dass die Ängste einhergingen mit einer ablehnenden Haltung gegenüber Politik und Gesellschaft, heißt es in der Studie weiter. Fast die Hälfte der Globalisierungsgegner in Europa würde demnach für einen EU-Austritt stimmen, nicht einmal jeder Zehnte vertraue den Politikern. Nur 38 Prozent seien zufrieden mit der Demokratie. Bei den Befürwortern der Globalisierung seien über 80 Prozent für einen Verbleib in der EU, mehr als die Hälfte äußere Zufriedenheit mit der Demokratie.

Während in Österreich mit 55 Prozent und in Frankreich mit 54 Prozent die Angst vor der Globalisierung am höchsten ist, sehen 64 Prozent der Menschen in Großbritannien und jeweils 61 Prozent der Italiener und Spanier die Globalisierung als Chance. Deutschland liegt hier im EU-Trend - 55 Prozent der Bundesbürger begreifen die internationale Verflechtung als Chance, 45 Prozent haben Angst vor ihr.

Befragung von knapp 15.000 EU-Bürgern

Wie die Umfrage weiter ergab, sind in allen EU-Ländern Einkommen, Bildungsgrad und Alter der Menschen ausschlaggebend für ihre Haltung zur Globalisierung: 63 Prozent der Befragten, die sich selbst der Mittelschicht zuordnen, sehen die Globalisierung als Chance, in der Arbeiterschicht trifft dies nur auf 53 Prozent zu. Auch sehen Höherqualifizierte die Globalisierung häufiger positiv (62 Prozent) als Geringqualifizierte (53 Prozent). Am aufgeschlossensten gegenüber der Globalisierung sind junge Europäer zwischen 18 und 25 Jahren - in dieser Altersgruppe betrachten 61 Prozent die Globalisierung als Chance.

Für die Umfrage wurden im August EU-weit 14.936 Menschen befragt. Die Erhebung ist repräsentativ für die Europäische Union und deren neun größte Mitgliedstaaten.

sti/stu (afp, dpa, epd, rtr)