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Politik

Grundeinkommen macht glücklicher

9. Februar 2019

Erste Bilanz eines finnischen Experiments: Wer ein Grundeinkommen erhält, ist gesünder und weniger gestresst. Einen Einfluss auf die Jobsuche hat die monatliche Zuwendung jedoch nicht.

Ein junger Mann im Arbeitsamt in Helsinki
Ein junger Mann im Arbeitsamt in HelsinkiBild: picture alliance/dpa/M. Bjorkman

Ein Grundeinkommen steigert laut einer Studie das Wohlbefinden der Empfänger, führt allerdings nicht zu mehr Beschäftigung. Zu diesem vorläufigen Ergebnis kommen Forscher in Finnland. Abschließende Schlussfolgerungen aus dem Experiment konnten allerdings noch nicht gezogen werden, da bisher nicht alle Daten ausgewertet worden sind. Auch in Deutschland wird seit langem über Modelle wie ein bedingungsloses Grundeinkommen diskutiert, dabei gehen die Fronten teils quer durch die Parteien.

Über zwei Jahre hinweg waren 2000 zufällig ausgewählten Arbeitslosen in Finnland 560 Euro monatlich ausgezahlt worden. Das Geld mussten die Probanden im Alter zwischen 25 und 58 Jahren nicht versteuern. Hinzu kamen je nach Familienstand Kindergeld und im Fall einer sich ergebenden Anstellung das jeweilige Gehalt. Daneben gab es eine Kontrollgruppe von Arbeitslosen, welche die herkömmlichen Unterstützungsleistungen erhielten. Am 31. Dezember endete das Experiment.

"Die Empfänger des Grundeinkommens wiesen weniger Stresssymptome und Konzentrations- und Gesundheitsprobleme auf als die Vergleichsgruppe", sagte die leitende Forscherin Minna Ylikännö vom finnischen Sozialversicherungsinstitut Kela. "Sie hatten zudem ein stärkeres Vertrauen in ihre Zukunft und ihre eigenen gesellschaftlichen Mitwirkungsmöglichkeiten." 

Kein Unterschied zur Kontrollgruppe

Ein erhoffter Anreiz für die Arbeitssuche wurde in der Auswertung des Projekts aber nicht nachgewiesen. "Den Empfängern des bedingungslosen Grundeinkommens gelang es weder besser noch schlechter als der Kontrollgruppe, einen Job zu finden", erklärte Forschungskoordinator Ohto Kanninen. Sie arbeiteten im ersten Jahr des Experimentes im Schnitt etwa gleich viele Tage wie die Menschen aus der Kontrollgruppe.

Hinter dem Experiment steht die Regierung von Ministerpräsident Juha Sipilä. Das Institut Kela war für die Umsetzung verantwortlich. Ziel sei es gewesen, zu klären, wie Sozialleistungen geändert werden könnten, um besser dem heutigen Erwerbsleben zu entsprechen. Die Forscher wollten herausfinden, ob das bedingungslose Grundeinkommen einen besseren Anreiz setzt, einen Job zu finden, als traditionelle Arbeitslosenhilfen, die im Falle einer Anstellung entfallen. Das Experiment beschränkte sich dabei ausschließlich auf bereits arbeitslose Teilnehmer - es ging nicht um eine Art Bürgereinkommen, das unabhängig von Reichtum, Familienstand oder Arbeitsverhältnis an jeden gezahlt wird.

"Erfolgreich", aber folgenlos

Einer der Teilnehmer äußerte sich zufrieden mit dem bedingungslosen Grundeinkommen. "Ich konnte alle Aufträge annehmen, die mir angeboten wurden", sagte der Journalist Tuomas Muraja. Vorher sei das viel schwieriger gewesen, weil er immer habe ausrechnen müssen, was durch die Zusatzeinnahmen und den Verlust von Arbeitslosengeld übrig bleibe.

Die finnische Regierung plant nach Angaben von Sozialministerin Pirkko Mattila nicht, das bedingungslose Grundeinkommen im gesamten Land einzuführen. Dennoch sei das Experiment "sehr erfolgreich" gewesen. Die Daten der Untersuchung könnten nun genutzt werden, um das soziale Sicherungssystem zu reformierten, sagte Mattila. Das sei die nächste größere geplante Reform. 

Das bisherige System gilt als bürokratisch. Arbeitssuchende verlieren ihren Anspruch auf staatliche Hilfen bei einer Anstellung - auch bei nur kurz dauernder und schlecht bezahlter Beschäftigung. In Finnland war die Zahl der Arbeitslosen angesichts einer vier Jahre langen Wirtschaftsflaute in die Höhe geschossen, sie sinkt langsam wieder. Die Arbeitslosenquote fiel im Dezember unter sieben Prozent.

stu/as (dpa, afp)

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