Studie: Mehr Kindergeld hilft armen Kindern
21. November 2018Finanzielle Direkthilfen vom Staat für bedürftige Familien kommen tatsächlich den Kindern zu Gute, so lautet das Fazit der aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung. Demnach erhöhe ein fiktives Plus an Kindergeld und des in einigen deutschen Bundesländern ausgezahlten Landeserziehungsgeldes die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder in einer Kita betreut werden. Außerdem werde vermehrt in Freizeitaktivitäten des Nachwuchses investiert.
Das Vorurteil, dass ein Plus staatlicher Hilfen von den Eltern zweckentfremdet und in Tabak, Alkohol oder Unterhaltungselektronik investiert werde, sei in der Regel falsch, heißt es in der Studie. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hatte im Auftrag der Stiftung untersucht, wie sich die gezahlten Gelder auf das Ausgabeverhalten von Familien auswirken. Betrachtet wurde der Zeitraum zwischen 1984 und 2016.
Je 100 Euro Kindergeld steigt demnach die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind eine Tageseinrichtung besucht um fünf Prozent. Auch der Anteil der Kinder, die an Musikerziehung oder am Turnen teilnehmen, erhöht sich. Die Analyse ergab zudem, dass Eltern aufgrund des Kindergeldes nicht weniger arbeiten gehen.
Zweckgebundene Leistungen weniger effizient
"Direkte finanzielle Leistungen für Familien sind sinnvoller als aufwendig zu beantragende Sachleistungen", sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung. Beim Bildungs- und Teilhabepaket, einer gezielten staatlichen Unterstützungsmaßnahme für bedürftige Kinder, würden rund 30 Prozent der zur Verfügung stehenden Mittel für die Verwaltung verbraucht werden. Außerdem würden viele bedürftige Familien das Paket gar nicht erst beantragen.
Die Stiftung fordert im Kampf gegen Kinderarmut in Deutschland eine grundsätzliche Überarbeitung des Systems. Mit einem neuen Teilhabegeld sollen bisherige staatliche Maßnahmen wie das Kindergeld, Teile des Bildungs- und Teilhabepakets, der Kinderzuschlag und Zahlungen über die Sozialhilfe gebündelt werden. Berechtigt wären nach diesem Vorschlag alle Kinder. "Eltern sollten nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Der Staat sollte den Eltern vertrauen und Entmündigung sollte nicht zur Regel werden", sagt Dräger.
jv/kle (dpa, kna, epd)