Wachsende Anfeindungen gegen Journalisten
6. Mai 2020Gezielte Hassattacken gegen Medienmacher ereigneten sich der Studie zufolge meist über soziale Medien und E-Mails. So gaben rund 60 Prozent der befragten Journalisten an, in dem vergangenen Jahr mindestens einmal angegriffen worden zu sei. Das geht aus der in Berlin veröffentlichten Erhebung "Hass und Angriffe auf Medienschaffende" im Auftrag des Mediendienstes Integration, einer Informationsplattform für Journalisten, hervor. Etwa 40 Prozent waren mehrmals oder regelmäßig betroffen. Knapp ein Drittel der Befragten ist auch schon einmal von Angesicht zu Angesicht beleidigt oder attackiert worden.
Unter Angriffen versteht die Studie alle Arten von hasserfüllten Reaktionen, die Medienschaffende in ihrem Berufsalltag erleben - von Beleidigungen über Anfeindungen bis hin zu Aufrufen zu Gewalt und Straftaten.
Körperliche Gewalt und Morddrohungen
Erfasst wurden darüber hinaus auch erlebte körperliche Gewalt und Morddrohungen. Gut 16 Prozent aller Befragten berichteten, in ihrem Berufsleben schon einmal körperlich angegriffen worden zu sein. Rund 16 Prozent gaben an, bereits eine Morddrohung erhalten zu haben.
Über die Hälfte der Betroffenen sagte, dass sich die Angriffe unmittelbar gegen sie als Person richteten. Etwas weniger gaben an, dass das Medium, für das sie arbeiten, oder Medien im Allgemeinen das Ziel der Angriffe waren.
Die sogenannten Hot Topics oder entzündliche Themen, wie Andreas Zick vom Bielefelder Institut für Konfliktforschung erklärte, seien die Themen "Migration", "Afd" und "Flüchtlinge". Die Mehrheit der Betroffenen ordnete die Anfeindungen dem rechten Spektrum zu.
Angriffe aus dem rechten Spektrum?
Rechtsextremisten und Rechtspopulisten setzen nach Worten des Gewaltforschers und Studienleiters Andreas Zick zunehmend gezielt Hass-Attacken gegenüber Journalisten ein. Die rechte Szene habe sich in den letzten Jahren radikalisiert, das zeige sich an Hassreden gegen Medien, sagte der Extremismusforschers Andreas Zick. Mittlerweile gebe es nicht nur über soziale Medien verbreitete Hass-Attacken, sondern auch massivere Angriffe, warnte Zick.
Hasskampagnen aus rechtsextremen und rechtspopulistischen Kreisen seien professioneller und organisierter geworden, erläuterte Zick. Sie seien in radikalen Kreisen "ein übliches Mittel der Kommunikation". Extremisten und Populisten sähen in Hassreden eine Möglichkeit, ihre Feinde einzuschüchtern und Zeichen zu setzen. Hate Speech sei zudem auch eine Strategie, Gruppen untereinander zu verbinden.
Für die Untersuchung durchgeführt vom Bielefelder Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung wurden 322 Medienschaffende anonym befragt. Die Teilnahme war freiwillig, und die Erhebung ist dementsprechend nicht repräsentativ. Es handelt sich umeine Neuauflage der 2017 publizierten Untersuchung "Hass im Arbeitsalltag Medienschaffender - Publizieren wird zur Mutprobe". Die Sorge, dass diese negative Entwicklung weitergeht, ist unter Medienschaffenden offenbar groß.
sam/sti (epd, kna)