Studiogast: Prof. Silke Sinning, Sportwissenschaftlerin

This browser does not support the video element.
Silke Sinning: Also eigentlich braucht man die Fans in zwei Situationen: Immer dann, wenn es einem gut geht, wenn man die Leistung noch einmal pushen will, also vielleicht bei einem Elfmeter oder einem Eckstoß. Oder wenn man eine Torsituation hat - dann unterstützen die Fans. Oder eben, wenn man zurück liegt und Unterstützung von außen braucht. Übrigens kann man sagen, dass gerade das Publikum im Frauenfußballbereich sehr engagiert unterstützt. Es ist weitaus engagierter und sehr viel freundlicher als bei den Männern, wo dann doch auch mal relativ zügig gepfiffen wird, weil man mit dem Spiel vielleicht nicht ganz so zufrieden ist.
Das lassen wir jetzt mal einfach so stehen... Was macht denn den Unterschied zwischen sehr gutem und exzellentem Training aus?
Also wir werden bei der Weltmeisterschaft insgesamt die besten Mannschaften sehen. Da bin ich ganz sicher. Aber es werden natürlich einige herausstechen. Und die sind mit ihren Spielerinnen total komplett besetzt. Das heißt, sie werden individuell betreut, auch auf ihren Positionen und machen da ein spezifisches Training. Sie haben ein optimales Konditionstraining. Das passt gut zusammen. Und sie werden immer mit Videos analysiert, so dass es eingespielte Wege gibt und man da professionell arbeitet. Sie wissen, drei Monate lang hat Sylvia Neid jetzt schon an Ihrem System gefeilt. Es wird ein offensives System sein, und wir werden bestimmt auch ganz viele tolle Szenen sehen.
Trainieren denn Männer anders als Frauen?
Eigentlich überhaupt nicht. Gerade im Frauenfußball ist jetzt die Entwicklung in Deutschland so weit fortgeschritten, dass wir genauso gute Konditionstrainer haben wie die Männer. Es gibt Taktiktrainer, die sich auch die anderen Mannschaften anschauen und Rückmeldungen geben. Aber wir werden unser Spiel durchziehen. Und das wird gut sein.
Wie sieht denn das aus, das Spiel der deutschen Mannschaft. Was zeichnet es aus?
Im Grunde genommen zeichnet es sich dadurch aus, dass wir hinten zwei kompakte Sechser-Spielerinnen haben, die sehr offensiv agieren werden. Die werden dann freie Räume schaffen, in das offensive Spiel hinein. Die Spieler können sich also gegenseitig unterstützen, und darüber dann vorne auch unsere Torjägerinnen gut in Szene setzen.
Das schlimmste für einen Sportler sind Verletzungen. Sind Sie da auch leidgeprüft?
Ich muss sagen, toi, toi, toi. In meiner Karriere, ich habe ungefähr 20 Jahre gespielt, hatte ich keine einzige Verletzung. Ich war allerdings auch immer recht gut austrainiert, war also sehr athletisch. Ich habe relativ kräftige Beine und Muskeln. Das ist eigentlich die Problemzone, die gerade die Frauen betrifft die Fußball spielen.
Gerade in Deutschland hatte Frauenfußball lange mit seinem Image zu kämpfen. Was hat sich da verändert. Offenbar ja Gott sei Dank viel...
Ja, wir sind jetzt angekommen in der Gesellschaft. Das hat 40 Jahre gedauert, aber es ist stetig besser geworden und mit dieser Weltmeisterschaft werden wir noch mal auf uns aufmerksam machen. Das ist jetzt für jedes Mädchen ein Highlight spielen zu dürfen. Es ist für die Eltern unproblematisch ihr Mädchen ins Training zu geben. Da ist man eher stolz drauf, dass die Tochter auch Fußball spielt. Die muss nicht zwingend reiten, Ballet machen oder sonst was. Die Eltern sind da ganz begeistert und stehen dahinter.
Sind wir da anderen Ländern sehr voraus?
Ja, sehr. In anderen Kulturen muss da tatsächlich noch ein bisschen gearbeitet werden. Da ist auch die FIFA aktiv und versucht dem nachzugehen und Unterstützung zu leisten.
Ganz kurz noch: Ihr WM-Tip?
Ich gehe davon aus, dass wir im Finale stehen, ein tolles Finale sehen und natürlich auch Weltmeister werden. Es wird aber nicht ganz einfach. Logisch. Wir haben super Mannschaften dabei, mit Brasilien, mit Marta, mit Cristiane, die uns das Leben schwer machen wird. Und wenn wir im Halbfinale schon auf die USA treffen, dann wird es auch nicht ganz einfach.
(Interview: Daniela Levy)