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Subventionsmaschine Energiewende

22. Mai 2017

Den Ausbau der Erneuerbaren Energien hat Deutschland fast 20 Jahre lang mit Milliardensummen subventioniert. Windräder werden hier immer noch gebaut - Solarmodule aber kommen heute aus Asien. Was ist schiefgelaufen?

Deutschland Energie Solarenergie und Windkraft
Bild: picture-alliance

Eigentlich hatte die deutsche Solarbranche die besten Startchancen. Mit kräftigen Subventionen unterstützte die Regierung seit der Jahrtausendwende die junge Industrie, sorgte so für einen Nachfrageschub und verschaffte den Solarfirmen Rekordgewinne. Inzwischen sieht es aber - trotz Subventionen - düster für die deutsche Solarbranche aus. Einst gefeiert, sind Q-Cells und Conergy inzwischen Pleite. Seit Mitte Mai ist auch für den ehemaligen Sonnenkönig Frank Asbeck Schluss. Seine Firma Solarworld musste Insolvenz anmelden. Der deutsche Solarmarkt wird heute von den Chinesen und Indern beherrscht.

Gefördert hat die deutsche Regierung allerdings nicht nur die Solarenergie, sondern auch andere Erneuerbare Energien wie Windkraft oder Biogas. Und in der Windbranche sieht es ganz anders aus. Hier haben die deutschen Hersteller einen guten Stand und benötigen immer weniger Subventionen, um neue Windparks zu betreiben. Wie aber kommt es, dass die Unterstützung in einem Bereich anscheinend erfolgreich verlaufen ist und im anderen Bereich nicht?

Rückenwind vom Staat

Ein Blick zurück ins Jahr 1991. Damals beschloss die rot-grüne Bundesregierung, die Energiewende kräftig voranzutreiben - mit Hilfe des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG). Über dieses Gesetz erhält jeder, der Strom mit Erneuerbaren Energien produziert, eine feste Vergütung. Finanziert wird das Ganze seitdem über die sogenannte EEG-Umlage, die von den Verbrauchern getragen wird. Jeder Stromkunde zahlt einen Aufschlag auf die Stromrechnung, um den Ökostromausbau zu finanzieren. Deutschland wollte Ökostromland Nummer 1 werden und mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien gleichzeitig die heimische Wirtschaft ankurbeln.

Nach dem Atomunglück in Fukushima 2011 wird in Deutschland der beschleunigte Ausstieg aus der Atomkraft beschlossenBild: dapd

Und es funktionierte. Lag der Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien im Jahr 2000 noch bei sieben Prozent des Gesamtverbrauchs, liegt er 2017 bei knapp einem Drittel. Aber durch die hohen Subventionen hätten die deutschen Unternehmen versäumt, ihre Innovationskraft zu stärken, meint Manuel Frondel vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. "Es war ein fundamentaler Fehler, dass die Subventionierung flächendeckend erfolgt ist und man nicht - wie es zu bevorzugen ist - die Forschung und Entwicklung einer Technologie gefördert hat."

Denn von dieser Art der Subventionierung profitieren nicht nur deutsche Hersteller. Die Vergütung floss unabhängig davon, ob man sich nun ein deutsches oder ein chinesisches Solarmodul aufs Dach schraubte. Anfangs war das kein Problem, denn Solarmodule aus China waren zwar günstig, galten aber als minderwertig. Im Laufe der Jahre aber hat China es den Deutschen gleich getan und seine Solarmodulproduktion ebenfalls stark subventioniert. Heute stehen die Module aus China in der Qualität den deutschen in nichts nach und haben sie über günstigere Preise aus dem Markt gedrängt. Somit subventioniert Deutschland inzwischen indirekt auch chinesische Hersteller.

Die Gefahr der Billigkonkurrenz aus dem Ausland hätte man schon im Vorfeld ahnen können, meint Frondel. Denn schon bei der Halbleiterindustrie hatte sich die Produktion in Billiglohnländer verlagert. Frondel hält daher die Subventionierung der Photovoltaik für einen massiven Fehler. Sein Institut habe ausgerechnet, dass allein für die Photovoltaik Zahlungsverpflichtungen für Anlagen in Deutschland in Höhe von über 100 Milliarden Euro aufgebaut worden sind. Sie habe aber nur einen Anteil von fünf Prozent an der deutschen Stromversorgung. Davon sei erst etwa ein Drittel vom Verbraucher über die Stromrechnung bezahlt, so Frondel. "Der Löwenanteil muss von den Verbrauchern mit ihrer Stromrechnung in den nächsten 20 Jahren noch bezahlt werden. Also dann, wenn die meisten Arbeitsplätze in der Solarbranche nicht mehr vorhanden sind."

Allerdings liege nicht die ganze deutsche Solarbranche im Schatten, betont Christoph Podewils von der Denkfabrik Agora Energiewende. Bei Wechselrichtern, die man brauche, um aus dem Gleichstrom, den die Solarmodule liefern, Wechselstrom fürs Stromnetz zu machen, seien deutsche Firmen nicht schlecht aufgestellt. "SMA beispielsweise zählt nach wie vor zu den führenden Unternehmen auf der Welt."

Die Nase im Wind

Windanlagen könnten nicht so einfach durch ausländische ersetzt werden, sagt Podewils. "Der Bau von Windkraftanlagen ist klassischer Maschinenbau und solche großen Anlagen lassen sich nicht so leicht transportieren." Da hätten deutsche Hersteller schon allein durch ihren Standort und durch ihr Technologie-Knowhow eine gute Ausgangslage. "Bei Solarmodulen ist das etwas ganz anderes. Die können in Containern leicht um die Welt verschifft werden. Die großen Hersteller sitzen heute in China oder Indien, wo sie sehr günstig produzieren können."

Zudem ist die Windbranche weniger von Subventionen abhängig, da sie nach eigenen Angaben rund 70 Prozent ihrer Anlagen exportiert. Außerdem betrügen die Subventionen für Windkraft nur einen Bruchteil der Förderung von Photovoltaik, erläutert Frondel. Und in der Windkraftbranche habe es in Europa von Anfang an einen starken Wettbewerb gegeben, wodurch die Unternehmen ständig gefordert gewesen seien ihre Produktion innovativ und effizient zu halten. 

Geld nicht mehr per Gießkanne verteilen

Laut einer Studie hat die Energiewende Deutschland bis 2015 rund 150 Milliarden Euro gekostet. Bis 2025 könnte der Betrag auf über 500 Milliarden Euro ansteigen, wenn man den nötigen Ausbau der Verteilungs- und Übertragungsnetze mit einbezieht. Klagen über die hohen Kosten hört man aus der Industrie und von den Verbrauchern.

Um die Kosten durch den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien einzudämmen, wurde das EEG reformiert. Nun bekommt, wer neue Großanlagen für Solar-, Biogas- oder Windenergie baut, nicht mehr per se eine feste Einspeisevergütung. Sondern Windparks werden ausgeschrieben und dürfen von demjenigen gebaut werden, der am wenigsten Subventionen in Anspruch nimmt.

"Die günstigste Stromform überhaupt"

Und siehe da, bei der jüngsten Ausschreibung für Offshore Windparks in der Nordsee, die bis 2025 errichtet werden sollen, haben der Energieversorger EnBW und das dänische Unternehmen Dong den Zuschlag bekommen, weil sie völlig auf Fördermittel verzichten wollen. Und auch bei Windparks an Land werden weniger Subventionen gezahlt. Neue Windkraftanlagen bekommen nur noch durchschnittlich 5,71 Cent pro Kilowattstunde garantiert, wie das Wirtschaftsministerium kürzlich mitteilte. Das sind rund 20 Prozent weniger als bisher. Nach dem alten Fördersystem lag die garantierte Vergütung zwischen sieben und acht Cent pro Kilowattstunde.

Künftige Windparks im Meer brauchen vielleicht keine Subventionen mehrBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Für die Verbraucher nur ein kleiner Lichtblick. "Die Katastrophe in puncto Stromrechnung ist leider schon passiert", sagt Frondel. Allein zwischen 2009 und 2017 hat sich die EEG-Umlage vervierfacht auf 6,88 Cent. "Leider wird die EEG-Umlage mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter ansteigen", prognostiziert Frondel. Nach verschiedenen Studien wird sie wohl erst ab 2025 wieder sinken.

Angesichts der strauchelnden Solarindustrie kann man sich fragen, ob die Subventionierung ein Fehler war. Für Deutschland sei die Energiewende natürlich sehr teuer, meint Podewils. Aber man müsse bedenken, dass durch die Förderung die Technologien für Windkraft und Photovoltaik massiv günstiger geworden seien. "Solarstrom kostet heute nur noch zehn Prozent dessen, was er vor 15 Jahren gekostet hat und bei Windstrom reden wir über eine Halbierung", so Podewils. Dadurch würden viele Länder weltweit, die sich eine Energiewende wie in Deutschland nicht hätten leisten können, nun merken, das Strom aus Erneuerbaren Energien die günstigste Stromform ist, die es gibt.

 

Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion
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