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Politik

Suche nach getöteten russischen Söldnern

Elena Barysheva mo
21. Februar 2018

Seit zwei Wochen warten viele Familien russischer Söldner der Privatarmee "Gruppe Wagner", die in Syrien getötet wurden, auf deren leibliche Überreste. Wo sind die Leichen und warum schweigen viele Angehörige?

Russische Pioniere suchen und klären Minen in Ost-Aleppo, Syrien
Nicht immer ist klar, ob es russische Soldaten oder Söldner sind, die in Syrien im Einsatz sindBild: picture-alliance/dpa/T.Abdullayev

Wie viele Söldner der russischen Privatarmee "Gruppe Wagner" am 7. Februar im syrischen Deir ez-Zor unter dem Beschuss der US-angeführten Koalition getötet wurden, ist unklar. Nach Berichten der russischen Zeitung "Wedomosti" wurden 50 Söldner getötet und etwa 70 verletzt. Die Namen von mindestens neun Toten sind bekannt. Das russische Außenministerium sprach zunächst von fünf Toten. Später hieß es in einer Mitteilung, es seien "mehrere Dutzend" Bürger aus Russland und anderen GUS-Staaten verwundet und getötet worden. Sie hätten sich "freiwillig und mit verschiedenen Absichten" in Syrien aufgehalten. Die Anti-IS-Koalition hatte die regierungstreuen Truppen von Präsident Baschar al-Assad nach eigenen Angaben in Selbstverteidigung angegriffen.

Vom Donbass nach Syrien

Viele der Söldner der "Gruppe Wagner" waren bereits im ostukrainischen Donbass im Einsatz. Wladimir Jefimow, Leiter einer Stiftung für Veteranen von Spezialeinheiten in der russischen Stadt Swerdlowsk, sagt, bei den Söldnern handele es sich oft um einstige Offiziere, Fähnriche und Feldwebel. Einige von ihnen seien vom Verteidigungsministerium unter Vertrag genommen und als Militärs nach Syrien entsandt worden. "Wer aus Altersgründen oder wegen einer Behinderung nicht genommen wurde, ging zur Privatarmee", berichtet Jefimow und fügt hinzu, dass nicht Geld, sondern meist Abenteuerlust das Motiv gewesen sei.

Dem stimmt Ruslan Tarnawskij zu. Er war mit dem 45-jährigen Igor Kosoturow befreundet, der in Syrien umgekommen ist. Mit ihm hatte er zuvor im Donbass gekämpft. Tarnawskij sagt, Kosoturow sei aus patriotischer Überzeugung nach Syrien gegangen. "Natürlich ist eine Privatarmee keine Regierungstruppe, aber alle dachten, dass sie mit der russischen Armee zusammenarbeiten werden. Das Geld war ein willkommener Bonus für das Risiko, aber die Jungs sind nicht deswegen dorthin gegangen", so Tarnawskij. Er betont, wenn der Syrien-Einsatz keine prorussische Aktion wäre, dann würden sich 99 Prozent der Männer an ihr nicht beteiligen.

Besuch auf russischer Luftwaffenbasis in Syrien: Baschar al-Assad, Wladimir Putin und Verteidigungsminister Sergej SchoiguBild: picture alliance/ dpa/TASS/M. Klimentyev

Keine Lebenszeichen

Mindestens 30 Männer der "Gruppe Wagner" kamen aus der Region Swerdlowsk. 20 davon kannte Stiftungsleiter Jefimow persönlich. Seine Telefonnummer hinterließen die Söldner ihren Frauen, für den Fall, dass sie sich aus Syrien nicht mehr melden können. Sie erzählten ihren Frauen wenig, denn sie mussten eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnen.

Im Jahr 2017 fuhr eine große Gruppe der Männer für einen Monat in ein Trainingslager, berichtet Jefimow. Dort mussten sie Fragebögen ausfüllen und sich psychologischen Test unterziehen. Dann ging es für ein halbes Jahr nach Syrien. Alle überlebten. Es gab nur Verwundete. Sie seien alle als "reiche Männer" zurückgekehrt. "Manche haben Schulden abbezahlt, andere sonst was", so Jefimow. Die Söldner sollten eigentlich bis Mitte Februar zu Hause bleiben. Doch schon am 28. Januar ging es wieder nach Syrien. "Bis zum 8. Februar kamen von ihnen wenigstens SMS. Dann brach der Kontakt ab. Jetzt rufen mich ihre Frauen weinend an", so der Leiter der Veteranen-Stiftung. Nur zu einem der 30 Männer bestehe Kontakt. Er liege verwundet in einem Militärhospital im südrussischen Rostow am Don. "Man hat ihm das Telefon weggenommen, aber er hat ein anderes gefunden und seine Frau angerufen", sagt Jefimow.

Familien stehen Entschädigungen zu

Die Angehörigen der Mitglieder der "Gruppe Wagner" sind ratlos. Sie können sich nicht an das Verteidigungsministerium wenden, da Söldner formell keine Militärs sind und die Arbeit als Söldner verboten ist. Aus dem gleichen Grund winken auch Menschenrechtsorganisationen ab, die sich für Soldaten einsetzen. Sie bieten höchstens psychologische Hilfe an.

Hinzu kommt, dass die Familien toter oder verwundeter Söldner meist arm sind und stillhalten. Sie fürchten, die ihnen zustehende Entschädigung seitens der Privatarmee zu verlieren. "Für einen Toten werden fünf Millionen Rubel gezahlt", erinnert sich Natalja Schukowa vom "Komitee der Soldatenmütter" in Nischni Nowgorod. Von der Summe in Höhe von umgerechnet rund 70.000 Euro habe sie erstmals von der Mutter eines in Syrien getöteten 30-jährigen Söldners gehört. In dem Fall konnte die Frau die Leiche ihres Sohnes in Rostow abholen und bestatten. Auch die Entschädigung von der Privatarmee erhielt sie. Trotzdem wandte sie sich an die "Soldatenmütter" mit der Bitte, herauszufinden, wie ihr Sohn starb. "Aber wir haben niemanden gefunden, der uns weiterhelfen konnte", bedauert Schukowa.

Wo sind die Leichen der Söldner?

Recherchen der DW haben ergeben, dass seit dem 7. Februar noch keine einzige Leiche an Angehörige der getöteten Söldner überstellt wurde. Menschenrechtsaktivisten vermuten, dass die Leichen aus Syrien in das 522. Aufnahmezentrum nach Rostow am Don gebracht worden sein könnten. Es ist das größte dieser Art in Russland. Dort können auch DNA-Test durchgeführt werden. Die großen Hangars mit Kühlhäusern für 400 Leichen wurden während des zweiten Tschetschenien-Krieges gebaut.

"Wenn man nicht Angehöriger eines offiziellen Militärs ist, dann darf man das Gelände nicht betreten", erklärt Natalja Schukowa. Und Walentina Melnikowa, Vorsitzende der "Union der Komitees der Soldatenmütter Russlands", erläutert in diesem Zusammenhang: "Tote oder verwundete Söldner kann man nur als einfache russische Bürger suchen, die sich im Ausland befinden, also über die Konsulate sowie über das Außenamt und das Innenministerium." Es sei wie mit Leichen bei einem Flugzeugabsturz. Melnikowa befürchtet, dass die Leichen überhaupt nicht aus Syrien herausgebracht wurden. "Im Donbass wurden sie wenigstens oft direkt an Ort und Stelle beigesetzt", so die Menschenrechtlerin.

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