Retter suchen im Tunnel nach Vermissten
8. Februar 2021Mehr als 2000 Rettungskräfte beteiligten sich in Nordindien an der Suchaktion, um mehr als drei Dutzend Kraftwerksarbeiter zu retten, die in einem Tunnel eingeschlossen sind. Schweres Gerät wurde eingesetzt, um sich den Weg durch einen 2,5 Kilometer langen Tunnel zu bahnen und die 37 Arbeiter zu erreichen, zu denen seit der Flutwelle kein Kontakt mehr besteht.
171 Menschen werden vermisst
An den Such- und Rettungsaktionen im nördlichen Bundesstaat Uttarakhand beteiligen sich Angehörige des Militärs, paramilitärischer Gruppen und der Polizei. Das schroffe Terrain, die Kälte, der Schlamm und die Trümmer im Tunnel seien eine große Herausforderung für die Rettungskräfte. Bislang konnten sie rund 70 Meter in den teilweise verschütteten Tunnel vordringen.
Nach der massiven Sturzflut ist die Opferzahl auf mindestens 26 Tote gestiegen. 171 Menschen werden vermisst. Ein riesiger Gletscherteil war am Sonntagmorgen von einem Berg im indischen Teil des Himalaya abgebrochen und in einen Fluss gestürzt. Der Vorfall ereignete sich auf einer Höhe von gut 2000 Metern über dem Meer. Die Sturzflut beschädigte zwei Elektrizitätswerke sowie fünf Brücken und schwemmte Straßen und Häuser weg. Da sich weiter oberhalb der gesamte Gletscher flussabwärts bewegt, wurden Menschen in tieferliegenden Dörfern in Sicherheit gebracht.
Führte die Erderwärmung zum Gletscherabbruch?
Einige indische Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Sturzflut mit dem Klimawandel und dem Abschmelzen der Gletscher sowie der raschen wirtschaftlichen Erschließung der Region zusammenhängen könnten. So hat der Bau von breiteren Straßen und Kraftwerken die Region womöglich gefährdeter gemacht. In der hügeligen Landschaft gibt es immer wieder Unglücke.
Bei besonders starkem Monsunregen 2013 etwa starben mehr als 6000 Menschen. Von Greenpeace in Indien hieß es, dass das Land nach der jetzigen Flutkatastrophe und derjenigen von 2013 sein Entwicklungsmodell für die Himalaya-Region überdenken müsse.
Enorme Sturzflut
Einige deutsche Wissenschaftler glauben, dass die Sturzflut mit einem massiven Lawinenabgang 2016 zusammenhängen könnte. "Große Eismengen, die aus dieser Zeit noch immer im dortigen Talboden lagen, könnten durch den herabgestürzten Gletscher in Bewegung gebracht worden sein", sagte Geografieprofessor Marcus Nüsser vom Heidelberger Südasien-Institut. Den Forschern liegen eigenen Angaben zufolge hochauflösende Satellitenbilder zu dem Vorfall auf etwa 3400 Meter Seehöhe vor.
Es spreche einiges dafür, dass der Absturz mit der Erderwärmung zusammenhängen könnte. Unklar sei indes, wie die Masse aus Wasser und Schlamm entstehen konnte. "Wir vermuten, der herabgestürzte Gletscher könnte durch den Einschlag und die damit erzeugte Reibungsenergie das gefrorene Wasser in den Ablagerungen der früheren Lawine im Talboden geschmolzen haben", sagte Nüsser. Dies könnte dazu geführt haben, dass die Sturzflut so enorm gewesen sei.
Hoher Sachschaden
Nach Behördenangaben sind die meisten Toten und Vermissten Mitarbeiter der Elektrizitätswerke. Rund 25 hätten gerettet werden können. Der Sachschaden betrug geschätzte 228 Millionen Euro (20 Milliarden Rupien), sagte der Regierungschef des betroffenen Bundesstaates, Trivendra Singh Rawat.
nob/qu (dpa, ap)