Sudan: Armee gibt letzte Bastion in Darfur auf
28. Oktober 2025
Nach der Einnahme der letzten von der sudanesischen Regierung kontrollierten Großstadt in der Region Darfur durch die RSF-Miliz hat sich das Militär vollständig zurückgezogen. Die Armee des Sudan bestätigte am Montag, Al-Faschir die Hauptstadt des Bundesstaats Nord Darfur, aufgegeben zu haben. "Unsere dortigen Truppen sind zu der Einschätzung gelangt, dass ein Rückzug aus der Stadt notwendig ist", räumte Armeechef Abdel Fattah al-Burhan ein. Mit der Eroberung von Al-Faschir kontrollieren die paramilitärischen "Rapid Support Forces" (RSF) fast den gesamten Westen des ostafrikanischen Staates.
In Al-Faschir leben nach Schätzungen der Vereinten Nationen noch bis zu 300.000 Menschen. Es wird befürchtet, dass der Zivilbevölkerung schwere Gewalttaten, Tötungen, Folter, Vergewaltigungen und ethnisch motivierte Vertreibungen drohen. Die Stadt war seit eineinhalb Jahren von der RSF belagert.
Tausende Menschen aus Dafur vertrieben
Die RSF erklärte, sie wolle die Zivilbevölkerung schützen. Menschenrechtler warnen jedoch seit Langem vor Racheakten gegen Angehörige des Zaghawa-Volkes. Sie veröffentlichten Videos, auf denen offenbar RSF-Kämpfer unbewaffnete Männer erschießen und um Leichen jubeln. Die Echtheit der Aufnahmen konnte bislang nicht verifiziert werden.
Nach Augenzeugenberichten hindern RSF-Kämpfer Zivilisten an der Flucht und halten sie in umliegenden Orten fest. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) wurden rund 26.000 Menschen durch die Kämpfe vertrieben. Zudem sollen Tausende Soldaten der Armee und verbündeter Rebellengruppen in westlichen Stadtteilen von Al-Faschir von der RSF eingekesselt sein.
Guterres fordert Verhandlungen
Die Vereinten Nationen warnen vor einer weiteren Eskalation. UN-Generalsekretär António Guterres forderte beide Konfliktparteien zu sofortigen Verhandlungen auf. Nach Angaben seines Sprechers Stéphane Dujarric müsse der Kontakt zu Guterres' Sondergesandtem für den Sudan, Ramtane Lamamra, unverzüglich aufgenommen werden, um Schritte in Richtung einer Verhandlungslösung einzuleiten. Guterres zeigte sich "zutiefst besorgt über die jüngste militärische Eskalation im Sudan" und verurteilte mutmaßliche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht.
Zudem sei der Generalsekretär alarmiert darüber, dass weiterhin Waffen und Kämpfer in den Sudan gelangten und die Lage weiter verschärften, so Dujarric. "Dies müsse unverzüglich beendet werden." Humanitäre Hilfe müsse rasch und ungehindert zu den Bedürftigen gelangen. Seit über 18 Monaten seien Al-Faschir und weite Teile Darfurs ein Epizentrum des Leids. Unterernährung, Krankheiten und Gewalt forderten täglich neue Opfer.
Das deutsche Außenministerium zeigte sich auf der Plattform X "erschüttert über die Berichte aus Al-Faschir". Kämpfer der RSF seien tief in die Stadt vorgedrungen und töteten wahllos Zivilisten. "Das muss sofort aufhören", hieß es weiter. Die RSF hätten öffentlich zugesagt, Zivilisten schützen wollen. "Sie werden sich für diese Taten verantworten müssen."
Droht eine Spaltung des Landes?
Im Sudan tobt seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel Fattah al-Burhan und seinem ehemaligen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, dem Kommandeur der RSF. Während die Armee zeitweise die Hauptstadt Khartum zurückerobern konnte, hat die RSF ihre Kontrolle über Darfur an der Grenze zum Tschad ausgebaut. Beobachter warnen vor einer dauerhaften Spaltung des Landes.
Die RSF ging aus arabischen Reitermilizen hervor, denen vor gut 20 Jahren vorgeworfen wurde, in Darfur einen Völkermord an nichtarabischen Bevölkerungsgruppen mit bis zu 300.000 Toten begangen zu haben - damals noch an der Seite der sudanesischen Armee.
Für den aktuellen Bürgerkrieg gibt es keine verlässlichen Opferzahlen. Nach Schätzungen, die von den USA zitiert werden, könnten jedoch bis zu 150.000 Menschen ums Leben gekommen sein. Mehr als zwölf Millionen sind auf der Flucht, über 26 Millionen, etwa die Hälfte der Bevölkerung, von Hunger bedroht.
pgr/fab (dpa, rtr)
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