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KonflikteSudan

Sudan: Die Rolle ausländischer Mächte im Krieg

3. November 2025

Die Kriegsparteien im Sudan sind auf Unterstützung internationaler Akteure angewiesen - nicht zuletzt bei der Beschaffung von Waffen. Könnte ausländischer Einfluss umgekehrt auch helfen, ein Ende der Gewalt zu erreichen?

Sudan Tawila 2025 | Vertriebene Sudanesen nach Flucht aus Al-Faschir
Vertriebene Sudanesinnen und Sudanesen nach der Flucht aus AL-FaschirBild: AFP

Zwei nationale Gruppen bekämpfen im Sudan einander: die Sudanese Armed Forces (SAF), die reguläre Armee des Landes, und die so genannten Rapid Support Forces (RSF), eine Milizengruppe, hervorgegangen aus Spezialkräften des 2019 abgesetzten Diktators Omar al-Baschir. Die Gewalt zwischen beiden Seiten begann im April 2023. Damals konnten sich die beiden führenden Kommandanten nicht auf eine Integration der paramilitärischen RSF in die reguläre Armee einigen.

Doch beide Seiten sind auch jeweils mit ausländischen Akteuren verbunden. Ohne deren Unterstützung könnten sie den Krieg wahrscheinlich kaum weiter in die Länge ziehen. Dadurch haben auswärtige Mächte auch dazu beigetragen, dass der Sudan schon vor längerer Zeit in eine der schlimmsten humanitären Katastrophen weltweit gestürzt ist. Ihren jüngsten Höhepunkt fand die Gewalt in Massenmorden und Gräueltaten an sudanesischen Zivilisten in der Regionalhauptstadt Al-Faschir in der westlichen Provinz Darfur.

Angesichts der anhaltenden Kämpfe in Darfur lässt sich die Zahl der Todesopfer nur schätzen. Hilfsorganisationen und Vereinten Nationen (UN) gehen von mehr als 140.000 im Kriegsverlauf getöteten Menschen aus. Etwa die Hälfte der 51 Millionen Einwohner des Sudan ist auf humanitäre Hilfe angewiesen. Hungersnöte und Krankheiten sind weit verbreitet, ein Großteil der Infrastruktur und der landwirtschaftlichen Flächen des Landes wurde zerstört.

Am meisten leiden Zivilisten unter dem Krieg im Sudan Bild: Mohammed Jammal/UNICEF/AP Photo/picture alliance

Rolle der ausländischen Unterstützer

Beobachter rechnen beiden Parteien unterschiedliche ausländische Partner zu, auch wenn diese sich teils bedeckt halten. So wird die international anerkannte Regierung des Sudan unter General Abdel-Fattah Burhan, dem Kommandanten der SAF, von Ägypten, der Türkei, Russland und dem Iran unterstützt. An der Seite der RSF sehen Experten vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Diese selbst bestreiten ihr Engagement und dementieren vor allem auch Waffenlieferungen.

Experten sehen dies anders. "Die Rapid Support Forces hatten während des Krieges eine ganze Reihe von Lieferanten für Waffen und Treibstoff", sagt Hager Ali vom Deutschen Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) im DW-Interview. "Aber ein zentraler Lieferant bleiben die Vereinigten Arabischen Emirate."

Die VAE bezeichnen entsprechende Vorwürfe als Medienkampagne der SAF und fordern dafür eine Entschuldigung. In der vergangenen Woche verurteilte Abu Dhabi tatsächlich die Gräueltaten der RSF gegen Zivilisten und kündigte humanitäre Hilfe im Wert von 100 Millionen Dollar (86 Millionen Euro) an.

Waffen aus zahlreichen Quellen

Allerdings haben die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen wiederholt von Beweisen für Militärlieferungen aus den VAE gesprochen. Unabhängige Analysten kommen ebenfalls regelmäßig zu dem Schluss, dass die von der RSF verwendeten Waffen und Munition aus den Emiraten stammten. "Das Material umfasst moderne chinesische Drohnen sowie Kleinwaffen, schwere Maschinengewehre, Fahrzeuge, Artillerie, Mörser und Munition", teilten Quellen aus der US-amerikanischen Defense Intelligence Agency und dem Geheimdienstbüro des Außenministeriums der US-Zeitung "The Wall Street Journal" diese Woche mit.

Darüber hinaus heißt es in einem UN-Bericht von Januar 2024, mit dem libyschen General und Regionalherrscher Khalifa Haftar verbündete Milizen nutzten bestehende Schmuggelverbindungen, um die RSF mit Treibstoff, Fahrzeugen und Munition zu versorgen.

"Wir wissen, dass die VAE Waffen direkt über die libysche Grenze, aber auch über den Tschad und Uganda in den Sudan geschmuggelt haben", sagt Expertin Hager Ali. "Im Gegenzug hat die VAE als traditionell größter Importeur von sudanesischem Gold großes Interesse daran, sich den Zugang daran zu sichern."

Den RSF dienen die reichen, hauptsächlich unter ihrer Kontrolle stehenden Goldvorkommen des Sudan vor allem dazu, Waffen zu kaufen und Sanktionen zu umgehen.

"Man kann davon ausgehen, dass die derzeit im Sudan eingesetzten Waffen nicht nur von einer Handvoll Lieferanten stammen, sondern vielmehr im gesamten Sahel gehandelt werden", so Ali weiter. Den Transport auf das Schlachtfeld übernehme das sogenannte Africa Corps, die seit geraumer Zeit unter diesem Namen fungierende afrikanische Division der russischen Wagner-Gruppe.

Im Januar dieses Jahres verhängte die damals scheidende US-Regierung unter Präsident Joe Biden Sanktionen gegen beide Seiten. Ebenso sanktionierte das US-Finanzministerium sieben Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und warf ihnen vor, die RSF mit Waffen, Finanzmitteln und anderer Unterstützung versorgt zu haben.

Ausländische Interessen

Auf der anderen Seite ist vor allem Ägypten ein wichtiger Unterstützer der SAF, also der regulären Armee, und erkennt die autoritär herrschende Regierung von Burhan als offizielle sudanesische Regierung an. Einer Übersicht des Think Tanks 'Institute of War' zufolge hat Ägypten auch Piloten der SAF ausgebildet und Drohnen bereitgestellt. Kairo bestreitet dies allerdings. Ägypten ist bestrebt, den Konflikt auf der sudanesischen Seite der Grenze zu halten, und hofft darauf, Millionen sudanesischer Flüchtlinge zurückführen zu können.

Ein weiterer Unterstützer der SAF ist der Iran, der ebenfalls Drohnen geliefert hat. Teheran hofft, sich einen Marinestützpunkt am Roten Meer zu sichern, vermutlich auch, um die Huthi-Miliz im Jemen weiterhin unterstützen zu können. Der Sudan ist zu einem logistischen Drehkreuz für die Huthis geworden.

Auch die Türkei hat die SAF nach Kenntnissen von Experten mit Drohnen und Raketen beliefert. Ankara will sich so den Zugang zum Roten Meer sichern.

Zwar unterstützt das russische Africa Corps faktisch die Miliz RSF. Dennoch spiele Russland im Sudan derzeit eine vergleichsweise untergeordnete und abwartende Rolle, meint Achim Vogt, Landesdirektor für Uganda und den Sudan bei der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung, im Gespräch mit der DW. "Die Russen haben mit Blick auf den Goldexport wie auch den Hafen von Port Sudan zwar wirtschaftliche Interessen", so Vogt. "Aber sie haben relativ deutlich gemacht, dass sie kein Interesse daran haben, sich in einen internen Konflikt einzumischen."

Angesichts des internationalen Entsetzens über Gräueltaten in Al-Faschir haben die RSF einige ihrer eigenen Kämpfer verhaftet Bild: Rapid Support Forces (RSF)/AFP

Könnte die "Quad-Initiative" helfen?

Im September dieses Jahres entstand die so genannte "Quad-Initiative". Ihr gehören die USA als treibende Kraft, aber auch Ägypten, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate an. Ungeachtet ihrer teilweise bestehenden Allianzen mit einer der beiden Seiten könnten diese Staaten - jedenfalls theoretisch - echten Einfluss im Sudan ausüben. Ziel der Initiative ist es, einen Fahrplan zur Beendigung des Krieges oder zumindest einer humanitären Waffenruhe zu erstellen.

Würden sich diese Länder nun ernsthaft zusammenschließen und würden sie sogar von einigen europäischen Nationen unterstützt, könnten sie durchaus bewirken, dass der Sudan zum humanitären Völkerrecht zurückkehrt, die Menschenrechtsverletzungen enden und sich die humanitäre Lage für die Zivilbevölkerung bessert, meint Vogt.

Vorerst bleibt dies allerdings ein frommer Wunsch: Die Quad-Gespräche in Washington, die die Kriegsparteien mit dem Ziel einer dreimonatigen Waffenruhe zusammenbringen sollten, endeten am 26. Oktober ergebnislos. Am selben Tag übernahm die RSF die Kontrolle über Al-Faschir, gefolgt von der neuen Anhäufung von Massenmorden und weiteren Gräueltaten. Derzeit sieht es nicht danach aus, als würden die beteiligten ausländischen Akteure ihre Interessen neu definieren und gemeinsam auf eine friedliche Lösung setzen wollten. 

Der Ruf nach einer Bestrafung für die Gräueltaten ist unterdessen zumindest seitens internationaler Menschenrechtler deutlich hörbar. Ausmaß und Schwere der Taten erforderten "Konsequenzen für die Führung der RSF und ihre Unterstützer, insbesondere die Vereinigten Arabischen Emirate, die trotz eindeutiger Beweise für die Verbrechen weiterhin Unterstützung leisten", meint Laetitia Bader, Direktorin für das Horn von Afrika bei Human Rights Watch, im DW-Gespräch.

"Wir fordern den UN-Sicherheitsrat auf, unverzüglich Sanktionen gegen die Anführer der RSF zu verhängen", so Bader. "Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, die politische und strafrechtliche Verantwortung sicherzustellen."

Angesichts der internationalen Empörung über die Massaker und andere Verbrechen verhafteten die RSF am vergangenen Freitag (31.10.25) mehrere ihrer eigenen Kämpfer, die sich öffentlich auf Social-Media-Kanälen mit Gräueltaten gebrüstet hatten. Beobachtern zufolge dauern diese dennoch weiter an. Auch der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat zwischenzeitlich begonnen, sich mit den Gräueltaten zu befassen und Beweise zu sammeln.

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

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Jennifer Holleis Redakteurin und Analystin mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika.