1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteSudan

Sudan: Milliarden-Hilfe für ein "Land in Schutt und Asche"

15. April 2024

Auf einer von Deutschland, Frankreich und der EU organisierten Geberkonferenz soll Geld für humanitäre Hilfe im Sudan gesammelt werden. Ein Jahr nach Beginn des Machtkampfes ist die Lage dort katastrophal.

Von rechts nach links: EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, Frankreichs Außenminister Stéphane Séjourné und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell stehen an Pulten in einem Festsaal in Paris
Annalena Baerbock (2.v.l.), Stéphane Séjourné (2.v.r.), Josep Borrell (r.) und Janez Lenarcic (l.) sammeln Hilfe für den Sudan Bild: Christophe Ena/dpa/AP/picture alliance

Zum Auftakt der Konferenz in Paris kündigte Bundesaußenminister Annalena Baerbock an, Deutschland werde dem Sudan weitere 244 Millionen Euro an humanitärer Hilfe zur Verfügung stellen. "Gemeinsam kann es uns gelingen, eine furchtbare Hungerkatastrophe zu verhindern, aber nur, wenn wir jetzt gemeinsam aktiv werden", betonte Baerbock.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wirbt in Paris eindringlich um Hilfe für den SudanBild: Christophe Ena/dpa/AP/picture alliance

Der französische Außenminister Stéphane Séjourné sagte, die von Flucht und Hunger betroffenen Sudanesen seien zusätzlich auch Opfer des Vergessens geworden: "Es ist offensichtlich, dass die Reihe von Krisen - ich denke an Gaza und die Ukraine - die sudanesische Krise in den Hintergrund gedrängt haben."

Mit dem Treffen in Paris wollen Frankreich, Deutschland und die Europäische Union möglichst viel internationale Hilfe für die notleidenden Menschen in dem ostafrikanischen Land mobilisieren, in dem seit einem Jahr wieder ein Bürgerkrieg tobt. Aus französischen Diplomatenkreisen verlautete, es werde eine Summe von einer Milliarde Euro angestrebt.

IOM schlägt Alarm

Wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) in ihrem an diesem Montag vorgestellten Bericht zur Lage im Sudan erklärt, wurden in den vergangenen zwölf Monaten täglich rund 20.000 Menschen in die Flucht getrieben. In der Summe seien das mehr als 8,6 Millionen Menschen, rund die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Rund 27 Millionen Menschen, also mehr als die Hälfte der Bevölkerung, seien auf humanitäre Hilfe angewiesen.

"Der Sudan ist tragischerweise auf dem besten Weg, sich zu einer der größten humanitären Krisen der letzten Jahrzehnte zu entwickeln", mahnte IOM-Generalsekretärin Amy Pope. Der Konflikt führe zu Druck in der gesamten Region.

Mehr als sechs Millionen Sudanesinnen und Sudanesen sind innerhalb ihres Landes auf der Flucht, etwa zwei Millionen haben sich in Nachbarländer geflüchtet, vor allem in den Tschad, den Südsudan und nach Ägypten.

Millionen von Sudanesen sind wegen des Machtkampfes im Land auf der Flucht (Archiv)Bild: Sally Hayden/SOPA Images/Sipa USA/picture alliance

Außenministerin Baerbock schilderte, dass die Flüchtlingslager im Südsudan "im wahrsten Sinne des Wortes aus allen Nähten" platzten. Jeden Tag kämen weitere Flüchtlinge und könnten "nicht mehr wirklich versorgt" werden. Den Menschen dort fehle es praktisch an allem: Lebensmittel, sauberes Trinkwasser, Babynahrung, Medikamente, Kleidung, Schulen, Notunterkünfte und psychologische Betreuung, so Baerbock.

Gesundheitssystem ist kollabiert

Nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin ist das Gesundheitssystem im Sudan kollabiert, "ein Land in Schutt und Asche", heißt es auf der Internetseite des Ministeriums. Die Weltgesundheitsorganisation erklärte am vergangenen Freitag, dass sich die Krise in den kommenden Monaten noch verschlimmern könnte, da die Verteilung von humanitärer Hilfe und medizinischen Hilfsgütern weiterhin eingeschränkt ist.

In der vergangenen Woche bezeichnete der US-Sondergesandte Tom Perriello die bisherige internationale Reaktion als "erbärmlich". "Wir sind bei fünf Prozent der benötigten Menge angelangt", sagte er und fügte hinzu, dass die USA bereits über eine Milliarde Dollar für humanitäre Hilfe bereitgestellt haben. Vor der Geberkonferenz in Paris wurde bekannt, dass Washington weitere 100 Millionen US-Dollar für den Sudan bereitstellen werde.

Außenministerin Baerbock sagte in Paris, man mache mit der Konferenz deutlich, "dass wir das Leiden der Menschen im Sudan nicht aus dem Blick verlieren". "Dort sterben Tag für Tag Menschen, weil zwei rücksichtslose Generäle ihren Machtkampf auf dem Rücken der Bevölkerung austragen", sagte die Grünen-Politikerin.

Machtkampf eskaliert

Der Krieg im Sudan brach am 15. April 2023 zwischen der sudanesischen Armee von De-facto-Machthaber Abdel Fattah al-Burhan und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) unter seinem damaligen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo aus. Er hat die Infrastruktur verwüstet, Warnungen vor einer Hungersnot hervorgerufen und Millionen von Menschen innerhalb und außerhalb des Sudans vertrieben.

Tausende von Zivilisten wurden getötet, obwohl die Schätzungen über die Zahl der Todesopfer sehr unsicher sind. Beide Seiten werden beschuldigt, Kriegsverbrechen begangen zu haben. Beide Seiten weisen die gegen sie erhobenen Vorwürfe weitgehend zurück. 

Kämpfe am Jahrestag

Auch am Jahrestag des Konflikts kam es erneut zu Kämpfen zwischen der Armee und den RSF. In El-Fasher in Darfur wurden nach Angaben der sudanesischen Ärztegewerkschaft "sechs Tote und 61 Verletzte" gemeldet. Das örtliche Widerstandskomitee, das Teil einer landesweiten pro-demokratischen Organisation ist, die im ganzen Sudan Hilfe leistet, gab die Zahl der Opfer mit neun an.

mak/se (dpa, epd, rtr, afp)