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Politik

Bald ziemlich beste Freunde?

Daniel Pelz
14. November 2019

Früher dominierten Kriege und Konflikte die Beziehungen zwischen Sudan und Südsudan. Durch den Sturz von Langzeitmachthaber Omar al-Bashir könnte sich das ändern. Profitieren würden beide Seiten.

Sudans Premierminister und Südsudans Präsident beim Treffen in Juba
Sudans Premierminister Hamdok (links) mit Südsudans Staatschef KiirBild: picture-alliance/AP Photo/C. Lomodong

Der Besucher hatte ein besonderes Versprechen im Gepäck: "Wir wollen eine sehr strategische, sehr besondere Beziehung zwischen unseren beiden Nationen und dieser Beziehung sind keine Grenzen gesetzt", schwärmte Sudans Premierminister Abdalla Hamdok bei seinem Antrittsbesuch im Südsudan. Und legte nach: Die Hauptstadt Juba sei für ihn wie ein zweites Zuhause.

Seine Gastgeber dürften das gerne gehört haben. Eine besondere Beziehung hatten Sudan und Südsudan zwar immer schon, positiv war sie aber nur selten. Bis 2011 bildeten sie einen gemeinsamen Staat, der jahrzehntelang von einem blutigen Bürgerkrieg erschüttert wurde. Rebellen aus dem christlich-afrikanisch geprägten Süden kämpften gegen den muslimisch-arabischen Norden. Sudans gestürzter Machthaber Omar al-Bashir verkörpert diese Ära wie kein Zweiter. Der Ex-General, der sich 1989 an die Macht geputscht hatte, setzte lange auf militärische Gewalt statt auf Verhandlungen.

"Auf gutes Verhältnis angewiesen"

Sein Sturz könnte die erhoffte Wendung bringen. "Beide Länder sind eigentlich auf ein gutes Verhältnis mit dem jeweiligen Nachbarn angewiesen", sagt Marina Peter, Sudan-Expertin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt". 

Im Südsudan tobt seit 2013 ein blutiger BürgerkriegBild: Reuters/G. Tomasevic

Zum Beispiel um die zahlreichen Konflikte zu lösen. Im Südsudan kämpft eine Rebellenallianz um den früheren Vizepräsidenten Riek Machar gegen die Regierung des autoritären Präsidenten Salva Kiir. "Für Kiir ist nun wichtig, dass Oppositionsführer Riek Machar keine allzugroße Unterstützung aus dem Sudan mehr bekommt, vor allem in Form von Waffen", so Peter zur DW. Ex-Präsident Bashir wollte dagegen mithife Machars Zugang zu den lukrativen Ölvorkommen im Süden bekommen.

Auch im Sudan toben Konflikte, in die der Süden involviert ist. Zum Beispiel in den Nuba-Bergen: Historisch und kulturell fühlt sich die Region eher dem Süden zugehörig, die dort kämpfenden Rebellen haben enge Verbindungen nach Juba. Die besseren Beziehungen zeigen bereits Wirkung: "Beide Länder betätigen sich als Vermittler, um die Konflikte im jeweils anderen Land zu lösen - nicht zuletzt deswegen, weil sie großen Einfluss auf die dortigen Oppositionsbewegungen haben", sagt Rosalind Marsden, frühere EU-Sonderbeauftragte für den Sudan, zur DW.

Gegenseitige Vermittlung

In Juba laufen derzeit Friedensgespräche zwischen sudanesischen Rebellen und der Regierung. Südsudans Regierung fungiert als Vermittler. Ende Oktober ein erster Durchbruch: Beide Seiten einigten sich auf einen Waffenstillstand. Aktuell gebe es eine "goldene Möglichkeit", den Konflikt zu beenden, so Marsden.

Ex-Präsident al-Bashir hatte Sudan noch als Garantiemacht für das Friedensabkommen eingesetztBild: Getty Images/AFP/A. Shazly

Im Gegenzug hat sich die Regierung in Khartum noch zu Zeiten al-Bashirs als Garantiemacht für das Friedensabkommen im Südsudan bereit erklärt. Erst kürzlich trafen sich die Präsidenten Ugandas und des Sudan mit Salva Kiir und Riek Machar in Uganda, um die Bildung einer Einheitsregierung im Südsudan voranzubringen. "Das zeigt, dass auch die neue sudanesische Regierung ihre Verantwortung ernst nimmt und einen positiven Beitrag dazu leistet, dass Südsudan noch offene Fragen lösen kann", so Marsden.

Offene Grenzen, neue Chancen

Beide Seiten hoffen auch auf bessere Wirtschaftsbeziehungen: Der Sudan steckt in einer schweren Wirtschaftskrise. Steigende Lebesmittelpreise und die wachsende Inflation führten zu den Massenprotesten, die Präsident Bashir schließlich das Amt kosteten. Der Südsudan gehört ohnehin zu den ärmsten Ländern der Welt, nach sechs Jahren Bürgerkrieg ist die Lage dramatisch.

Proteste gegen steigende Preise hatten zum Aufstand gegen Präsident Bashir geführtBild: Reuters

Nun hoffen beide Länder, dass der Südsudan bald seine Ölexporte wieder aufnehmen kann. Die einzige Pipeline dafür fließt durch den Norden, der Sudan würde durch die anfallenden Nutzungsgebühren also ebenfalls profitieren. Und: "Man hofft, dass die Grenzen wieder geöffnet werden und Handel stattfinden kann", sagt Marina Peter von "Brot für die Welt". Ein Abkommen zwischen beiden Seiten sieht das eigentlich vor, wurde aber bisher nicht umgesetzt.

Wie groß die Hoffnungen derzeit sind, zeigt noch ein anderer Vorschlag: Einige Stimmen im Sudan und im Südsudan träumten sogar davon, langfristig eine Art Konföderation aus beiden Staaten zu bilden, so Peter. Eine solche Annäherung schien nach der mühsam erkämpften Unabhängigkeit 2011 eigentlich undenkbar. Ob aus dem Traum Wirklichkeit werden kann, hängt davon ab, wie stabil die neue Freundschaft zwischen den beiden alten Erzfeinden am Ende sein wird - und wie es im Sudan weitergeht. Denn die neue Regierung ist zunächst für eine dreijährige Übergangsperiode im Amt, bis Wahlen stattfinden sollen. Was danach kommt, ist unklar.