1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sudan: US-Sanktionen schaden vor allem der Zivilbevölkerung

27. Mai 2025

Wegen des Einsatzes chemischer Waffen wollen die USA Sanktionen gegen den Sudan verhängen. Damit reagieren sie auf die Gräueltaten des Krieges. Von dem derweil ernannten Premier erwarten Experten nur wenig.

Sudanesische Geflüchtete aus Zamzam stehen in einem Feldlager für Nahrung an
Die sudanesische Zivilbevölkerung droht unter den US-Sanktionen am meisten zu leidenBild: AFP

Die Vereinigten Staaten werden neue Sanktionen gegen den faktischen Führer des Sudan, General Abdel-Fattah Burhan, den Kommandanten der sudanesischen Streitkräfte (SAF), verhängen. Das teilte das US-Außenministerium am Donnerstag in einer Erklärungmit. Den SAF wirft es vor, im Jahr 2024 chemische Waffen gegen ihre Gegner, die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF), eingesetzt zu haben.

Im Januar hatte die The New York Times berichtet, das sudanesische Militär habe zweimal Chlorgas gegen RSF-Kämpfer eingesetzt. Das ist nach internationalem Recht verboten.

Allerdings enthielten weder der Artikel noch die US-Erklärung nähere Informationen zur Frage, wo, wann und wie die angeblichen Chemiewaffen eingesetzt worden waren.

Die Sanktionen sollen am 6. Juni in Kraft treten. Sie umfassen Einschränkungen für US-Exporte in den Sudan. Zudem sperren sie den Zugang zu Kreditlinien der US-Regierung.

Nach Angaben des Büros des US-Handelsbeauftragten beliefen sich die US-Ausfuhren in den Sudan im Jahr 2024 auf 56,6 Millionen Dollar (59,8 Millionen Euro). Das entspricht einem leichten Anstieg gegenüber 2023.

Angaben des US Foreign Assistance Bureau zufolge, gewährten die USA dem Sudan im Jahr 2024 insgesamt 790 Millionen US-Dollar (694 Millionen Euro). Der größte Teil, nämlich 750 Millionen US-Dollar, wurden für humanitäre Hilfe bereitgestellt.

Ein Offizier der sudanesischen Armee inspiziert ein entdecktes Waffenlager der RSF-MilizBild: AP/dpa/picture alliance

Allerdings hat die US-Regierung unter Donald Trump bereits zu Beginn dieses Jahres die Ausgaben für die Auslandshilfe für den Sudan gekürzt. Dadurch werden Auswirkungen der neuen Sanktionen begrenzt.

Sanktionen: geringe Auswirkungen auf das Militär

Die neuen Sanktionen zielen in erster Linie auf die Wirtschaft und den humanitären Sektor. Weniger dürften sie sich dagegen auf das Militär auswirken. Die Not der Zivilbevölkerung allerdings werden sie voraussichtlich vergrößern. Seit Beginn des Krieges im April 2023 erleidet die sudanesische Bevölkerung die schlimmste humanitäre Krise weltweit.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden bis zu 13 Millionen Menschen vertrieben. Große Teile der Bevölkerung stehen am Rande einer Hungersnot.

Die UN-Organisation UN Women warnte außerdem, die meisten Vertriebenen seien sudanesische Frauen und Mädchen. Sie seien auch am stärksten von sexueller Gewalt und den weit verbreiteten Vergewaltigungen betroffen.

Angesichts der anhaltenden Kämpfe ist es nach wie vor unmöglich, die genaue Zahl Todesopfer zu bestimmen. Schätzungen zufolge sind jedoch rund 150.000 Menschen gestorben.

Wiederholte Sanktionen

Es ist nicht das erste Mal, dass gegen die Kriegsparteien im Sudan Sanktionen verhängt werden. In der jüngeren Vergangenheit konnten diese den Krieg jedoch weder aufhalten noch in seinem Verlauf verändern.

Im Januar verhängte die scheidende US-Regierung unter Präsident Joe Biden Sanktionen gegen die kriegführenden Generäle.

Kein Friede in Sicht. Zwei Jahre Krieg im Sudan

26:04

This browser does not support the video element.

Zunächst sanktionierte sie die paramilitärische RSF unter der Führung von General Mohamed Hamdan Dagalo - auch unter dem Namen Hemedti bekannt -, nachdem ihr Völkermord und schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen worden waren.

Eine Woche später, im Januar, verhängte die Regierung Biden auch Sanktionen gegen die SAF unter General Abdel-Fattah Burhan. Ihm wirft das Weiße Haus Kriegsverbrechen wie tödliche Angriffe auf Zivilisten und die Untergrabung des Ziels eines demokratischen Übergangs vor.

Doch trotz des Embargos würden weiterhin Waffen in den Sudan geliefert, sagt die Sudan-Expertin Hager Ali vom Hamburger Think Tank GIGA Institute for Global and Area Studies. "Selbst die erhöhte internationale Aufmerksamkeit für die völkermörderischen Kampagnen der RSF hatte keinen spürbaren Einfluss auf die Schwere der Angriffe auf die Zivilbevölkerung." 

Darum sei es auch zweifelhaft, dass die neu verhängten Wirtschaftssanktionen den Konflikt verlangsamen könnten. "Wir müssen davon ausgehen, dass sich beide Seiten bereits darauf eingestellt haben, sanktioniert zu werden", so Ali.

Rückkehr zu einer Übergangsregierung?

Unterdessen droht sich das Land weiterhin in zwei Teile zu spalten. Im März unterzeichnete die paramilitärische RSF eine Charta zur Bildung einer "Regierung des Friedens und der Einheit" in Darfur und, in Zusammenarbeit mit ihren Verbündeten, in Teilen des Südens.

Gleichzeitig kündigte die SAF einen "Fahrplan für den Frieden" für die von ihr kontrollierten Gebiete im Zentrum, Norden und Osten an. Ebenfalls im März eroberte die SAF die Landeshauptstadt Khartum zurück. Zwei Monate später erklärte SAF-Sprecher Nabil Abdallah, der gleichnamige Bundesstaat Khartum sei völlig frei von Rebellen.

Diese Ankündigung erfolgte einen Tag, nachdem der Kommandant der SAF, General Burhan, den 71-jährigen UN-Diplomaten Kamil al-Taib Idris zum neuen sudanesischen Premierminister ernannt hatte. Idris hat nun die Aufgabe, die Übergangsregierung des Landes zu bilden.

"Marionette der SAF"? Der neue sudanische Premier Kamil IdrisBild: Gerhard Leber/IMAGO

"Seit der so genannten Befreiung Khartums vor zwei Monaten überlegen die SAF, wie sie ihre Regierungsfähigkeit unter Beweis stellen und die Kontrolle über den Zentralsudan festigen können ", sagt der sudanesische Politikanalyst Hamid Khalafallah der DW.

Die SAF wolle diese technokratische Fassade, um vor der internationalen Gemeinschaft Glaubwürdigkeit und Legitimität zu erlangen, so Khalafallah. "Der neue Premierminister wird nichts anderes sein als eine Marionette der SAF".

Unterdessen haben die Arabische Liga - eine Gruppe von 22 Ländern - und die Afrikanische Union - ein kontinentales Gremium von 55 Mitgliedsstaaten - die Ernennung als "wichtigen Schritt zur Wiederherstellung der Arbeit der nationalen zivilen Institutionen" und "einen Schritt in Richtung einer integrativen Regierungsführung" begrüßt.

Der sudanesische Politologe Mohamed Abdelaziz sieht die Ernennung des sudanesischen Premierministers erheblich nüchterner. "Wir dürfen nicht vergessen, dass beide Seiten den demokratischen zivilen Übergang im Sudan gestört haben."

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

Krieg im Sudan - Die vergessene Katastrophe

28:35

This browser does not support the video element.

Jennifer Holleis Redakteurin und Analystin mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika.