1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sudan: Verfassung mit Makeln

Ahmad Hissou9. Juli 2005

Nach mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg hat der Sudan nun eine Verfassung - zunächst für sechs Jahre. Auch wenn das neue Hoffnungen auf Frieden in Darfur weckt: Es bleiben Kritikpunkte.

Sudanesen feiern John GarangBild: dpa

Das Parlament hat die Verfassung bereits am Mittwoch (6.7.2005) einstimmig angenommen - am Samstag tritt sie in Kraft, zunächst für sechs Jahre. John Garang, Anführer der sudanesischen Volksbefreiungsbewegung, wird als Erster Stellvertreter des sudanesischen Präsidenten Umar al-Baschir vereidigt und mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet werden.

Immunität gefährdet Aufklärung

Sudan: Präsident und Vize-Präsident, Omer el Bashir und John GarangBild: AP

Trotz allem Positivem gibt es auch Stimmen, die in der Vereinbarung den Kern neuer Konflikte sehen. Amnesty International (AI) kritisiert, dass die neue Verfassung Regierungsmitgliedern weitgehende Immunität zugesteht. Vor dem Hintergrund, dass mehrere hochrangige Politiker Verbrechen in der Krisenregion Darfur verdächtigt werden, sei dies sehr besorgniserregend, sagte der Direktor des AI-Afrika-Programms, Kolawole Olaniyan. Entgegen einem früherem Entwurf lässt die neue Verfassung weiterhin Auspeitschen und Amputationen als Strafen zu. Die Todesstrafe wurde nicht abgeschafft.

"Ungerechte Sitzverteilung"

Der schillernde islamische Oppositionelle Hasan al-Turabi - erst am 30. Juni 2005 aus der Haft entlassen - hatte schon vor der Abstimmung über die Verfassung die Legitimität des Parlaments bezweifelt: "Dieses Parlament ist ohne Konkurrenten gewählt worden. Es repräsentiert nicht das Volk, die Macht des Volkes und die Demokratie."

Ungerecht sei auch die Machtverteilung in den künftigen Regierungsinstitutionen, die laut Übergangsverfassung in den nächsten drei Jahren entstehen sollen: 52 Prozent erhält die derzeitige Regierungspartei des Präsidenten al-Baschir, 28 Prozent die Volksbefreiungsbewegung unter Führung von John Garang. Die Parteien aus dem Norden Sudans sollen jedoch nur mit 14 Prozent vertreten sein.

Erste Wahlen 2008

Und einige Regionen mit Konfliktpotenzial werden in dem Abkommen überhaupt nicht berücksichtigt. "Die Region der Nubischen Berge ist nicht repräsentiert, genauso wenig wie der Blaue Nil, Darfur und der Osten", erklärt der in Deutschland lebende Afrika-Experte Fuad Ibrahim. "Dies wird zu Störungen führen und einen Frieden im Sudan erschweren."

Der namhafte sudanesische Journalist Osman al-Mergani sieht dagegen durchaus Chancen für sein Land in der kommenden Übergangszeit: "Das Ziel des Abkommens ist, dass die beiden Hauptparteien die Verwaltung des Landes in den ersten drei Jahren übernehmen. Danach wird es Wahlen geben, und es kann durchaus sein, dass die beiden Parteien aus der Regierung verschwinden und andere die Macht übernehmen."

Islamisches Recht nur im Norden

Doch es gibt noch einen anderen Punkt in der Übergangsverfassung, der auf Unmut stößt. John Garang hatte akzeptiert, dass in den Nordprovinzen die Scharia, das islamische Gesetz, angewendet werden soll. Der Süden hingegen wird weiterhin säkular bleiben. Aber: "Im Norden des Sudan leben Millionen Menschen, die keine Muslime sind", sagt Fuad Ibrahim. "Dies wird in der Zukunft zu Konflikten führen."

Der Journalist al-Mergani hingegen glaubt, dass die Übergangsverfassung für all diese möglichen Probleme eine Lösung biete: "Das Gesetz gibt den Provinzen die Freiheit, andere legislative Regelungen einzuführen oder hinzuzufügen. Bedingung dafür ist nur, dass dies so im Legislativrat der jeweiligen Provinz mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen wird."

Garang als Garant für Frieden?

Nicht für alle wird es automatisch besser: Flüchtlingslager in der Provinz DafurBild: dpa

Laut Übergangsverfassung wird Ex-Rebellenführer John Garang nicht nur Stellvertreter des sudanesischen Präsidenten und gleichzeitig Präsident der Südregion werden. Außerdem wird ihm ein Vetorecht eingeräumt bei allen Beschlüssen, die der sudanesische Präsident al-Baschir erlassen wird. Dies wird von vielen Seiten positiv bewertet, da Garang bei den Oppositionsparteien und den Rebellen, insbesondere in Darfur, hohes Ansehen genießt. Das könnte den Frieden in Darfur beschleunigen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen