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Politik

Sudans Militär setzt Präsident Al-Baschir ab

11. April 2019

Nach monatelangen Protesten gibt es einen Machtwechsel im Sudan. Das Militär enthob Präsident Omar al-Baschir des Amtes und setzte ihn fest. Zugleich übernehmen die Streitkräfte die Macht, zunächst für zwei Jahre.

Sudan Omar Al-Bashir
Bild: Reuters/M. N. Abdallah

Die überraschende Wende im Sudan gab Verteidigungsminister Awad Ibn Auf in einer mit Spannung erwarteten Fernsehansprache bekannt. Nach seinen Angaben nahm das Militär den seit 30 Jahren herrschenden Staatschef Omar al-Baschir (Artikelbild) fest und brachte ihn an einen sicheren Ort. Ein Militärrat übernahm demnach die Macht. Es werde eine von den Streitkräften geführte zweijährige Übergangsphase geben, nach der eine Wahl stattfinden soll, so der Minister. Er verkündete zudem einen Ausnahmezustand für drei Monate. Die Verfassung aus dem Jahr 2005 sei außer Kraft gesetzt worden.

"Die Menschen im Sudan haben so viel unter dem Regime gelitten", sagte Ibn Auf, der auch das Amt des Vizepräsidenten innehat. Das Regime habe stets gelogen und falsche Versprechungen gemacht. Die Grenzen und der Luftraum des ostafrikanischen Landes bleiben demnach bis auf Weiteres geschlossen; für das ganze Land, einschließlich der Krisenregion Darfur, gilt ab sofort eine Waffenruhe.

Das Regime ist gefallen"

Schon vor der Erklärung des Verteidigungsministers hatten sich in der Hauptstadt Khartum große Menschenmengen in Erwartung eines Machtwechsels versammelt. Die Menschen schwenkten sudanesische Flaggen, umarmten einander und verschenkten Süßigkeiten, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete. "Das Regime ist gefallen", skandierten Demonstranten vor den Toren des Armee-Hauptquartiers, in dem sich auch die Residenz des Präsidenten und das Verteidigungsministerium befinden.

Al-Baschir hatte sich 1989 mithilfe von Islamisten an die Macht geputscht. Seitdem regierte er den Sudan mit harter Hand. Gegen ihn besteht seit Jahren ein internationaler Haftbefehl wegen Völkermordes. In der Provinz Darfur wurden nach UN-Angaben in den Jahren seit 2003 im Konflikt zwischen Regierung und Rebellen 300.000 Menschen getötet.

Massenproteste zeigen Wirkung

Seit Monaten demonstrieren Zehntausende gegen den autoritären Staatschef. Ausgelöst wurden die Demonstrationen durch die schwere Wirtschaftskrise. Doch die Kundgebungen richteten sich zunehmend gegen den 75 Jahre alten Langzeitpräsidenten selbst. Die Proteste spitzten sich seit dem Wochenende zu.

Eine Sudanesin spricht zu den Demonstranten in der Hauptstadt KhartumBild: Getty Images/AFP

Tausende Menschen versammelten sich täglich zu einer Sitzblockade vor der Zentrale der Streitkräfte, die auch gleichzeitig die Residenz von Al-Baschir ist. Sicherheitskräfte gingen teilweise mit scharfer Munition vor und töteten einem Ärzteverband zufolge mindestens 21 Menschen. Dabei stellten sich Angaben aus Khartum zufolge auch Teile der Streitkräfte auf die Seite der Demonstranten und lieferten sich Schusswechsel mit Sicherheitskräften.

Opposition will Übergangsregierung

Die "Sudanese Professional Association" (SPA), die zu den Protesten aufgerufen hatte, forderte die Schaffung einer zivilen Regierung. "Wir versichern, dass Sudans Volk nichts Geringeres akzeptieren wird als eine zivile Übergangsregierung, bestehend aus patriotischen Experten, die nichts mit dem tyrannischen Regime zu tun hatten", teilte die Vereinigung am Donnerstag mit. Der Freiheitskampf sei von "Blut, Schweiß und Tränen" begleitet gewesen und dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden. Die SPA ist eine Vereinigung von regimekritischen Berufsverbänden und besteht unter anderem aus Ärzten, Anwälten, Lehrern und Journalisten.

Demonstranten in Khartoum feiern die Absetzung Al-BaschirsBild: picture-alliance/AP Photo

Derweil meldet die amtliche Nachrichtenagentur SUNA unter Berufung auf den Geheimdienst NISS, alle politischen Gefangenen sollten freigelassen werden. Es blieb zunächst offen, wie viele Häftlinge davon betroffen sein werden und wie schnell sie freigelassen werden sollen. Demonstranten stürmten in zwei Städten im Osten des Landes Gebäude der mächtigen Behörde, wie Augenzeugen berichteten. Erst am Wochenende waren während der Proteste gegen die Regierung Al-Baschirs rund 2500 Menschen festgenommen worden.

Afrikanische Union verurteilt Militärputsch

Die Afrikanische Union (AU) kritisierte den Militärputsch und die Absetzung Al-Baschirs. Die Machtübernahme der Streitkräfte sei eine "nicht angemessene Antwort" auf die Herausforderungen im Sudan, erklärte AU-Kommissionschef Moussa Faki Mahamat. Zudem rief er alle Beteiligten dazu auf, die Rechte der Bürger sowie die der Ausländer im Land zu respektieren.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen begrüßte Al-Baschirs Absetzung. Dies sei eine Chance für das Land, "einen Übergang in eine demokratische Regierungsform zu finden und befriedet zu werden", sagte die CDU-Politikerin am Rande eines Auftritts vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Das Gremium wird sich am Freitag mit der Situation im Sudan befassen.

Das Land ist einem UN-Index zufolge einer der 25 ärmsten Staaten der Welt. Bis zur Abspaltung des Südsudans war die Wirtschaft stark vom Öl abhängig, das der Weltbank zufolge die Hälfte der Staatseinnahmen und 95 Prozent der Exporte ausmachte. Doch 2011 verlor der Sudan die meisten Ölfelder. 2019 wird dem Internationalen Währungsfonds zufolge mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung von 2,3 Prozent gerechnet. In dem Land im Nordosten Afrikas leben rund 40 Millionen Menschen.

kle/hk (dpa, afp, rtr, epd)

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