1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Suezkanal nach Havarie weiter blockiert

26. März 2021

Die Bergung des im Suezkanal seit Tagen feststeckenden Containerschiffs Ever Given dürfte sich über das Wochenende hinaushinziehen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Blockade sind bereits spürbar.

Ägypten Suezkanal - Containerschiff Ever Given blockiert
Das von der Evergreen Marine betriebene Schiff "Ever Given"steckt seit Dienstag (23.3.) festBild: Suez Canal Authority via Egyptian Cabinet Facebook Page/dpa/picture alliance

Die Arbeiten, um das Container-Frachtschiff wieder flott zu bekommen, sollen etwa eine Woche, möglicherweise auch länger dauern, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag. Die Agentur berief sich auf namentlich nicht genannte Quellen. Seit Dienstag blockiert die 400 Meter lange Ever Given den Suezkanal, eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt.

Dass die Blockade noch Wochen andauern werde, befürchten auch zugezogene Bergungsteams. Dies sei nicht auszuschließen, sagte der Chef der Firma Bos, Peter Berdowski, dem Sender Nieuwsuur am Donnerstag. Bug und Heck des 400 Meter langen Schiffes seien an den Seiten des Kanals hochgedrückt worden. Die Ever Given sei damit "wie ein riesiger gestrandeter Wal".

Die ägyptische Suezkanal-Behörde machte zur möglichen Dauer der Arbeiten keine Angaben. Die Schifffahrt auf dem Kanal ist bis auf weiteres eingestellt. Bis zum späten Donnerstagnachmittag (25.03.2021) stauten sich mehr als 200 Schiffe auf beiden Seiten des Kanals. Nach Berechnungen von Lloyds List in London beläuft sich der Wert der Waren an Bord dieser Schiffe auf rund zehn Milliarden Dollar. 

Verantwortliche der ägyptischen Suezkanal-Behörde machen sich an Ort und Stelle ein Bild von LageBild: Suez Canal Authority/AP/picture alliance

Schwierige Bergung

Berdowski zufolge lastet das enorme Gewicht des Schiffes auf dem Sand auf beiden Seiten des Kanals. "Möglicherweise müssen wir mit einer Kombination aus Gewichtsreduzierung arbeiten, indem wir Container, Öl und Wasser vom Schiff holen, Schlepper einsetzen und Sand ausbaggern", sagt er.

Der japanische Eigner Shoei Kisen entschuldigte sich für den Vorfall und räumte ein, dass sich die Arbeiten "extrem schwierig" gestalteten. Dennoch hofft der Eigentümer, das Schiff an diesem Wochenende freizubekommen. Sollte dies nicht klappen, sei geplant, am Sonntag zwei weitere Schlepper einzusetzen. 

Eine mit dem Vorgang vertraute Person warnte vor weiteren Verzögerungen, sollte ein Teil der Ladung von Bord geholt werden müssen. Am Sonntag werde eine höhere Flut erwartet, die möglicherweise bei der Bergung helfen könne.

Ölhandel gerät ins Stocken

Am Ölmarkt bleibt die Blockade nach der Havarie weiter das bestimmende Thema. Zahlreiche Schiffe, unter ihnen auch mit Rohöl beladene Tanker, stecken wegen des festgefahrenen Frachters im Stau und warten auf die Weiterfahrt. Die weltgrößte Container-Reederei Maersk prüfte nach eigenen Angaben, ob sie ihre Schiffe um die Südspitze Afrikas schicken sollte bei einer zusätzlichen Fahrdauer von bis zu sechs Tagen.

Der Suezkanal zählt zu den wichtigsten Wasserstraßen der Welt und ist auch für den Ölhandel von hoher Bedeutung. Der Schiffsstau sorgte für Unsicherheit am Ölmarkt. Im Verlauf der Handelswoche war es teilweise zu starken Schwankungen beim Preis für Rohöl gekommen.

So sind die seit einiger Zeit ohnehin volatilen Ölpreise zum Wochenschluss erneut gestiegen. Ein Barrel (159 Liter) Nordseeöl der Sorte Brent kostete am Freitagmorgen 62,71 US-Dollar. Das waren 76 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass amerikanisches Rohöl der Marke West Texas Intermediate (WTI) stieg um 81 Cent auf 59,37 Dollar.

"Noch Monate auf Trab halten"

Durch den Kanal werden etwa 30 Prozent des weltweiten Containervolumens verschifft und etwa zwölf Prozent aller Waren. "Jeder Hafen in Westeuropa wird das merken", sagte ein Sprecher für den Hafen von Rotterdam, der größte in Europa. Besonders betroffen dürften Russland und Saudi-Arabien sein, die beiden Staaten, die am meisten Öl durch den Kanal schicken. Indien und China sind dagegen die größten Importeure, teilten Analysten von Vortexa mit.

Die deutsche Industrie fürchtet wegen der Sperrung des Suez-Kanals schon bald mögliche Versorgungsengpässe. "Die bereits stockenden maritimen Lieferketten zwischen Asien und Europa drohen vollständig zum Erliegen zu kommen", sagte Holger Lösch aus der Geschäftsführung des Industrieverbandes BDI am Freitag. Die Umleitung des Schiffsverkehrs über Südafrika und das Kap der Guten Hoffnung sei wegen der volatilen Ölpreise und der rund eine Woche längeren Transportzeit extrem teuer. "Derzeit sind keine Alternativen in Sicht, um Waren und Güter kurzfristig wieder auf Kurs zu bringen."

Schon eine einwöchige Verzögerung sei problematisch, etwa für die Automobilindustrie. "Sobald die Blockade gelöst sein wird, kommen Staus auf Europas Häfen zu." "Das wird uns noch mindestens ein, zwei Monate auf Trab halten", sagte auch der Lieferketten-Experte Joachim Schaut vom Logistikdienstleister DB Schenker.

Europas größter Versicherer Allianz geht in einer Studie davon aus, dass eine anhaltende Blockade des Suez-Kanals jede Woche sechs bis zehn Milliarden Dollar kosten würde.  

dk/hb (rtr, dpa, afp)

Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen