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Politik

Syrien-Angriff: Verständnis und Kritik

Kay-Alexander Scholz
14. April 2018

Das politische Berlin reagierte umgehend auf die Raketen-Angriffe in Syrien. Angela Merkel zeigte Verständnis für das militärische Vorgehen. Das sehen nicht alle Parteien in Deutschland so.

Berlin Kanzleramt von außen
Bild: picture-alliance/blickwinkel/McPHOTO

Wenige Stunden nach dem gemeinsamen Raketen-Angriff in Syrien äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den Geschehnissen der Nacht. Vor kurzem hatte sie noch einmal die deutsche Haltung klar gemacht, dass keine deutsche Beteiligung an einem militärischen Vorgehen in Syrien geben werde. Was aber nicht heißt, dass Deutschland eine militärische Antwort nicht für richtig heiße.

Merkel will keine militärische Beteiligung DeutschlandsBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Entsprechend fiel auch Merkels jetzige Antwort aus: "Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben. Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen." Weiter hieß es in der schriftlichen Stellungnahme: Das Vorgehen habe zum Ziel, "die Fähigkeit des Regimes zum Chemiewaffeneinsatz zu beschneiden und es von weiteren Verstößen gegen die Chemiewaffenkonvention abzuhalten".

Außenminister Heiko Maas hofft auf eine Wiederbelebung des Genfer FriedensprozessesBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Außenminister Heiko Maas (SPD) kündigte in einer Erklärung am Abend verstärkte diplomatische Bemühungen für ein Ende des Bürgerkriegs an. Deutschland wolle sich gemeinsam mit Frankreich für die Schaffung eines "internationalen Formates einflussreicher Staaten" einsetzen, das dem politischen Prozess "neue Schlagkraft" gebe, sagte Maas in Berlin. Erste Ziele seien eine landesweite dauerhafte Waffenruhe sowie ein humanitärer Zugang zur Zivilbevölkerung. Der politische Prozess zur Beilegung des blutigen Konflikts brauche jetzt einen "neuen Schub", betonte Maas. Bislang hätten die internationalen Verhandlungen in Genf, Astana und Sotschi eine politische Lösung nicht "nachhaltig vorangebracht". Deutschland wolle sich fortan "noch aktiver als bisher" an den Bemühungen für ein Ende des Bürgerkriegs beteiligen. Ähnlich äußerte sich die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Es müsse alles getan werden, "um Genf wieder zu beleben", sagte von der Leyen in einem Statement. 

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer: "Die Diplomatie ist erschreckend erfolglos"Bild: picture alliance/dpa/S. Stein

Ähnlich äußerte sich die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer gegenüber der DW. "Es war ein begrenzter, kalkulierter Militärschlag, der Assad und seinen Verbündeten zeigen sollte, dass Giftgasangriffe gegen das eigene Volk nicht einfach hingenommen werden", verteidigte die FDP-Generalsekretärin Nicole Beer das Vorgehen der USA, Frankreich und Großbritannien. Allerdings könne so der Krieg in Syrien nicht beendet werden. "Das Gemetzel in Syrien kann aber nur durch Diplomatie beendet werden. Die allerdings ist erschreckend erfolglos."

Aus der FDP kamen in den letzten Tagen die einzigen Stimmen aus den Reihen der Bundestagsparteien, die Merkels zurückhaltenden Syrien-Kurs kritisierten. So hatte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Alexander Graf Lambsdorff gesagt: "Sollten unsere Partner Unterstützung brauchen und eventuell anfordern, dann sollte das zumindest nicht von vorneherein ausgeschlossen sein."

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch: Deeskalation ist das Gebot der StundeBild: picture alliance / Wolfgang Kumm/dpa

Deutliche Kritik kam von der Linkspartei. Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, verurteilte der Angriff im DW-Interview deutlich. "Er ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht (…) unabhängig davon, was zuvor passiert ist", so Bartsch. "Es gibt dafür keine rechtliche Grundlage - die Bundesregierung sollte genau das auch politisch vertreten." Bartsch zeigt kein Verständnis für die möglichen militärischen Ergebnisse des Angriffs und blickt vielmehr auf die möglichen Folgen für die Situation in der Region. "Mir soll mal jemand erklären, was sich mit diesem Angriff geändert hat", sagte Bartsch. "Aber die Eskalationsspirale ist weiter gedreht worden, die Kriegsgefahr steigt." Deshalb seien jetzt Deeskalation und Diplomatie das Gebot der Stunde, forderte Bartsch. Die Bundesregierung solle nun "auf Zurückhaltung aller hinarbeiten und auf die konsequente Einhaltung des Völkerrechts drängen".

 

AfD-Chef Gauland: Der Angriff war "voreilig"Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Der Angriff sei voreilig gewesen, kritisiert der Chef der "Alternative für Deutschland" in einem schriftlichen Statement gegenüber der DW. Weiterhin fehlten "handfeste Beweise für einen Giftgasangriff auf Duma". Über einen solchen "Vergeltungsschlag" hätte man erst nachdenken können, so Gauland weiter, "wenn feststeht, dass es sich um ein Giftgas handelte und Assad verantwortlich ist."

Grünen-Politiker Omid Nouripour: "Da wollen wir Auskunft"Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Merkels Position sei "gewohnt halbherzig" nach dem Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass". Das sei "keine gute Außenpolitik für Deutschland", so Gauland.

Die Grünen haben die Bundesregierung zu mehr Engagement aufgefordert. "Die Bundesregierung hat vernünftigerweise schnell ausgeschlossen, dass Deutschland sich militärisch beteiligt. Aber Merkel hat bereits am Sonntag zu Recht gesagt: 'Es braucht eine Antwort.'", sagte der Grünen-Politiker Omid Nouripour in einem Interview mit der DW. "Wie diese Antwort aussieht, hat die Bundesregierung noch nicht weiter dargelegt. Das ist einfach zu wenig. Da wollen wir Auskunft."

Gleichzeitig warnte Nouripour vor einer Eskalation der Lage: "Völkerrechtlich ist der Militärschlag ohne Grundlage, was immenses Eskalationspotenzial bedeutet. Und es wurde auch nicht eine umfassende Bewertung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) abgewartet."

Unterstützung für das Vorgehen und die Haltung der Bundesregierung kam von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der außenpolitische Sprecher der Fraktion, Jürgen Hardt, sagte in einem schriftlichen Statement, der Einsatz sei richtig gewesen. Seine Fraktion, so Hardt, fordere Russland auf, "endlich eine vollständige Untersuchung des Giftwaffeneinsatzes durch die Chemiewaffen-Organisation zuzulassen". Russland müsse  außerdem seinen "Einfluss auf Assad nutzen, um ihn zur Herausgabe aller seiner Chemiewaffen-Bestände zu zwingen." Denn offensichtlich habe Assad Teile seiner Chemiewaffen bei der früheren Vernichtungsaktion der Vereinten Nationen verborgen. Eine dauerhafte Lösung des Konflikts aber, so Hardt weiter, könne es nur am Verhandlungstisch geben.

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