Friedensappelle des Papstes
6. September 2013 Es deutet sich an, dass Papst Franziskus eine herausragendere Rolle auf der internationalen Bühne spielen will als sein Vorgänger Benedikt XVI. Beleg dafür sind seine wiederholten, geradezu inständigen Appelle für eine Lösung auf dem Verhandlungsweg im Syrienkonflikt und sein Aufruf, am Samstag (7.9.2013) für Syrien zu beten und zu fasten.
Vorbild für den Fastentag ist das Friedensgebet, das Franziskus' Vorvorgänger Papst Johannes Paul II. am Aschermittwoch 2003 für einen Frieden im Irak abgehalten hatte. "Möge auf der ganzen Welt ein lauter Schrei nach Frieden aufsteigen“, sagte Franziskus bei seiner Generalaudienz in dieser Woche vor über 50.000 Menschen auf dem Petersplatz in Rom. Er lud auch Gläubige anderer Religionen ein, sich an dem Gebetstag zu beteiligen: "Schon jetzt danke ich den christlichen Brüdern, den Brüdern von anderen Religionen und allen Männern und Frauen guten Willens, die sich diesem Moment auf ihre je eigene Art anschließen wollen.“
Doch Franziskus Engagement reicht weiter. Beim Angelus-Gebet setzte er sich für eine friedliche Welt ein: "Nie wieder Krieg", verlangte er. Die Konfliktparteien in Syrien rief er auf, "der Stimme des eigenen Gewissens zu folgen und blinde Konfrontation zu überwinden." Franziskus appellierte an die internationale Gemeinschaft, mehr humanitäre Hilfe für die syrischen Flüchtlinge zu leisten. Der Bevölkerung zu helfen, sei der direkteste Beitrag für eine Befriedung, so der Pontifex - neben allen diplomatischen Bemühungen.
In einem Brief an die Teilnehmer des G-20-Gipfels in Sankt Petersburg rief Franziskus dazu auf, ein weiteres Massaker in Syrien zu verhindern. Es gebe keine militärische Lösung des Konflikts, heißt es in dem an Russlands Präsident Wladimir Putin adressierten Schreiben. Es brauche einen entschlossenen neuen Anlauf für eine friedliche Lösung durch Dialog und Verhandlungen, unterstrich Franziskus.
Papst-Brief an Russlands Präsident Putin
Während die USA Verbündetee für einen Militärschlag gegen das Assad-Regime suchen, laufen die Verhinderungsbemühungen des Vatikan auf Hochtouren. Noch an diesem Donnerstag versammelte der Papst das Diplomatische Corps, um offiziell über seine Friedensinitiative zu informieren. Territoriale Integrität, der Schutz von Minderheiten und die Gleichheit aller Bürger sind nach Angaben von Papstsprecher Federico Lombardi zentrale Kriterien des Heiligen Stuhls im Syrien-Konflikt. Es gehe darum, die Gewalt rasch zu beenden und eine Verhandlungslösung unter den Konfliktparteien mit internationaler Unterstützung zu finden. Die Opposition in Syrien müsse den Einfluss von Extremisten und Terroristen in ihren Reihen einschränken. Wörtlich schrieb der Papst: "An alle anwesenden Staatschefs, an jeden einzelnen von ihnen, richte ich eine Bitte aus tiefstem Herzen: Finden Sie einen Weg, den Konflikt zu lösen und legen sie das sinnlose Streben nach einer militärischen Lösung beiseite."
Anruf des Papstes bei Assad?
Die diplomatischen Drähte des Vatikan glühen. Irritationen und Hoffnungen lösten am Donnerstag Spekulationen über direkten Kontakt des Pontifex zum syrischen Präsidenten Baschar al- Assad aus. Die argentinische Zeitung Clarin berichtete in ihrer Online-Ausgabe von einem Anruf des Papstes in Damaskus und berief sich auf "Quellen im Vatikan". Jorge Bergolio habe Assad gebeten, die Unterdrückung und Bekämpfung der Rebellen zu stoppen und ihnen gegenüber eine versöhnliche Haltung einzunehmen. Völlig abwegig klingt das nicht. Freilich dementierte Vatikansprecher Federico Lombardi die vermeintliche Sensationsnachricht umgehend.
Zur diplomatischen Offensive des Papste gehörten, wie Clarin weiter schreibt, sogar Einflußversuche des Papstes im Weißen Haus. Im Vatikan wird es Obamas Kabinettschef Denis McDonough – ein praktizierender Katholik - zugeschrieben dass US-Präsident Obama den Angriff verschoben hat, bis der amerikanische Kongress zustimmt.
Deutsche Bischöfe stehen hinter dem Papst
In Deutschland schloss sich die Deutsche Bischofskonferenz der päpstlichen Initiative an. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der auch Militärbischof der Bundeswehr ist, warnte vor einem Militärschlag in Syrien. Der Deutschen Welle sagte er, "Die Folgen werden verheerend sein – zunächst für die Zivilbevölkerung. Daneben sind die Folgen für das Miteinander der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und Religionsgemeinschaften im Nahen und Mittleren Osten unabsehbar - und zwar auf Dauer, weil doch die Frage ist, was kommt da politisch nach dem, was jetzt ist?"
Was kann ein weltweiter Gebets- und Fastentag für Syrien bringen? Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hofft, dass der Aktionstag "auch dazu beiträgt, dass das militärische Eingreifen der Amerikaner verhindert wird", sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz im DW-Interview. "Der Glaube kann Berge versetzen, Fasten und Beten kann Frieden bringen."