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Politik

Syrien: Atomtäuschung

10. Juni 2011

Syriens Machthaber Baschar al-Assad hat sich nicht nur schwerer Menschrechtsrechtsverstöße schuldig gemacht, sondern auch die internationale Staatengemeinschaft getäuscht - meint Daniel Scheschkewitz in seinem Kommentar.

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Bild: DW

Der Atomreaktor nordkoreanischer Bauart kann keinen Schaden mehr anrichten. Die Anlage, die nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde auch zur Herstellung von waffenfähigem Plutonium geeignet gewesen sein könnte, besteht so nicht mehr. Israelische Kampfflugzeuge haben den Komplex Dair Alsur 2007 zerstört.

Trotzdem zeigt der jetzt bestätigte Verdacht, welchen Charakter das Regime von Baschar al-Assad hat. Nicht nur unterdrückt sein Machtapparat die anschwellende Demokratiebewegung im Lande, nach allem was wir wissen, auf besonders brutale Weise. Um seine Herrschaft zu zementieren, setzte der Assad-Clan offenbar auch auf die atomare Karte und die Kooperation mit Nordkorea, einem anderen Paria der internationalen Staatengemeinschaft. Syrien hat seine internationalen Verpflichtungen verletzt und muss vor den Sicherheitsrat. Eine Verurteilung haben bisher Russen und Chinesen durch ihr Veto verhindert. Doch auch in Moskau und Peking sollte man sich nicht länger einer Illusion hingeben. Syrien ist inzwischen kein Garant mehr für Stabilität im Nahen Osten, sondern ein Unsicherheitsfaktor von immer bedrohlicherem Ausmaß.

Daniel ScheschkewitzBild: DW

Dies zeigen die Grenzvorfälle auf den Golan-Höhen ebenso wie die durch die Massentötungen ausgelöste Fluchtbewegung aus dem Nordwesten des Landes in die angrenzende Türkei. Die Militäroffensive und die Repressalien des Sicherheitsapparats haben aus dem nordsyrischen Dschisr al-Schughur, wo sich die bisher nicht aufgeklärten Tötungen an Sicherheitskräften abspielten, inzwischen eine menschenleere Stadt gemacht. Syrien steht vor einem Bürgerkrieg, der zu einem Massenexodus führen könnte, mit unkalkulierbaren Konsequenzen nicht nur für den Nachbarn Türkei, sondern die ganze Region.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan war bis zuletzt einer der wenigen Politiker, auf die Baschar al-Assad noch hörte. Dessen bisher einzige Konzessionen seit Ausbruch der Demokratiebewegung waren eine Amnestie für die Muslimbruderschaft und die syrische Staatsbürgerschaft für bislang staatenlose Kurden. So wollte Syrien sich vor allem das Wohlwollen der türkischen Regierung sichern.

Doch auch in der Türkei wächst nun mit den grauenvollen Berichten der vor den Säuberungsaktionen der syrischen Armee über die Grenze geflohenen Menschen das Entsetzen über Assads menschenverachtende Politik. Regimegegner berichten davon, dass selbst Kinder ihres Lebens nicht mehr sicher sein können. Dutzende sollen seit Ausbruch der Unruhen ums Leben gekommen sein. Sie wurden im eigenen Haus erschossen, durch Granaten auf einen Schulbus getötet oder verschwanden in den Folterkellern des Regimes.

Die EU und die Vereinigten Staaten haben schon im Mai erste Strafmaßnahmen gegen Syriens Machthaber, darunter ein Einreiseverbot, beschlossen. Weitere Sanktionen könnten folgen. Dem Druck der internationalen Staatengemeinschaft sollten sich auch die Türkei und die Vetomächte Russland und China anschließen.

Das Argument, Assad bürge für Stabilität nach innen und Frieden nach außen, hat längst ausgedient. Selbst sein zeitweilig kooperatives Verhalten im Kampf gegen den internationalen Terrorismus entsprang reinem Machtkalkül. Wer jetzt noch die schützende Hand über den Despoten-Clan hält, hat die Zeichen der Zeit verkannt.

Autor: Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Klaus Dahmann

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