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Politik

Syrienkonflikt: Iran an den Rand gedrängt

Kersten Knipp | Emad Hassan
28. Januar 2019

Während sich Moskau und Teheran in Syrien entfremden, wächst die Nähe zwischen Russland und Israel. Beide Länder eint der Widerstand gegen eine iranische Präsenz in dem umkämpften Land. Teheran ist zunehmend isoliert.

Syrien  al-Rashidin Trümmer und Ruinen
Bild: Getty Images/AFP/A. Watad

Am vergangenen Samstag verkündete der israelische Minister für die Aufnahme von Einwanderern, Yoav Galant, einen diplomatischen Erfolg seiner Regierung. Sie habe einen Plan, die iranischen Truppen aus Syrien zurückzudrängen - und könne dabei auf russische Unterstützung rechnen.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Moskau und Teheran nähere sich ihrem Ende, erklärte er israelischen Medienberichten zufolge so: "So lange wie die Russen die Anti-Assad-Rebellengruppen bekämpfen mussten, betrachteten sie die Iraner und die Hisbollah als Partner", so Galant. Diese Situation habe sich nun aber geändert - mit der Folge, dass Moskau sich Tel Aviv zuwende. "Israel und Russland haben ein gemeinsames Interesse daran, die Iraner aus Syrien zu vertreiben", erklärte er. Einzelheiten des Plans nannte Galant nicht.

Russisch-israelische Partnerschaft

Russland hatte sich mit entsprechenden Stellungnahmen zunächst zurückgehalten. In den vergangenen Tagen hatte Moskau die Luftschläge Israels vom vorletzten Wochenende (19./20. Januar) gegen mutmaßlich iranische Stellungen in Syrien sogar kritisiert. "Die Praxis willkürlicher Luftschläge auf das Gebiet eines souveränen Staates - in diesem Fall reden wir über Syrien - sollte ausgeschlossen werden", sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zakharova. "Wir sollten niemals zulassen, dass Syrien, das über Jahre einen bewaffneten Konflikt durchlitten hat, sich in ein Gebiet verwandelt, auf dem geopolitische Rechnungen beglichen werden."

Kampfbereit: Israelische Panzer auf den Golanhöhen, 20.1.2019Bild: Getty Images/AFP/J. Marey

Danach aber folgte aus Moskau ein klares Bekenntnis zur Partnerschaft mit Israel. "Wir unterschätzen in keiner Weise die Bedeutung von Maßnahmen, die die Sicherheit Israels deutlich garantieren würden", erklärte der stellvertretende russische Außenminister Segei Ryabkov. "Die Israelis wissen das, die USA wissen das, alle wissen das, einschließlich der Iraner, Türken und der Regierung in Damaskus. Dies ist eine der obersten Prioritäten Moskaus."

Gemeinsam gegen den Iran

Der politischen Annäherung waren im vergangenen Jahr intensive diplomatische Kontakte vorausgegangen. Wiederholt hatte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu sich zu Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau aufgehalten - zuletzt war er dort im Juli vergangenen Jahres zu Gast.

Beide Länder verbindet das Interesse, den Iran  aus Syrien herauszuhalten. Israel sieht den schiitischen Gottesstaat unmittelbar vor seiner Grenze als nicht hinnehmbare Bedrohung. Russland wiederum sieht die Präsenz des Irans in Syrien als Unruhefaktor, der das Bemühen Moskaus unterläuft, nach acht Jahren Krieg einen Waffenstillstand zu etablieren.

Die politische Entfremdung zwischen Moskau und Teheran hat zuletzt offenbar zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien geführt. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete vor wenigen Tagen, syrische Verbände der beiden Assad-Verbündeten Russland und Iran hätten in der Ebene von Al-Ghab im Nordwesten der Provinz Hama einander beschossen. Dabei, so das Magazin, könnten bis zu 200 Kämpfer gestorben sein.

Zu Gast in Moskau: der israelische Premier B. Netanjahu im Gespräch mit dem russischen Präsidenten W. PutinBild: Imago/Itar-Tass

Iranische Milizen

Rami Abdulrahman hingegen, Direktor der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, hält Berichte von einer bewaffneten Auseinandersetzung für überzogen. Russland versuche den Einfluss des Iran zwar einzudämmen, zu Kämpfen sei es bislang aber nicht gekommen. Wohl aber hätten die Russen - sie übernähmen in Syrien auch polizeiähnliche Aufgaben - mehrere in iranischen Diensten stehende Söldner verhaftet, die die Zivilbevölkerung drangsaliert hätten. Die Regierung in Teheran, so Abdulrahman, habe bis zu 3000 syrische Söldner in ihre Dienste gestellt. Dabei handele es sich nicht um Schiiten, sondern um Sunniten. "Diese Personen stehen nur des Geldes wegen in iranischen Diensten", so Abdulrahman im Gespräch mit der DW.

Auch die iranischen Medien haben nicht über bewaffnete Zusammenstöße zwischen den ehemaligen Verbündeten berichtet. Allerdings warf der Vorsitzende des iranischen Nationalen Komitees für Sicherheit und Außenpolitik, Heshmatollah Falahatpisheh, Russland vor, es habe sein Raketenabwehrsystem S-300 während der israelischen Angriffe in Syrien vom vorletzten Wochenende abgeschaltet gelassen. Dadurch habe Israel bei den Angriffen leichtes Spiel gehabt.

Moskau versucht derzeit offenbar eine Gradwanderung, deutet Rami Abdulrahman von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte an. "Ich aber glaube nicht, dass Russland Syrien ganz allein, ohne den Iran, beherrschen will."

Präsenz zeigen: Der iranische Verteidigungsminister Amir Hatami zu Gast in Damaskus, 26.8.2018Bild: Isna

Assads Ohnmacht

Über die iranische Präsenz in Syrien zu entscheiden liegt nach Auffassung Abdulrahman allerdings nicht mehr allein in der Hand Assads. "Das syrische Regime hat nicht mehr die alleinige Entscheidungsmacht in dem Land. Außerhalb der Hauptstadt gibt es immer wieder Flecken, die von iranischen Milizen und der Hisbollah beherrscht werden."

Insgesamt dürfte es schwierig werden, Iran aus Syrien restlos herauszuhalten. Auch darum, weil iranische Geschäftsleute in Damaskus zahlreiche Immobilien erworben haben. Ihre Präsenz dürfte zumindest die ökonomischen Bande zwischen den beiden Ländern stärken.

Israel versucht derweil, die Iraner in größtmöglicher Entfernung von seiner Grenze zu halten. Auch dabei konnte die Regierung in Jerusalem auf die Unterstützung durch Moskau rechnen. Russland habe Iran im vergangenen Jahr dazu gedrängt, seien Truppen nicht näher als 85 Kilometer an die Grenze zu lassen, erklärte Ryabkov. Die iranische Präsenz in Syrien stößt mehr und mehr auf Widerstand.

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Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika