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Politik

Syriens Bevölkerung leidet unermesslich

4. März 2021

Hunger, Armut, Vertreibung und Tod betreffen Millionen Menschen in dem Bürgerkriegsland. Nach zehn Jahren Krieg in Syrien seien die Menschen am Ende, beklagen Hilfsorganisationen.

Syrien Symbolbild 10 Jahre Krieg
Bild: Bulent Kilic/AFP

Zehn Jahre nach Ausbruch des Konflikts herrsche in Syrien eine der schwersten humanitären Krisen in all den Jahren. Mehr als zwölf Millionen Menschen hätten keinen regelmäßigen Zugang zu ausreichend Nahrung, betonte der Präsident des Syrisch-Arabischen Roten Halbmondes (SARC), Chalid Hbubati. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung seien nach Schätzungen unter die Armutsgrenze gerutscht. "Die Menschen leben wegen der brutalen Krise in Agonie", sagte er.

Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer, klagte, die humanitäre Lage werde durch eine schwere Wirtschaftskrise verschärft. Die Corona-Pandemie komme noch obendrauf. Er befürchte, dass die internationale Gemeinschaft Syrien abschreibe. Die Zivilisten im Land bezahlten den Preis für einen fehlenden politischen Durchbruch. "Die Syrer können sich kein weiteres Jahr wie dieses leisten, geschweige denn weitere zehn Jahre", mahnte Maurer.

Ein Behelfslager im Süden der Provinz IdlibBild: AFP/A. Watad

Bislang sind im Syrien-Konflikt mehr als 600.000 Menschen ums Leben gekommen, wie aus einem Bericht der internationalen Hilfsorganisation World Vision in Zusammenarbeit mit Frontiers Economics hervorgeht. Schätzungsweise 13 Millionen Menschen wurden aus ihren Heimatorten vertrieben, das ist mehr als die Hälfte der syrischen Bevölkerung vor dem Krieg. Wirtschaftlich betrachtet belaufen sich laut den Berechnungen die Kosten des Konflikts auf über 1,2 Billionen US-Dollar (etwa eine Billion Euro). Selbst bei sofortigem Kriegsende kämen bis 2035 Folgekosten von 1,7 Billionen US-Dollar etwa durch negative Auswirkungen auf Gesundheit und Bildung von Kindern hinzu.

Ein Flüchtlingscamp im Norden Syriens an einem kalten FebruartagBild: picture-alliance/AA/H. Harrat

Syrien droht eine verlorene Generation

Die Ergebnisse einer Untersuchung zeigten zudem, dass der heranwachsenden Generation durch verlorene Bildung und Gesundheit entscheidende Nachteile zugefügt worden seien, einschließlich einer um 13 Jahre verringerten Lebenserwartung, erklärte der Vorstandsvorsitzende von World Vision Deutschland, Christoph Waffenschmidt. Die Weltgemeinschaft dürfe nicht zulassen, "dass ein Krieg über zehn Jahre wütet, die Kinder ihrer Grundrechte beraubt und ihre Zukunftsperspektiven zerstört". Seit Beginn des Konflikts wurden laut World Vision schätzungsweise 55.000 Kinder getötet, einige durch Hinrichtung oder durch Folter. Mädchen lebten mit der Angst vergewaltigt zu werden.

Vor den Trümmern ihrer wirtschaftlichen Existenz stehen in Syrien Millionen MenschenBild: AFP/O. H. Kadour

Die wahren Kosten für die Heranwachsenden erfasse man erst, wenn man traumatische Erfahrungen, entgangene Schuljahre und den Verlust medizinischer Versorgung sowie ihre geringen Chancen auf einen guten Arbeitsplatz und zerbrochene Träume hinzurechne, so Waffenschmidt. "Wir dürfen nicht zulassen, dass sie in diesem Kreislauf der Gewalt gefangen bleiben." Ohne nachhaltige Hilfen sei die junge Generation nicht in der Lage, den Wiederaufbau des Landes wirksam zu unterstützen.

Der Konflikt in Syrien war im März 2011 mit Protesten gegen die Regierung von Machthaber Baschar al-Assad ausgebrochen. Die Sicherheitskräfte gingen damals mit Gewalt gegen Demonstrationen vor. Daraus entwickelte sich ein Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung. Mittlerweile kontrolliert die Regierung wieder rund zwei Drittel des Landes. Wegen Sanktionen ist sie aber international stark isoliert. Alle Bemühungen um eine politische Lösung blieben bislang erfolglos.

qu/wa (dpa, kna)

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