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Politik

Flüchtling verklagt Facebook

6. Februar 2017

Zum ersten Mal steht Facebook in Deutschland vor Gericht. Das Landgericht Würzburg soll klären, ob das soziale Netzwerk durch Verbreitung von Falschmeldungen für die Verleumdung von Anas Modamani verantwortlich ist.

Symbolbild Facebook
Bild: Reuters/R. Duvignau

Sein Bild mit der Kanzlerin ging 2015 um die Welt. Das hat den jungen Syrer berühmt gemacht. Aber es hat ihm später nur noch schlaflose Nächte bereitet. Denn das bekannte Selfie tauchte auf Facebook in Verbindung mit Anschlägen auf und unterstellte, er sei daran beteiligt.

Laut Modamanis Anwalt Chan-jo Jun geht es vor Gericht um zwei konkrete Fälle, die aber unterschiedlich gelagert sind und zwei verschiedene Rechtsverletzungen darstellen. Bei einem steht das von Modamani selbstgemachte Selfie mit Angela Merkel neben den Fahndungsfotos der mutmaßlichen Täter, die einen Obdachlosen in Berlin angezündet hatten. Dabei die Falschbehauptung "Obdachlosen angezündet, Merkel machte 2015 Selfie mit einem der Täter".

Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt tauchte laut dem Anwalt eine Fotomontage aus dem Selfie und einem Bild des Berliner Breitscheidplatzes nach dem Anschlag unter der Überschrift "Es sind Merkels Tote" auf. Jun sagt selbst auf seiner Internetseite: "Bei diesem Bild wird nicht suggeriert, dass Modamani der Täter des Attentats sei, sodass hier an sich sogar eine zulässige Meinungsäußerung vorliegt. Die Rechtsverletzung ergibt sich jedoch aus der Verwendung des Bildnisses und dem Recht am eigenen Bild. Privatpersonen müssten sich "nicht gefallen lassen, dass ihr Bildnis zu allen möglichen politischen Zwecken missbraucht wird". Mohamadi hätte seine Zustimmung geben müssen, meint Jun.

Für Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik ist das Bild zum Symbol geworden

Der Anwalt fordert von Facebook, falsche Behauptungen von Nutzern und die vielfach geteilten und wieder eingestellten Bilder zu löschen. Er will dazu eine einstweilige Verfügung erwirken. Chan-jo Jun sagt, Facebook lehne das ab, weil die Beiträge nicht gegen die "Community-Standards" des Konzerns verstießen.

Juns Kanzlei hat zusätzlich einen Funktionär der AfD aus Kerpen im Rheinland verklagt, der die Äußerungen weiterverbreitet hatte. Jun stellt auf seiner Internetseite klar, der Mann gehöre "nicht zu den mehr als 500 Usern, die das ursprüngliche Bild geteilt haben und ebenfalls zur Verantwortung gezogen werden können. Herr G. hat das Bild als eigenen Inhalt bereitgestellt."

Anas Modamani am Tag des Prozesses in WürzburgBild: Getty Images/AFP/T. Kienzle

Juns Kanzlei geht es aber um mehr als darum, die Rechte Mohamadis durchzusetzen: "Über das Verfahren hinaus möchten wir erreichen, dass Facebook endlich deutsches Recht beachtet. Verleumdungen und Beleidigungen verstoßen nämlich nicht gegen Gemeinschaftsstandards und werden daher grundsätzlich nicht von Facebook entfernt. Das muss sich ändern. Darüber hinaus möchten wir auch nachweisen, dass auch User für die Verbreitung von Falschnachrichten haften."

Als Mohamadi das Selfie mit der Kanzlerin in den sozialen Medien veröffentlichte, hatte er nicht die leiseste Ahnung, was es auslösen würde, sagte er der Deutschen Welle. Zunächst wurde das Bild von den deutschen Medien in einem eher neutralen Zusammenhang aufgegriffen. Die Kanzlerin hatte sich damals, kurz nach ihrer Entscheidung, die Grenzen zu öffnen, in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin umgesehen und sich dabei auch bereitwillig mit Flüchtlingen ablichten lassen. Die Stimmung in der Öffentlichkeit war noch überwiegend positiv. Doch später wurde das Bild zum Teil manipuliert und tauchte immer öfter in verschiedenem Kontext auf, vor allem im aufgeheizten Klima, als Merkels Flüchtlingspolitik immer mehr in die Kritik geriet. Seitdem muss das Selfie immer wieder herhalten, wenn Kritiker Merkels Politik angreifen.