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Syrien nutzt russische Kampfjets

22. September 2015

Erstmals hat die syrische Luftwaffe bestätigt, mit neuen russischen Kampfflugzeugen gegen Rebellen vorzugehen. Das könnte eine mögliche Kooperation zwischen den USA und Russland in dem Bürgerkriegsland weiter erschweren.

Russicher MiG-29-Kampfjet (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Denisov

Seit mehr als zehn Tagen seien mehrere von Russland gelieferte Jets im Einsatz, sagte der Militär-Angehörige der Deutschen Presse-Agentur. Auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, dass die Luftwaffe des Regimes von Machthaber Baschar Al-Assad russische Maschinen zur Bombardierung der Städte Palmyra und Al-Rakka einsetze. Beide Städte werden von der Terrormiliz IS kontrolliert.

Zuvor hatten bereits die USA von zunehmenden russischen Militärlieferungen nach Syrien berichtet. So hat Russland hat nach Angaben von US-Vertretern 28 Kampfflugzeuge in Syrien stationiert. Die Jagd- und Kampfmaschinen seien in die westsyrischen Provinz Latakia gebracht worden, einer Hochburg des syrischen Machthabers Baschar al-Assad, sagte ein US-Beamter der Nachrichtenagentur AFP. Ein zweiter Beamter bestätigte diese Zahl und sprach zudem von rund 20 Kampf- und Transporthubschraubern. Den US-Beamten zufolge soll Moskau auch mit einer Aufklärungsmission begonnen haben, bei der Drohnen eingesetzt würden. Näheres wurde zunächst nicht bekannt.

Russland und Iran als Verbündete

Irans stellvertretender Außenminister, Hossein Amir-Abdollahian, kündigte unterdessen an, Moskau und Teheran wollten "alle Möglichkeiten und jedes Potential nutzen, um Syrien aus dieser Krise zu helfen." Was genau er damit meint, lies der Diplomat offen. Amir-Abdollahian ergänzte, dass sowohl Russland als auch der Iran den Dialog mit der syrischen Opposition fortsetzen wollten. Der syrische Präsident Baschar al-Assad müsse allerdings ebenfalls Teil jedweder Lösung für den Syrien-Konflikt sein.

"Wir haben die gleichen Ziele"

Inzwischen deutet alles auf ein militärisches Eingreifen Russlands in den syrischen Bürgerkrieg hin. Spätestens mit dem Einsatz von Drohnen wird eine Koordination zwischen Moskau und Washington umso dringlicher. An einer solchen Zusammenarbeit hatten zuletzt beide Supermächte Interesse bekundet. So betonte US-Außenminister John Kerry bei einem Besuch in London die Gemeinsamkeiten seines Landes mit Russland im Kampf gegen die Terroristen des "Islamischen Staats" (IS). "Wir haben die gleichen Ziele", erklärte Kerry. "Der IS muss zerstört, komplett gestoppt werden." Gemeinsame Gespräche mit Russland seien notwendig, um die militärischen Operationen gegen den IS zu koordinieren.

Bild: DW

Überschneidungen mit Moskau ausschließen

Kerry kündigte an, die USA würden ihre Bemühungen im Kampf gegen den IS verstärken. "Und wir müssen sicherstellen, dass diese sich nicht überschneiden mit Russlands Bemühungen." Die USA fliegen selbst Luftangriffe gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak - gemeinsam mit einer Koalition aus etwa 60 weiteren Ländern.

Ein Streitpunkt zwischen beiden Ländern bleibt die Zukunft von Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Russland gilt wie der Iran als der enger Verbündeter des syrischen Präsidenten und unterstützt dessen Regime trotz westlicher Kritik seit Jahren mit Waffen. Moskau geht davon aus, dass die reguläre syrische Armee für den Kampf gegen den IS unersetzlich ist und Assad das Land vor dem völligen Zerfall bewahrt. Für die USA ist der Despot hingegen Teil des Problems. Sie drängen sie auf seine Ablösung.

Sorge um militärisches Engagement

In den vergangenen Wochen hatten sich die USA daher immer wieder besorgt über das verstärkte militärische Engagement Russlands geäußert. Ein direktes Eingreifen der russischen Streitkräfte in den Konflikt an der Seite Assads könne noch mehr Extremisten anziehen, Assad als Machthaber festigen und den Weg für eine Lösung des Konflikts versperren.

Nach Angaben aus US-Regierungskreisen soll Russland bereits seit einiger Zeit schweres Militärmaterial wie Kampfpanzer, Hubschrauber und Marineinfanteristen zu dem syrischen Stützpunkt Latakia gebracht haben. Russische Luftangriffe könnten somit nur noch eine Frage der Zeit sein. Seinerseits hat Moskau allerdings immer wieder dementiert, direkt militärisch an der Seite Assads in den Bürgerkrieg einzugreifen.

In der syrischen Hafenstadt Tartus hat Russland bereits Militärberater stationiertBild: picture alliance/dpa/Sana

Syrische Streitkräfte gehen unterdessen weiter gegen IS-Kämpfer vor. Bei Luftangriffen auf die Oasenstadt Palmyra sind 38 Anhänger der Terrormiliz getötet worden. Die Kampfjets des Regimes hätten mehrere Stellungen der Extremisten im Südosten der mittelsyrischen Stadt bombardiert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die Luftwaffe von Machthaber Assad hatte ihre Angriffe in der vergangenen Woche verstärkt. Sie reagierte damit auf die Zerstörung des berühmten Baaltempels und anderer archäologischer Stätten durch die IS-Milizen sowie deren Drohung, weitere Altertümer zu bombardieren.

USA stockt Syrien-Hilfe auf

Der Krieg in Syrien trägt maßgeblich dazu bei, dass die Welt sich derzeit mit der größten Flüchtlingskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert sieht. Angesichts dessen kündigte die US-Regierung an, ihre Hilfen für die Bürgerkriegsopfer deutlich aufzustocken. 419 Millionen Dollar (371 Millionen Euro) würden zusätzlich bereitgestellt, teilte das US-Außenministerium in Washington mit. Die USA sind der mit Abstand größte Geldgeber für die humanitäre Versorgung in Syrien. Rund 4,5 Milliarden Dollar hat Washington seit dem Ausbruch des Konflikts Anfang 2011 bereitgestellt.

Bei der Aufnahme syrischer Flüchtlingen waren die USA bislang allerdings mehr als zurückhaltend. Nur rund 1800 Syrer nahm das Land in den vergangenen vier Jahren auf. US-Präsident Barack Obama hat für das kommende Haushaltsjahr lediglich die Aufnahme von 10.000 Syrern zugesagt. Zum Vergleich: In den letzten Wochen kamen an einem Wochenende teilweise 20.000 Flüchtlinge in München an.

Dialog Obama-Putin?

Wie die internationale Gemeinschaft in der Flüchtlingskrise weiter vorgehen wird, könnte sich in der kommenden Woche beim UN-Gipfel in New York entscheiden. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat unter anderem ein Sondertreffen zur Beratung der Flüchtlingssituation anberaumt. Gleichzeitig wird Russland eine Sicherheitsratssitzung zum Syrien-Konflikt leiten. Die Generaldebatte bietet auch Möglichkeiten für bilateralen Austausch: Spekuliert wird über ein direktes Zusammenreffen zwischen Obama und Putin, um Differenzen aus dem Weg zu räumen.

nin/kle (dpa, afp, rtr)

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