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Syrisches Oppositionstreffen endet im Chaos

4. Juli 2012

Staatschef Assad kann sich freuen: Die ohnehin gespaltene syrische Opposition liefert Gegnern und Unterstützern einen weiteren Beleg für ihre Zerrissenheit. Ein Treffen in Kairo ging unschön zu Ende – mit Tumulten.

Vertreter der syrischen Exilopposition diskutieren heftig in Kairo (Foto: AP)
Syrische Opposition / Kairo / AssadBild: dapd

Korrespondenten berichteten aus der ägyptischen Hauptstadt, Delegierte hätten einander verprügelten und beschimpften sich derart wüst, dass Frauen im Saal zu weinen begannen. Mitarbeiter des Hotels, in dem die Versammlung stattfand, brachten Tische und Stühle in Sicherheit, als aufgebrachte Gegner von Präsident Baschar al-Assad aufeinander losgingen.

Auslöser der Unruhe war die Entscheidung der syrischen Kurden, das Treffen zu verlassen. Vertreter der ethnischen Minderheit seien gegangen, weil die Konferenz ihren Status nicht habe anerkennen wollen, sagte Abdel Asis Othman vom Nationalen Kurdenrat. "Das ist einfach nur traurig und wird negative Folgen für alle Parteien haben", sagte der 27-jährige Widerständler Gawad al-Chatib. "Die Oppositionsbewegung steht dumm da und die Demonstranten auf der Straße werden demoralisiert."

Nur zwei vage Dokumente

Am Ende beschlossen die rund 250 Oppositionellen nur zwei eher vage formulierte Dokumente. Während das eine Papier die Marschrichtung der Opposition durch eine Phase des Übergangs skizziert, werden in dem anderen die grundlegenden Prinzipien für eine Ära nach Assad definiert. Zudem verständigten sich die Delegierten auf die Unterstützung der sogenannten Freien Syrischen Armee, die Auflösung der regierenden Baath-Partei sowie den Ausschluss Assads und anderer ranghoher Regimemitglieder beim Übergang.

Da es der syrischen Opposition bisher nicht gelang, die verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen hinter einer Führung zu versammeln, ringt sie weiter um internationale Anerkennung. Die Spaltung der Regierungsgegner gilt als einer der Gründe, warum sich Assad trotz des seit mehr als 16 Monaten andauernden Volksaufstands länger als andere unter Druck geratene Staatschefs in der Region an der Macht halten konnte.

Westerwelle geht auf Moskau zu

Bundesaußenminister Guido Westerwelle äußerte derweil die Hoffnung, dass sich Russland noch vor dem Treffen der sogenannten Kontaktgruppe der Freunde Syriens am Freitag in Paris bewegt. "Ich werde am Donnerstag selbst nach Moskau reisen, weil wir alle gemeinsam nichts unversucht lassen wollen, Russland zu überzeugen, sich auf die richtige Seite der Geschichte zu stellen", sagte Westerwelle am Dienstag nach einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Laurent Fabius in Paris.

Der Gruppe der Freunde Syriens gehören rund 100 westliche und arabische Länder an, sowie Nicht-Regierungsorganisationen und Vertreter der syrischen Opposition. Laut Fabius wird Russland nicht an dem Treffen teilnehmen. Moskau habe die Einladung ausgeschlagen. Russland und China sind die wichtigsten Unterstützer Syriens.

Ungeachtet der unverzeihlichen Taten des syrischen Regimes sei in erster Linie wichtig, eine gemeinsame Position zu erarbeiten, fügte Westerwelle hinzu. "Eine Alternative wäre ein Flächenbrand, der die ganze Region anzünden kann, und den gilt es zu vermeiden." Deutschland und Frankreich seien sich einig, den politischen Druck mit "zivilen Maßnahmen" Assad zu erhöhen. Fabius unterstrich: "Wir empfinden beide höchsten Handlungsbedarf und versuchen mit aller möglichen Macht, gegen das Regime Assads vorzugehen." Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte das Treffen der "Freunde Syriens" zuvor kritisiert. Diese Gruppe habe von Anfang an den Fehler begangen, nur auf die Exil-Opposition zu setzen.

Grausige Meldungen aus syrischen Folterkellern

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erhob schwere Vorwürfe gegen das Regime Assads. HRW hat ein Netz aus Foltergefängnissen in Syrien identifiziert und erschütternde Interviews mit ehemaligen Häftlingen veröffentlicht. In einem Bericht nannte die Organisation die genaue Lage von 27 Haftanstalten und die Namen der verantwortlichen Leiter, zitierte Augenzeugen und stellte in Zeichnungen die eingesetzten Foltermethoden dar. Die Organisation dokumentierte mehr als 20 Foltermethoden.

"Die Wachen hängten mich acht Tage lang an den Handgelenken auf", berichtete ein Mann, der im Geheimdienstdirektorat in Damaskus inhaftiert war. "Ich habe einen Schmerz gefühlt wie noch nie in meinem Leben." Fast alle Befragten sagten laut HRW, sie hätten Folter erdulden müssen oder seien Zeuge von Folter geworden.

Die systematischen Muster von Misshandlung und Folter verweisen "eindeutig auf eine Staatspolitik der Folter und Misshandlung und stellen daher ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar", hieß es. Der 81-seitige Bericht der Organisation stützt sich auf mehr als 200 Interviews, die die Organisation seit Beginn des Aufstands im März 2011 durchgeführt hat.

kle/wa (afp, rtr, dpa, dapd)

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