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Systematische Vertreibung?

30. August 2012

Es ist bereits die dritte Räumung in dieser Woche. Weitere 500 Roma mussten in der Nähe von Paris ihr Lager verlassen. Ihre Hütten wurden abgerissen. Jetzt melden sich UN-Menschenrechtler zu Wort – mit scharfer Kritik.

Viele der Kinder in den Camps gehen zu Schule - jetzt werden sie weggeschickt (Foto: reuters)
Bild: Reuters

Drei Roma-Camps in drei Tagen ließ der französische Innenminister Manuel Valls räumen. Bei den Einsätzen der Polizei zu Wochenanfang mussten bereits hunderte von Roma ihre provisorisch erbauten Lager verlassen. Bei der jüngsten Räumung in einem Neubaugebiet im Großraum Paris verloren nun weitere 500 Menschen ihre Behausung. Nach Angaben der Behörden wurden alle drei Camps unter Angabe von "hygienischen Bedingungen" geräumt.

"Verstoß gegen internationales Recht"

Die Bewohner der Lager beklagten, ihnen seien keine Alternativunterkünfte angeboten worden. Die Räumungen würden sie somit zu Obdachlosen machen. Nachdem die Europäische Kommission Frankreich bereits Anfang des Monats unter Beobachtung gestellt hatte, hagelt es nun weitere Kritik an der scharfen Roma-Politik der sozialistischen Regierung von Francois Hollande.

Mit Bulldozern wird ein Roma-Lager bei Lyon geräumtBild: Reuters

Besorgte Menschenrechtler

Der Berichterstatter der Vereinten Nationen zum Thema Migranten, Francois Crépeau machte deutlich, dass kollektive Vertreibung eine Verletzung von internationalem Recht sei. Ziel der französischen Regierung scheine es zu sein, letztlich alle Roma aus Frankreich auszuweisen.

Mutuma Ruteere, Rassismus-Experte der UN befürchtet, dass die Räumungen das "bereits besorgniserregend feindliche Klima gegenüber den Roma" weiter anheizen werde. Die unabhängigen Experten sind dem UN-Menschenrechtsrat unterstellt, zu dessen 47 Mitgliedern auch Frankreich gehört.

Wahlversprechen gebrochen?

Auch in Frankreichs innenpolitischer Arena wird heftig diskutiert. Der neue sozialistische Innenminister Valls ist sogar in den eigenen Reihen unter Beschuss geraten, den harten Kurs der konservativen Vorgängerregierung unter Präsident Nicolas Sarkozy fortzusetzen. Präsident Francois Hollande hatte seinen Wahlkampf mit dem Versprechen geführt, das Thema Roma zukünftig sensibler anzugehen.

Seit Amtsantritt der Sozialisten ist es jedoch vermehrt zu Zwangsräumungen von Roma-Lagern gekommen. Auch die versprochenen Ersatzunterkünfte fehlten weitgehend, kritisieren Menschenrechtler.

Paris lockerte vor kurzem die Arbeitsmarktbeschränkungen für die aus Bulgarien und Rumänien stammenden Roma. Das Recht Roma-Lager aufzulösen will sich die französische Regierung jedoch weiterhin vorbehalten.

Diskriminierung

In Frankreich leben 15.000-20.000 Roma-Immigranten, viele davon in armen, provisorisch aufgestellten Lagern. Die meisten von ihnen kommen aus dem Südosten Europas. Die Roma sind Mitglieder der Europäischen Union, dennoch werden sie in vielen Ländern Europas stark diskriminiert.

lg/uh (kna,afp,rtr,dpa)