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Politik

Tätigkeitsverbot für Nawalny-Organisationen

26. April 2021

Mehrere Gruppen, die den prominenten Kremlgegner unterstützen, müssen einstweilen ihre Arbeit einstellen. Staatsanwälte wollen sie für immer verbieten lassen.

Russland Oppositionsführer Alexej Nawalny
Alexej Nawalny wurde zu mehrjähriger Haft in einem russischen Straflager verurteilt (Archivbild)Bild: VASILY MAXIMOV/AFP/Getty Images

Die regionalen Unterstützer-Organisationen des im Straflager inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny müssen nach Angaben seines Teams ihre Tätigkeit vorübergehend einstellen. Ein Gericht in Moskau habe das Verbot verhängt, teilte der Direktor von Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung, Iwan Schdanow, mit. Das Verbot gelte, bis über einen Antrag der Moskauer Staatsanwaltschaft entschieden sei, die Organisationen als extremistisch einzustufen.

Unklar ist, ob auch die Anti-Korruptions-Stiftung selbst hiervon betroffen ist. Die Nachrichtenagentur Reuters korrigierte frühere Meldungen und schrieb, die Entscheidung beziehe sich zunächst nur auf regionale Organisationen. Die Moskauer Staatsanwaltschaft bezichtigt die Bewegung des Extremismus und will sie dauerhaft verbieten lassen. Sie destabilisiere die gesellschaftlich-politische Lage im Land, indem sie zu Massenunruhen aufrufe, heißt es zur Begründung. Dabei handele sie im Auftrag ausländischer Kräfte. Ihr Ziel sei eine Revolution, um den Machtapparat von Präsident Wladimir Putin zu erschüttern, so die Ankläger.

"Unsere Arbeit unmöglich machen"

Die Opposition wiederum wirft dem Kreml vor, die Justiz zu instrumentalisieren, um Nawalnys Lager zu zerschlagen. Dessen Vertrauter Leonid Wolkow hatte am Wochenende dem Internetportal Znak.com gesagt, Konten würden eingefroren und Räumlichkeiten versiegelt mit dem Ziel, "unsere Offline-Arbeit in Russland insgesamt unmöglich machen".

Womöglich sei eine Pause nötig, um zu prüfen, wie die Oppositionsarbeit künftig aussehen könne. Es werde "fieberhaft" an einer Umorganisation gearbeitet, sagte Wolkow. Aus dem Ausland könnten zudem führende Köpfe der Bewegung wie er selbst, Schdanow und Maria Pewtschich weiter arbeiten und im Internet Enthüllungsvideos über Korruptionsfälle veröffentlichen.

Immer wieder fordern Demonstranten - wie hier am Mittwoch in Sankt Petersburg - die Freilassung NawalnysBild: Dmitri Lovetsky/AP Photo/picture alliance

Von dort kommen auch weiterhin Appelle, die sich an die russische Bevölkerung richten. Vor allem sind die Bürger aufgerufen, bei der Duma-Wahl im Herbst für einen beliebigen Kandidaten zu stimmen - nur nicht für jenen der Kremlpartei. Das "schlaue Abstimmen" soll deren Machtmonopol brechen.

"Seltsamer Kompromiss"

Wolkow bezeichnete es als Erfolg, dass Nawalny nun in Haft von zivilen Ärzten untersucht worden sei. Zudem hätten Ärzte seines Vertrauens Zugang zu den medizinischen Untersuchungsergebnissen erhalten. Damit habe sich der Kreml auf eine "seltsame Form eines öffentlichen Kompromisses" eingelassen. Nawalny, der zurzeit im Straflager IK-3 in der Nähe von Moskau einsitzt, hatte zuvor angekündigt, seinen Hungerstreik zu beenden, mit dem er eine Behandlung durch unabhängige Spezialisten erzwingen wollte. Er leidet nach eigenen Angaben an einem Rückleiden und Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen.

Der Oppositionelle hatte im August einen Giftanschlag knapp überlebt, für den er selbst den russischen Geheimdienst verantwortlich macht. Nach seiner Rückkehr von einer Behandlung in Deutschland wurde er in Moskau festgenommen und später wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehrjähriger Lagerhaft verurteilt. Wiederholt haben Tausende Menschen in mehreren russischen Städten hiergegen protestiert und die Freilassung des 44-Jährigen verlangt. Auch mehrere ausländische Staaten, darunter die USA, haben sich mit Forderungen an die russische Führung gewandt. Die Bundesregierung verurteilte in einer ersten Reaktion das Tätigkeitsverbot für Nawalnys Organisationen. Mit "Mitteln der Terrorbekämpfung" gegen politisch unliebsame Meinungen vorzugehen, sei "mit rechtsstaatlichen Prinzipien in keiner Weise vereinbar", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

jj/fab (dpa, afp)