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Tödliche Krankheit

Shi Ming / am16. Mai 2003

Für die chinesische Bevölkerung wird SARS nun noch gefährlicher: Im Kampf gegen die Lungenkrankheit hat China drastische Strafen erlassen, die von mehreren Jahren Gefängnis bis zur Todesstrafe reichen.

Mit harter Faust gegen SARSBild: AP

Die schlimmste Befürchtung ist nun wahr geworden: SARS ist laut amtlichen Angaben aus Peking in die ländlichen Regionen Chinas eingedrungen. In 15 von 31 Verwaltungszonen auf Provinzebene hat man bei Bauern bzw. Bewohnern kleinerer, dörflicher Städte zunehmende Infektionen festgestellt. Am schlimmsten betroffen sind Regionen um die Hauptstadt Peking, von wo aus im Mai einige Hunderttausende von Wanderarbeitern aus Panik vor SARS in ihre ländliche Heimat zurückgekehrt sind.

Kein Geld für Desinfektion

Etwa 150 Kilometer nordöstlich von Peking berichtet der Augenzeuge Wang Xueming, dass unter Quarantäne gestellte Bauern in einigen Dörfern einfach abgehauen sind. Das liege daran, dass sie in der Isolation nicht gut behandelt worden seien. Zum anderen hätten sie Angst vor den enormen Kosten der Behandlung. "Gut, die Regierung hat versprochen, alle Bauern werden kostenlos behandelt. Aber es ist bei uns in China halt üblich, dass gesagt wird, was nicht gehalten wird. Wenn dir die Kliniken einfach sagen, wir haben keine Anweisung bekommen, was kannst du schon großartig machen", fragt sich Xueming.

Acht Millionen Wanderarbeiter, die aus den Städten in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt sind, stehen unter Beobachtung. Arbeitgeber in den Städten wurden aufgefordert, ihre Wanderarbeiter nicht zu entlassen. Viel können Chinas Landbewohner der gefährlichen Krankheit nicht entgegensetzen. Laut einem Wirtschaftsmagazin in Peking mangelt es in den unterentwickelten Regionen schier an allem: An Ärzten und Pflegepersonal, an Medikamenten und Gerätschaften. So melden sich indes in den nord- und nordwestlichen Provinzen wie Shangxi und Gansu schon die ersten Kliniken. Sie können sich aus Geldmangel keine Desinfektionsmittel mehr leisten.

Die Kostenuhr tickt

An Finanzmitteln für eine auch nur rudimentäre Versorgung der öffentlichen Hygiene mangelt es am meisten. "Arbeitslose oder auch Leute, die kleine Tante-Emma-Läden betreiben, haben entweder gar kein oder kein festes Auskommen. Für sie sind die immensen Kosten einer SARS-Behandlung ein großes Problem", berichtet ein Einwohner der Stadt Tangshan bei Peking. "Wenn du unter Quarantäne gestellt wirst, fängt die Uhr der Kosten an zu ticken. Niemand weiß wie lange, und was für eine Summe da auf einen zukommt."

Die Behörden in Peking verfolgen nun eine neue Strategie. Das Oberste Volksgericht verkündete drakonische Strafen gegen jene, die der SARS-Bekämpfung im Weg stehen. Wer sich weigert, unter Quarantäne zu bleiben, obwohl ihm dies behördlich verordnet ist, muss mit sieben Jahren Haft rechnen. Hält es das Gericht dann noch für erwiesen, dass das Virus vorsätzlich verbreitet wurde, kann sogar die Todesstrafe verhängt werden. Das erste Urteil, nämlich sieben Jahre Haft für einen Dorfbewohner, wurde bereits gesprochen.

Leere Versprechungen?

Die unmissverständliche Botschaft einer derart rigiden Auslegung bestehender Gesetze zur Seuchenkontrolle dürfte in der Bevölkerung ankommen: Staatliche Befehle zur Eindämmung von SARS sind im wahrsten Sinne des Wortes todernst zu nehmen. Menschenrechtler kritisierten die Strafen als zu hart.

Zugleich häufen sich administrative Anweisungen, dass die Krankenhäuser alle patienten mit SARS-Verdacht aufnehmen müssen, ganz gleich ob sie Geld haben oder nicht. 4,3 Milliarden Yüan (450 Mio. EURO) will Peking in ein Notprogramm für die Landbevölkerung investieren. Dennoch fehlt den Menschen der Glauben daran, dass Chinas Führung ihre finanziellen Versprechungen so ernst nimmt, wie die angedrohten Strafen.