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Politik

EU-Parlament will Beitrittsgespräche stoppen

24. November 2016

Das EU-Parlament hat nach langen Diskussionen für eine temporäre Abkehr von der Türkei gestimmt. Es beschloss mit breiter Mehrheit, die Beitrittsgespräche mit Ankara vorerst auf Eis zu legen. Die Türkei reagiert empört.

Straßburg EU Parlament Sitzung Übersicht Symbolbild
Bild: picture-alliance/AA/M. Yalcin

Mit großer Mehrheit hat das Europäische Parlament für ein Einfrieren der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei votiert. Die für EU-Kommission und EU-Staaten nicht-bindende Resolution ist eine Reaktion auf das Vorgehen der türkischen Führung gegen Staatsbedienstete, Medien und Oppositionelle nach dem Putschversuch im Juli. Die Aufforderung hat aber eine hohe Symbolkraft. Über ein Aussetzen der Ende 2005 begonnenen Gespräche muss letztlich der Rat entscheiden, in dem die 28 EU-Staaten vertreten sind.

Mehrere Fraktionen hatten sich hinter den Antrag gestellt. Der Vizepräsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, sprach dennoch von einem starken Signal, dass 479 Abgeordnete in dem 751-köpfigen Plenum für den Antrag gestimmt hätten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat bereits gesagt, dass die erwartete Resolution für ihn ohne Bedeutung sei.

Nach dem Umsturzversuch in der Türkei wurden schon mehr als 125.000 Staatsbedienstete entlassen, mehrere Tausend wurden festgenommen. Darunter sind Soldaten, Polizisten und Richter. Auch Journalisten und Akademiker sind ins Visier der Behörden geraten. Erdogan beschuldigt den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen, Drahtzieher des gescheiterten Putsches zu sein, und geht gegen dessen Anhänger vor. Gülen bestreitet den Vorwurf.

Scharfe Kritik aus Ankara

Nach der Resolution des Europaparlaments warf die türkische Regierung den Abgeordneten "Doppelmoral" vor: "Dass Europa einerseits sagt, die Türkei ist unverzichtbar für die Sicherheit, andererseits aber solche Entscheidungen aus an den Haaren herbeigezogenen Gründen trifft, ist ein vollkommener Widerspruch", sagte Ministerpräsident Binali Yildirim in Ankara. Zugleich tat er das Votum als irrelevant ab. "Die Beziehungen mit der Europäischen Union sind ohnehin nicht so eng. Das ist eine Beziehung, die mit Mühe und Not und widerwillig läuft", stellte er fest. Die EU forderte Yildirim zu einer Entscheidung über den weiteren Beitrittsprozess auf.

Gespräche ohnehin in der Sackgasse

Die vor elf Jahren begonnenen Beitrittsgespräche zwischen der EU und der Türkei stecken schon länger in einer Sackgasse. Erdogan hat für kommendes Jahr ein Referendum in seinem Land darüber in Aussicht gestellt, ob die Verhandlungen mit der EU fortgesetzt werden sollen. Umgekehrt droht die EU damit, die Gespräche zu beenden, falls Erdogan wie angekündigt die Todesstrafe wieder einführt.

Dennoch plädieren einige Politiker auch in Deutschland dafür, den Kontakt zu Ankara nicht völlig abzubrechen. Dementsprechend wichtig war es den Europapolitikern, dass es sich um eine temporäre Forderung handelte. Sie wollen ihre Position überprüfen, sobald die Türkei den Ausnahmezustand aufgehoben hat. Entscheidend soll dann sein, inwieweit die Türkei zu rechtsstaatlichen Verhältnissen und einer Achtung der Menschenrechte zurückgekehrt ist.

cgn/kle (dpa, rtr, kle)

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