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Politik

Türkei bleibt Hauptabnehmer deutscher Waffen

17. Oktober 2019

Wegen der Syrien-Offensive hat die Bundesregierung die Waffenlieferungen an die Türkei teilweise gestoppt. Trotzdem erreichen die Exporte in das Land jetzt schon den höchsten Stand seit 14 Jahren.

Türkische Offensive in Nordsyrien Leopard 2A4 Panzer
Ein türkischer Panzer aus deutscher Produktion: der Leopard 2A4 (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/XinHua

Allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres hat Deutschland Kriegswaffen im Wert von rund 250 Millionen Euro an die Türkei geliefert. Das ist bereits jetzt der höchste Jahreswert seit 2005, obwohl noch vier Monate fehlen. Damit könnte der NATO-Partner wie bereits 2018 am Jahresende wieder die Nummer eins unter den Empfängern deutscher Rüstungsgüter sein. Die neuen Exportzahlen gehen aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der stellvertretenden Linksfraktionschefin Sevim Dagdelen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Bei den gelieferten Waffen soll es sich um "Ware ausschließlich für den maritimen Bereich" handeln. Sehr wahrscheinlich geht es zum großen Teil um Material für sechs U-Boote der Klasse 214, die in der Türkei unter maßgeblicher Beteiligung des deutschen Konzerns Thyssenkrupp Marine Systems gebaut werden. Die Lieferung dieser Teile wurde bereits 2009 genehmigt. Ihr Export wurde mit einer sogenannten Hermes-Bürgschaft im Höhe von 2,49 Milliarden Euro abgesichert. Inzwischen werden solche Bürgschaften für Rüstungsexporte in die Türkei nicht mehr erteilt.

Harsche Töne aus Ankara

Am Samstag hatte Bundesaußenminister Heiko Maas bekanntgegeben, dass Deutschland wegen der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien keine Waffenlieferungen mehr an den NATO-Partner genehmigen werde - allerdings gilt dies nur für Rüstungsgüter, die in dem Konflikt genutzt werden können. Andere Waffenexporte werden weiterhin erlaubt.

Inzwischen deutete Bundeskanzlerin Angela Merkel an, dass der deutsche Rüstungsexportstopp für die Türkei wegen der Syrien-Offensive weiter gehen könnte als bisher bekannt. Die CDU-Politikerin sagte in ihrer Regierungserklärung zum EU-Gipfel im Bundestag, die türkische Militäroperation gegen die Kurdenmiliz YPG sei "ein humanitäres Drama mit großen geopolitischen Folgen". Merkel fügte hinzu: "Und deshalb wird die Bundesregierung unter den jetzigen Bedingungen auch keine Waffen an die Türkei liefern." Bisher hatte die Bundesregierung lediglich angekündigt, dass keine Exporte mehr von Waffen genehmigt werden, die in dem Konflikt eingesetzt werden können. Nach der jüngsten Aussage der Kanzlerin ist nun unklar, ob die Regierung gar keine Liefergenehmigungen für Waffen für die Türkei erteilt und ob die Auslieferung genehmigter Rüstungsgüter gestoppt wird.

Lange Übergangszeit

Auf jeden Fall dürfte es lange dauern, bis die Neuregelung aus Berlin die Türkei tatsächlich trifft. Allein in diesem Jahr - bis zum 9. Oktober - gab die Bundesregierung grünes Licht für Rüstungslieferungen im Wert von 28,5 Millionen Euro. Das ist bereits mehr als doppelt so viel wie im ganzen Jahr 2018 mit 12,9 Millionen Euro. Diese genehmigten Geschäfte sind vom Lieferstopp nicht betroffen.

Dagdelen nannte die neuen Zahlen einen "Offenbarungseid" der Bundesregierung. Sie belegten in "erschreckender Weise die skrupellose Hochrüstung der Türkei", sagte sie. "So entlarvt sich das ganze Gerede von einer restriktiven Rüstungsexportpolitik als großer Schwindel."

Die Ankündigung von Außenminister Maas vom Samstag sorgte für heftige Kritik in Ankara . In einem Interview wandte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit den Worten "Du verstehst nichts von Politik, du bist ein politischer Neuling" an Maas. Gleichzeitig wertete Erdogan die deutschen Exporteinschränkungen als bedeutungslos ab.

Deutliche Botschaften für Ankara: SPD-Fraktionschef Rolf MützenichBild: Getty Images/A. Berry

Mützenich stellt sich hinter Maas

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte ein EU-Waffenembargo sowie die Prüfung von Wirtschaftssanktionen. Auch in seiner völkerrechtlichen Bewertung der Offensive wurde der SPD-Fraktionschef deutlicher als die Bundesregierung. "Auch dies ist wieder ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg und Erdogan macht sich persönlich als Präsident der Türkei strafbar." Die Bundesregierung verzichtet bisher auf das Wort "völkerrechtswidrig", sagt aber, dass bisher keine völkerrechtliche Legitimation erkennbar sei.

Die scharfe Kritik Erdogans an Außenminister Maas wies Mützenich - wie auch einzelne Oppositionsredner - deutlich zurück. Dass der türkische Präsident Maas als "Dilettanten" bezeichnet habe, sei eine "Grenzüberschreitung" in der internationalen Politik, die Merkel bei ihrem nächsten Gespräch mit Erdogan richtigstellen müsse, sagte der SPD-Fraktionschef.

Die Opposition kritisierte die Reaktion der Bundesregierung auf die Syrien-Offensive als zu harmlos und forderte weitere Maßnahmen gegen Erdogan. "Warum sind Sie eigentlich so ängstlich als Bundesregierung?", fragte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. Der Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei sei "Erpressungsmaterial". "War es nicht mal Staatsräson, sich nicht erpressbar zu machen? Wir sind erpressbar", sagte Bartsch. 

djo/se/kle (afp, dpa)

 

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