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Türkei: Es gibt keine schwarze Liste

27. April 2016

Die Regierung in Ankara wehrt sich gegen den Verdacht, sie führe Listen mit unbequemen Reportern aus dem Ausland. Der Journalistenverband DJV fordert Berlin dennoch auf, in Ankara nachzufragen.

Ein deutscher Presseausweis
Bild: Alterfalter - Fotolia.com

Gleich zwei deutschen Journalisten wurde in der vergangenen Woche bei ihrer Ankunft am Flughafen von Istanbul die Einreise in die Türkei verweigert. Erst traf es einen TV-Korrespondenten der ARD, nur wenige Tage später durfte ein Fotograf der "Bild" nicht weiterreisen. Die beiden Fälle stehen exemplarisch für den Umgang der türkischen Behörden mit ausländischen Berichterstattern in den letzten Wochen. Auch ein amerikanischer Reporter musste kürzlich nach seiner Ankunft in Istanbul direkt wieder ins Flugzeug in die USA steigen, eine niederländische Kollegin wurde nach einem regierungskritischen Bericht sogar vorübergehend festgenommen.

Dem Fotografen der "Bild" wurde von den Sicherheitsbehörden offenbar mitgeteilt, sein Name stehe auf einer Liste. Das nährte Gerüchte, es gebe in der Türkei Listen mit den Namen unerwünschter Journalisten. Dies wurde nun von offizieller Seite dementiert. Wenn Reporter an der Einreise gehindert würden, "dann liegt das nicht an deren Meinung oder Berichterstattung", erklärte ein Regierungsvertreter, der ungenannt bleiben wollte, der Nachrichtenagentur dpa in Istanbul. Einige der abgewiesenen Reporter hätten jedoch in der Vergangenheit gegen türkisches Recht verstoßen - beispielsweise durch illegale Grenzübertritte nach Syrien. Andere wiederum hätten sich bei früheren Aufenthalten verdächtig verhalten, indem sie beispielsweise als Touristen eingereist seien und dann Extremisten interviewt hätten, ohne sich bei der Regierung zu akkreditieren. Diese habe in diesem Punkt "keinen Politikwechsel" vollzogen.

Appell an Bundesregierung

Die jüngsten Fälle sind mittlerweile auch zum Thema in Berlin geworden. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hatte am Dienstag von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Auskunft über angebliche schwarze Listen gefordert. "Wenn kritische und unabhängige Journalisten keine Möglichkeit mehr bekommen, in der Türkei ungehindert zu recherchieren, Fotos zu machen und O-Töne vor der Kamera einzufangen, ist die Bundespolitik gefordert", erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Aus dem Außenministerium gab es bislang allerdings keine Stellungnahme zu dem Thema.

Auf Antrag der Grünen-Fraktion wird sich heute der Bundestag mit der Pressefreiheit in der Türkei beschäftigen. Journalisten müssten dort frei arbeiten können, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Gleichzeitig warf sie Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, diesbezügliche Probleme bei ihrem Türkei-Besuch am vergangenen Samstag nicht deutlich angesprochen zu haben. Kritiker werfen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vor, das Recht auf freie Meinungsäußerung immer weiter einzuschränken. Seit seinem Amtsantritt als Präsident im Sommer 2014 wurden in der Türkei rund 2000 Strafverfahren wegen mutmaßlicher Beleidigung des Staatsoberhauptes eingeleitet. In Deutschland geht Erdogan juristisch gegen den TV-Satiriker Jan Böhmermann wegen eines Schmähgedichts vor.

djo/se (afp, dpa)

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