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"Deutsche Unternehmen warten ab"

Jennifer Wagner
13. August 2018

Die türkische Lira ist schon öfter abgestürzt - allerdings noch nie so massiv wie dieses Mal. Dennoch reagieren Firmen nicht mit Panik, sagt Frank Kaiser von der deutsch-türkischen Handelskammer in Istanbul.

Türkei Börse in Istanbul
Bild: picture-alliance/AP Photo/L. Pitarakis

DW: Herr Kaiser, Sie sind Geschäftsführer der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer in Istanbul. Aus Ihrer Sicht: Wie schlimm ist der Absturz der Lira tatsächlich?

Frank Kaiser: Er ist mit Sicherheit nicht unterzubewerten. Aber wie schlimm er genau ist und was er für Auswirkungen hat, das lässt sich noch nicht sagen. Klar ist aber, dass er es den Unternehmen hier erschwert, Geschäfte zu machen. Für deutsche Unternehmen bedeutet der Sturz der Lira auf jeden Fall, dass die Türkei als Absatzmarkt schwieriger wird.

Wie können denn jetzt Unternehmen mit dieser Entwicklung umgehen?

Sollte der rapide Verfall so weitergehen, wird es ganz schwer. Denn was man jetzt braucht, ist Planungssicherheit. Man muss sich auf Situationen einstellen. Deshalb warten die meisten Unternehmen jetzt erst einmal ab. Sie verfallen nicht in Panik.

Wie reagieren deutsche Unternehmen, die mit der Türkei Handel treiben?

Das ist jetzt eine Entwicklung, die tatsächlich sehr kurzfristig stattgefunden hat und die extrem ist. Da ist tatsächlich Abwarten wahrscheinlich das Erste. Aber da reden wir nicht über Monate, sondern über Tage.

"Das beruht auf politischen Umständen"

Sie sind vor Ort in Istanbul: Was glauben Sie, wie sich die Lage entwickeln wird?

Also, um ehrlich zu sein: Ich habe mir hier abgewöhnt, Prognosen abzugeben, weil es wirklich schwierig ist. Auch diese Situation hat, glaube ich, niemand vorhergesehen, weil sie tatsächlich auch nicht in erster Linie auf makroökonomischen Mechanismen beruht, sondern auf politischen Umständen.

Wie besonders ist denn dieses Szenario für die Türkei?

Es ist schon etwas Besonderes. Diese Abwertung ist man nicht gewöhnt. Es hatte auch im vergangenen Jahr und Anfang des Jahres immer mal wieder Abstürze der Lira gegeben. Die dauerten dann aber maximal ein oder zwei Tage. Aber was wir jetzt hier sehen, das nimmt Ausmaße an, die bedenklich sind und mit denen ist es schwierig zu kalkulieren. 

Was passiert, wenn es so weitergeht?

Wenn es so weitergeht, dann sprechen wir über ein Worst-Case-Szenario. Dann wird es für Unternehmen hier schwierig, die keine Finanzierung aus dem Ausland im Rücken haben. Die werden Cash-Flow-Probleme bekommen. Zudem wird die Inflation steigen und das wird an die Bürger weitergegeben. Das könnte auf den Konsum drücken und der Konsum ist ein großer Teil des bisherigen Wirtschaftswachstums. Dann reden wir über eine Wirtschaftskrise. Im besten Fall stabilisiert sich die Lage wieder etwas. Dann wäre die Türkei auch als Absatzmarkt wieder attraktiv.

Frank Kaiser ist Interims-Geschäftsführer der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK) in Istanbul.

Das Gespräch Jennifer Wagner.

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