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Türkei entlässt tausende Gefangene

14. April 2020

Nun hat das Parlament dem umstrittenen Gesetzentwurf zugestimmt: Angesichts der Corona-Pandemie im Land sollen bis zu 90.000 Gefangene aus überfüllten Gefängnissen entlassen werden. Politische Gefangene bleiben in Haft.

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Wie hier in Konya werden sich bald für viele Insassen die Gefängnistüren öffnen.Bild: picture-alliance/dpa/A. Coskun

Das türkische Parlament hat einen umstrittenen Gesetzentwurf zur Freilassung zehntausender Strafgefangener aufgrund der Coronavirus-Pandemie bewilligt. Der Entwurf sei durch die Annahme durch die Abgeordneten "zu Gesetz geworden", hieß es in einer offiziellen Twitter-Botschaft des Parlaments in Ankara. Bis zu 90.000 Strafgefangene könnten aus den überfüllten Gefängnissen entlassen werden.

Das Gesetz sieht unter anderem vor, die Haftzeit von Risikogruppen in Hausarrest umzuwandeln. Außerdem dürften Verurteilte im offenen Vollzug ihre Strafe zu Hause absitzen. Ausgenommen sind demnach Gefangene, die wegen Terrorverbrechen, vorsätzlichen Mordes, Gewalt gegen Frauen, Sexualstraftaten und Drogendelikten einsitzen.

Das verabschiedete Gesetz stieß auf scharfe Kritik, weil Inhaftierte unter Terrorvorwürfen, darunter Regierungskritiker und Journalisten, von der Regelung ausgenommen sind. Das von der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP eingebrachte Vorhaben wurde von der ultranationalistischen MHP unterstützt. 279 Abgeordnete stimmten nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu dafür, 51 dagegen.

Ausgenommen: politische Inhaftierte

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte, dass kein einziger Änderungsantrag der Opposition angenommen worden sei. Die Amnesty-Aktivistin Milena Buyum schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, zahlreiche Gefangene seien einem erhöhten Infektionsrisiko durch das Coronavirus ausgesetzt, und forderte: "Die türkische Regierung muss das Richtige tun und diejenigen, die inhaftiert sind, weil sie lediglich ihre friedlichen Ansichten geäußert haben, freilassen."

Der türkische Justizminister Abdulhamit Gül hatte erklärt, bislang hätten sich 17 Gefängnisinsassen im offenen Vollzug mit dem Coronavirus infiziert. Drei von ihnen seien gestorben. 14 Infizierte würden in Krankenhäusern behandelt. Im geschlossenen Vollzug sei bislang noch niemand positiv getestet worden.

Die Schriftstellervereinigung PEN hatte gefordert, angesichts der unhygienischen Zustände in vielen türkischen Gefängnissen auch inhaftierte Journalisten und Menschenrechtsaktivisten freizulassen. Viele Menschen säßen nur deshalb in türkischen Gefängnissen, weil sie "ihre Rechte ausgeübt" hätten, sagte der Amnesty-Vertreter Andrew Gardner. Zu den politischen Gefangenen in der Türkei zählen etwa der Kunstmäzen Osman Kavala und der kurdische Politiker Selahattin Demirtas.

In der Türkei gibt es mehr als 61.000 Corona-Infizierte, etwa 1300 Menschen sind bislang an der vom Virus ausgelösten Lungenkrankheit COVID-19 gestorben. Wegen der Pandemie gelten in dem Land strenge Ausgangsbeschränkungen.
 

sam/djo (afp, dpa)

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