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Türkei: Luftschläge genügen nicht

7. Oktober 2014

Die Terrormiliz IS steht vor der Einnahme der nordsyrischen Stadt Kobane. Das bereitet auch dem türkischen Präsident Erdogan Sorgen. Aber statt seine Truppen in den Kampf zu schicken, stellt er Forderungen.

türkisches Militärfahrzeug vor einer Anhöhe bei Kobane (Foto: Reuters)
Bild: REUTERS/U. Bektas

"Kobane ist dabei zu fallen", stellte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan fest. Bei einem Besuch in einem Flüchtlingslager im südtürkischen Gaziantep nutzte er die Gelegenheit zur Kritik an den USA und ihren internationalen Verbündeten: Mit Luftangriffen allein könnten sie dem Vormarsch der Terrormiliz "Islamischer Staat" im Norden von Syrien kein Ende setzen.

Statt dessen forderte Erdogan erneut die Bildung einer Schutz- und einer Flugverbotszone in Syrien. Außerdem sollten moderate Kämpfer der Opposition in Syrien gestärkt werden. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu erklärte derweil, die Türkei sei "zu allem" bereit, stellte aber Bedingungen.

Vor drei Wochen hatte der IS seinen Vormarsch auf Kobane gestartet

Strategie gegen Assad gefordert

Notwendig sei eine abgestimmte Strategie gegen den syrischen Machthaber Baschar al-Assad, erklärte Davutoglu dem US-Nachrichtensender CNN. Ankara werde nur Truppen entsenden, wenn "andere ihren Anteil leisten". Für eine langfristige Lösung des Konflikts in Syrien müsse es auch eine umfassende internationale Strategie gegen Assad geben, nicht nur gegen den IS.

Die Lage in Kobane (arabisch: Ain al-Arab) stellt die Türkei vor ein Dilemma. Greift sie nicht ein, und darauf deutet im Moment alles hin, droht nicht nur ein Massaker in der Stadt. Der IS hätte nach einer Eroberung auch einen langen, durchgängigen Grenzstreifen zum NATO-Partner Türkei unter Kontrolle.

Verbindungen zur verbotenen PKK

Unterstützt sie dagegen die kurdischen Volksschutzeinheiten militärisch, trüge sie möglicherweise langfristig dazu bei, einen Kurdenstaat zu schaffen, was aus ihrer Sicht die eigene territoriale Einheit gefährden würde. Die kurdischen Volksschutzeinheiten, die sich dem IS in Kobane entgegenstellen und de facto die Grenze zur Türkei verteidigen, sind eng verbunden mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.

Das Parlament in Ankara hatte vergangene Woche grünes Licht für einen Militäreinsatz gegen die Extremisten in Syrien gegeben. Zwar wurden Truppen an der Grenze zusammengezogen, bislang ist die Türkei aber nicht ins Nachbarland eingerückt.

Schwarze Flaggen gehisst

Trotz der internationalen Luftangriffe und der Gegenwehr kurdischer Kämpfer rücken IS-Dschihadisten weiter auf Kobane vor. An mehreren Gebäuden im Osten der Stadt hissten sie ihre schwarze Flagge zum Zeichen der Eroberung.

Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, die ihre Informationen von Aktivisten vor Ort erhält, wurden bei den seit Tagen anhaltenden Gefechten mehr als 400 Menschen getötet, die meisten davon Kämpfer beider Seiten. Rund 20 Zivilisten seien unter den Opfern. Vor drei Wochen hatte der IS seinen Vormarsch auf Kobane gestartet und zunächst dutzende Orte in der Umgebung erobert. Rund 300.000 Menschen flohen, davon mehr als 186.000 in die Türkei.

Khalid Barkel, stellvertetender Vorsitzender der kurdischen Selbstverwaltungsbehörde in Kobane, sagte der Deutschen Welle, es befänden sich noch Tausende Zivilisten in der Stadt. "Die Menschen ernähren sich von ihren Lebensmittel-Vorräten, aber mit den andauernden Kämpfen und der Belagerung wird die humanitäre Lage immer kritischer."

uh/se (dpa,afp)

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