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Politik

Türkei: Halbherzige Ermittlungen?

Hilal Köylü
18. Oktober 2018

Wollen die türkischen Behörden den Fall des im saudischen Konsulat in Istanbul verschwundenen Journalisten Jamal Khashoggi wirklich schnellstmöglich aufklären? Oder spielen sie aus politischen Gründen auf Zeit?

Türkei Konsulat von Saudi-Arabien in Istanbul
Bild: Getty Images/AFP/O. Kose

Was genau passierte am 2. Oktober im saudischen Generalkonsulat in Istanbul? Türkische Politiker erklärten bereits früh, sie gingen davon aus, dass der Journalist und Regimekritiker Jamal Khashoggi dort ermordet wurde. Beweise, die diese Vermutung unterstützen könnten, legten sie allerdings bisher nicht vor. Und die Versionen, die in der Türkei über den möglichen Tathergang veröffentlicht werden, ändern sich beinahe täglich. Zuerst hieß es, er sei nach einem zweistündigen Verhör von einem eigens aus Saudi-Arabien eingeflogenen Mordkommando umgebracht worden. Dann wiederum habe der gesamte Tötungsvorgang nur 15 Minuten gedauert. Khashoggi sollen nach Angaben der türkischen Sicherheitsbehörden sogar bei lebendigem Leib Gliedmaßen abgetrennt worden sein. Zunächst hieß es, türkische Geheimdienste sollen über Videoaufnahmen verfügt haben, die die Tötung Khashoggis zeigen. Mittlerweile ist nur noch von Audiomaterial die Rede. Auf dieser Aufnahme soll der saudische Generalkonsul Mohammed al-Utaibi mit den Worten zu hören sein: "Macht das draußen, ihr werdet mir Probleme bereiten." Daraufhin habe ihm ein Mann erwidert: "Wenn du leben willst, wenn du nach Saudi-Arabien zurückkehrst, sei still."

Auf der Suche nach Beweisen durchsuchten saudische und türkische Ermittler erst zwei Wochen nach dem Vorfall das Konsulat - und auch die Wohnung von al-Utaibi. Der saudische Generalkonsul hatte bereits am Dienstagabend das Land verlassen, ohne von der Polizei verhört zu werden. AKP-Sprecher Ömer Çelik begründete dies mit al-Utaibis "Reiseimmunität", aus diesem Grund habe man seine Ausreise aus der Türkei nicht verhindern können. 

Saudischer Journalist Jamal Khashoggi Bild: picture-alliance/dpa/H. Jamali

„Aus juristischer Sicht problematisch"

Durmuş Tezcan von der Istanbuler Near-East University bezweifelt dies. Zwar weist der Experte für internationales Recht auf das "Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen" aus dem Jahr 1961 hin. "Nach diesem Abkommen gibt es zwar ein Recht auf persönliche Immunität." Doch der Fall sei so schwerwiegend, dass unsicher sei, ob diese Immunität noch gelte. Auch Rıza Türmen, ehemaliger Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, erinnert daran, dass nach internationalem Recht türkische Behörden dazu befugt sind, ausländische Konsulatsmitarbeiter in Istanbul festzunehmen und zu verhören, wenn es einen starken Verdacht gebe, dass sie in eine schwerwiegende Straftat verwickelt seien.

"In Anbetracht dieser Befugnisse stellt sich die Frage, warum man erst so spät das Konsulat betreten und dort Ermittlungen durchgeführt hat. Das zeigt, dass man den Fall auf politischer Ebene behandelt hat und nicht als rein juristischen Fall sehen wollte", sagt Türmen.

Türkische Ermittler haben die Suche nach Spuren des vermissten saudischen Regimekritikers Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat sowie in der Residenz des Konsuls abgeschlossen.Bild: picture-alliance/AP Photo/E. Gurel

"Die Türkei spielt auf Zeit"

"Denn die türkische Regierung wollte nicht, dass sich ihr Verhältnis zu Saudi-Arabien weiter verschlechtert, weshalb sie der Staatsanwaltschaft den Fall nicht ganz übergab", so Türmen. Politikwissenschaftler Burak Bilgehan Özpek von der TOBB-Universität in Ankara erinnert daran, dass die Türkei für ihre Nähe zu den Muslimbrüdern bekannt ist, die von Saudi-Arabien als Bedrohung wahrgenommen werden. "Die Türkei möchte die Spannungen mit Saudi-Arabien beim Thema Muslimbrüder nicht verstärken", so Özpetek. Auch Khashoggi war für seine Nähe zu den Muslimbrüdern bekannt.

Özpetek verweist darauf, dass die Türkei wirtschaftlich stark von Saudi-Arabien abhängt und die USA hierbei eine große Rolle spielen. "Die Türkei hat seit langem ein problematisches Verhältnis sowohl zu den USA als auch zu Saudi-Arabien und konzentriert sich darauf, diese Verhältnisse zu verbessern. Daher spielt sie bei der Aufklärung des Falls Khashoggi auf Zeit", so Özpetek.

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