Türkei: Juristen sehen "große Diskrepanz zwischen Gesetzreformen und deren Umsetzung"
17. Februar 2005
Die türkische Regierung habe zwar zahlreiche
Anstrengungen für einen demo-kratischen Umbau
des Landes eingeleitet, es gebe jedoch „eine große
Diskrepanz zwischen Gesetzesreformen und
deren Umsetzung in die Praxis“. Zu dieser
Einschätzung kommt eine deutsch-südafrikanische
Delegation renommierter Ju-risten, die auf eigene
Initiative in Ankara und Istanbul mit Vertretern
der Regie-rungspartei AKP, Parlamentsabgeordneten
und Menschenrechtlern gesprochen und die Ergebnisse
in einem Abschlussbericht zusammengefasst haben.
Der Bericht liegt DW-WORLD.DE, dem
Internet-Angebot der Deutschen Welle, vor.
Der sechsköpfigen Gruppe gehörten unter anderen
Ralf Gössner, Präsident der deutschen Sektion der
Internationalen Liga für Menschenrechte, und
Norman Paech, Völkerrechtler an der Universität
Hamburg für Wirtschaft und Politik, so-wie Essa Moosa,
Richter des südafrikanischen High Court, an. „Mentalität
und Denken in der türkischen Regierung und im
Staatsapparat haben sich noch nicht wirklich grundlegend
geändert“, heißt es in dem Bericht.
So müsse die Regierung ein umfassendes Programm
für die politische, sozial-ökonomische und kulturelle
Gleichberechtigung des kurdischen Volkes entwickeln.
Die offizielle Darstellung von Problemen wie die
Kurdenfrage sei „überwiegend beschönigend, wenn
nicht gar falsch“.
So lange die Regierung die Gleichberechtigung ablehne,
„kann ein Beitritt zur EU nicht empfohlen werden“. Die
Juristen sprechen sich für die Einrichtung einer Kommission
zur Überwachung der Reformen hinsichtlich der
Menschenrechte in der Türkei aus. Der Einfluss der
EU bei den Beitrittsverhandlungen
könne der wirksamste Faktor für eine friedliche Lösung
des Kurdenproblems sein. Ein grundsätzliches Umdenken
in der Kurdenfrage habe bislang weder bei Regierung,
Militär noch bei den Parteien eingesetzt.
46/05
10. Februar 2005