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Politik

Türkei schickt Bohrschiff in das Mittelmeer

9. August 2022

Nach fast zwei Jahren Unterbrechung entsendet die Türkei wieder ein Gas-Bohrschiff ins östliche Mittelmeer. Für Präsident Erdogan ist der Termin so wichtig, dass er eigens ins südtürkische Mersin reist, um dabei zu sein.

Präsident Erdogan bei der Einweihung des neuen Bohrschiffs "Abdülhamid Han"
Präsident Erdogan bei der Einweihung des neuen Bohrschiffs "Abdülhamid Han"Bild: AA/picture alliance

Die "Abdülhamid Han" werde so lange nach Gas suchen, bis sie etwas finde, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan bei der Einweihung des neuen Bohrschiffs im Hafen von Mersin. Wir werden uns holen, "was uns gehört". Die "Abdülhamid Han" werde zuerst in die Region Iskenderun aufbrechen, sagte er. Das vorgesehene Bohrgebiet liegt demnach nördlich von Zypern und weit entfernt von den Gebieten, um die sich die Türkei mit Griechenland und Zypern streitet.

Grundsätzlich lehne er allerdings griechische und zyprische Einwände gegen türkische Bohrmissionen ab, sagte Erdogan weiter und erklärte, die Türkei habe das Recht, in Gebieten, die sie für sich beansprucht, nach Gas zu suchen: "Wir brauchen keine Erlaubnis von irgendjemandem."

Präsident Erdogan posiert im Hafen von Mersin vor der "Abdülhamid Han" Bild: Turkish presidency/dpa/picture alliance

Die "Abdülhamid Han" sei ein "Symbol für die neue Vision der Türkei im Energiebereich", sagte Erdogan in Mersin. Türkischen Medien zufolge soll das nach einem osmanischen Sultan benannte Bohrschiff zunächst bis zum 7. Oktober nach Erdgas suchen.

Dauerstreit zwischen den Nachbarn im östlichen Mittelmeer

Der Konflikt um die Gasvorkommen belastet - neben einigen weiteren - die Beziehungen zwischen der Türkei und Griechenland seit Jahren. 2020 gerieten die beiden Länder fast in eine militärische Auseinandersetzung, als das türkische Bohrschiff "Oruc Reis" südlich der Insel Rhodos Erdgaserkundungsfahrten unternahm, teilweise von Kriegsschiffen eskortiert. Die griechische Marine wurde mobilisiert. Erst mit der Abfahrt der "Oruc Reis" aus den umstrittenen Gebieten beruhigte sich die Lage.

Griechenland wirft der Türkei vor, die Vorkommen illegal zu erkunden. Die Regierung in Ankara weist die Vorwürfe zurück und vertritt den Standpunkt, die Erdgassuche sei rechtmäßig, da die Gewässer zum türkischen Festlandsockel gehörten.

Sowohl die EU-Mitglieder Griechenland und Zypern als auch die Türkei erheben Anspruch auf die reichen Gasvorkommen, die im östlichen Mittelmeer unter dem Meeresboden entdeckt wurden.

Energieunabhängigkeit rückt auch in Ankara immer mehr in den Fokus

Vordergründig gehe es der Türkei um die Erkundung und Ausbeutung von Erdgasvorkommen, schrieb Christian Schaller, Forscher bei der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik, in einem Beitrag. "Vor allem aber strebt die Türkei nach maritimer Vorherrschaft in der Region." Die nun wieder aggressiver werdenden Gesten gegenüber Griechenland werden von manchen Beobachtern zumindest teilweise auch mit den bevorstehenden Wahlen in der Türkei und als Geste an das nationalistische Wählerklientel erklärt.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat zudem den Aspekt der Energieversorgung in den Fokus gerückt. Die Türkei bezog im vergangenen Jahr etwa ein Viertel ihrer Öl- und fast die Hälfte ihrer Erdgasimporte aus Russland und ist bemüht, ihre Energieabhängigkeit zu verringern.

qu/sti (dpa, afp, rtr)

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