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Türkei will suspendierte Richter enteignen

29. Juli 2016

Erst den Job verloren, dann noch Hab und Gut: Nachdem das türkische Regime die Justiz in weiten Teilen entmachtet hat, sollen die betroffenen Juristen nun weiter in die Enge getrieben werden.

Türkei: Istanbul Justizpalast Adalet Sarayi
Der Justizpalast in IstanbulBild: Getty Images/AFP/B. Kilic

Nach dem gescheiterten Putschversuch will die türkische Staatsanwaltschaft die Privatvermögen von mehr als 3000 suspendierten Richtern und Staatsanwälten beschlagnahmen lassen. Betroffen sind 3049 Richter und Staatsanwälte mit mutmaßlichen Verbindungen zur Bewegung des Predigers Fetullah Gülen, deren Festnahme bereits angeordnet worden sei, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Die Juristen sind bereits vom Dienst freigestellt. Beschlagnahmt werden sollen unter anderem Immobilien, Bankkonten oder Fahrzeuge.

Die Regierung macht den in den USA lebenden Gülen für den Putschversuch vom 15. Juli verantwortlich. Nach Angaben des Innenministeriums sitzen zur Zeit mehr als 1600 Richter und Staatsanwälte in türkischer Untersuchungshaft.

Wer unterwandert den Staat?

Die Regierung wirft der Gülen-Bewegung vor, den Staat unterwandert zu haben. Gülen wurde in der Vergangenheit großer Einfluss im Justizbereich nachgesagt.

Die Kritik von deutschen Politikern am Vorgehen der türkischen Behörden will in dieser Situation nicht enden. Grünen-Chef Cem Özdemir prangerte die Schließung von mehr als 100 Medienredaktionen in der Türkei an. "Von Pressefreiheit kann man in der Türkei längst nicht mehr sprechen", sagte Özdemir der "Rheinischen Post". Dies habe auch für das Zusammenleben in Deutschland Auswirkungen, wenn etwa, so Özdemir, "über Erdogans Blätter und TV-Sender verbreitet wird, wir würden Terroristen unterstützen oder gar Terroranschläge wie den IS-Anschlag in Istanbul" verantworten.

Mit dem jüngsten Dekret Erdogans wurde die Schließung von drei Nachrichtenagenturen, 16 Fernsehstationen, 23 Radiosendern, 45 Zeitungen, 15 Magazinen sowie 29 Verlagshäusern und Pressevertrieben angeordnet. Mit demselben Erlass wurden außerdem 1684 Offiziere unehrenhaft aus den Streitkräften entlassen, davon 149 im Generalsrang.

Fethullah GülenBild: picture-alliance/dpa/S. Sevi

"Genau das werden wir nicht machen"

Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, ebenfalls ein Grüner, warf der Türkei vor, in unzulässisger Weise Einfluss in Deutschland nehmen zu wollen. "Wir erhielten vom türkischen Generalkonsulat in Stuttgart jetzt ein Schreiben, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, Vereine, Einrichtungen, Schulen, die nach Meinung der türkischen Regierung von der Gülen-Bewegung, wie sie sagt, betrieben werden, einer Prüfung zu unterziehen und eine neue Bewertung vorzunehmen", berichtete Kretschmann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Kretschmanns Reaktion: "Das hat mich in höchstem Maße befremdet! Genau das werden wir selbstverständlich nicht machen."

ml/cr (dpa,afp)

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