Nach dem schweren Beben im türkisch-syrischen Grenzgebiet werden die Schäden immer deutlicher. Die Zahl der Toten und Verletzten steigt weiter. Internationale Hilfe läuft an.
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Bei den verheerenden Erbeben an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien sind nach jüngsten offiziellen Angaben mehr als 7200 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 5400 davon in der Türkei. Über 30.000 Menschen in der Türkei erlitten Verletzungen. Da die Suche nach Verschütteten andauert, wird ein weiterer Anstieg der Opferzahlen befürchtet.
Die Beben sorgten im Süden der Türkei und im Norden Syriens für enorme Zerstörungen. Ganze Stadtviertel wurden dem Erdboden gleichgemacht. Tausende Menschen sind obdachlos - und das bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Dreimonatiger Notstand
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan rief für zehn betroffene Regionen im Süden und Südosten des Landes einen dreimonatigen Notstand aus. Dadurch sollten Hilfseinsätze beschleunigt werden. Zudem verkündete er eine einwöchige Staatstrauer. Erdogan sprach vom schwersten Beben in der Türkei seit 1939. Damals starben in der östlichen Provinz Erzincan 33.000 Menschen.
Nach Erdogans Angaben stürzten in der Türkei rund 3000 Gebäude in insgesamt sieben Provinzen ein, darunter die staatlichen Krankenhäuser in Iskenderun und Adiyaman. Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation könnten bis zu 23 Millionen Menschen in der Türkei und Syrien von den Folgen des Bebens betroffen sein.
Vor allem aus Syrien gibt es bisher nur wenige konkrete Informationen. Die Lage dürfte dort besonders dramatisch sein. Millionen Binnenflüchtlinge leben dort - oft in Lagern und baufälligen Unterkünften. Die Infrastruktur war schon vor der Bebenserie stark beschädigt. Die Rettungsorganisation Weißhelme geht davon aus, dass mehr als 200 Gebäude vollständig eingestürzt und Hunderte weitere teilweise zerstört worden sind.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verlangte die Öffnung aller Grenzübergänge, damit auch die Menschen in Syrien rasch Hilfe erhalten. Derzeit gebe es nur einen offenen Grenzübergang, der bei dem Erdbeben beschädigt worden sei, sagte die Grünen-Politikerin in Berlin. Es habe höchste Priorität, "dass die humanitäre Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird". Hierzu müsse Russland seinen Einfluss auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geltend machen. Mehrere betroffene Gebiete im Norden Syriens werden derzeit von Aufständischen kontrolliert und nicht von staatlichen Einrichtungen versorgt.
Erdbeben in Türkei und Syrien: Hoffnung auf Überlebende treibt Helfer an
Das schwere Erdbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet hat mehrere Tausend Gebäude zerstört. Unter den Trümmern suchen zahllose Helfer fieberhaft nach Überlebenden. Bilder lassen die Dramatik der Situation nur erahnen.
Bild: Umit Bektas/REUTERS
Im Schlaf überrascht
Dieses Wohnhaus in Diyarbakir ist eines von mehreren Tausend Gebäuden, die das Erdbeben der Stärke 7,8 im türkisch-syrischen Grenzgebiet zerstört hat. Die meisten Menschen überraschte die Katastrophe im Schlaf. Das Beben ereignete sich am Montag um 4.17 Uhr Ortszeit.
Bild: Omer Yasin Ergin/AA/picture alliance
Tausende Gebäude zerstört
Das Beben forderte zahlreiche Opfer - die Behörden sind noch damit beschäftigt, sich einen Überblick zu verschaffen. Klar ist: Mehrere Tausend Gebäude wurden zerstört - so wie dieses in Kahramanmaras in der mehrheitlich kurdisch besiedelten Stadt Diyarbakir.
Bild: Gokhan Cali/AA/picture alliance
Bergung unter schwierigsten Bedingungen
Wie hier in Adana durchsuchen unzählige zivile und offizielle Rettungskräfte eingestürzte Gebäude nach Verschütteten. Die Region wurde von mehr als 50 Nachbeben erschüttert. Der stärkste dieser Erdstöße mit einer Stärke von 7,5 ereignete sich am Montagmittag, als viele Bergungsarbeiten bereits im Gange waren.
Bild: IHA/AP Photo/picture alliance
Auch Nordsyrien betroffen
Auch die nordsyrische Provinz Idlib ist von dem Beben betroffen. Das Erdbeben vom Montag ist eines der verheerendsten in der Region seit Jahrzehnten, und es trifft Gebiete, die bereits durch den syrischen Bürgerkrieg schwer gezeichnet sind. Helfer in Aleppo graben "mit bloßen Händen" in den Trümmern nach Überlebenden, sagte eine Augenzeugin der DW.
Bild: Ghaith Alsayed/AP Photo/picture alliance
Im Krieg beschädigte und neue Häuser zerstört
"Die Menschen in Idlib sind aus ihren Häusern geströmt, sie waren in Panik. Kurz darauf sind die ersten Häuser eingestürzt, die bereits zuvor infolge russischer Luftangriffe nicht mehr in gutem Zustand waren. Aber auch neuere Gebäude sind eingestürzt. Ganze Familien sind noch unter den Verschütteten," berichtet ein Lokalreporter aus dem syrischen Sarmada nahe der türkischen Grenze der DW.
Bild: Omar Albam
Logistische Herausforderung in Syrien
"Die Infrastruktur ist beschädigt, die Straßen, die wir für die humanitäre Arbeit genutzt haben, sind zerstört. Wir müssen kreativ sein, um zu den Menschen zu gelangen.", beschreibt ein Verantwortlicher der UN die Situation in der Provinz Idlib. Die Regierung in Damaskus lässt offenbar Hilfsgüter weiterhin nur über einen Grenzübergang in die letzte nicht von ihr kontrollierte Region.
Bild: Omar Haj Kadour/AFP
Weißhelme im Einsatz
Die im syrischen Bürgerkrieg gegründeten Weißhelme, eine private Zivilschutzorganisation von Freiwilligen und bezahlten Helfern, beteiligen sich an den Bergungsarbeiten in den von Rebellen gehaltenen Gebieten im Nordwesten Syriens. Diese beiden Männer suchen in Sardana nach Überlebenden.
Bild: Ahmad al-Atrash/AFP
Historische Bauwerke zerstört
Auch Kulturschätze wurden bei dem Erdbeben zerstört. In der türkischen Provinz Maltaya wurde die berühmte Yeni Moschee aus dem 13. Jahrhundert schwer beschädigt. Ein Wintersturm erschwert in Teilen der betroffenen Gebiete die Rettungsarbeiten zusätzlich. Am Mittag bat die Türkei offiziell ihre NATO-Partner und die EU um Unterstützung bei den Rettungs- und Bergungsarbeiten.
Bild: Volkan Kasik/AA/picture alliance
Regionen brauchen Hilfe
Zahlreiche Länder - sogar die Ukraine - haben Hilfe angeboten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte gegenüber der Presse, Soforthilfe durch das THW sei veranlasst und die ersten Hilfslieferungen bereits auf dem Weg in die Katastrophenregion, darunter Notunterkünfte und Wasseraufbereitungsanlagen: "Wir dürfen nicht vergessen, dass die Witterungsverhältnisse dort sehr prekär sind", so Faeser.
Bild: Volkan Kasik/AA/picture alliance
Containerhafen in Flammen
Die türkische Hafenstadt Iskenderun wurde besonders schwer von den Beben getroffen. Tausende Container stürzten durch die Erschütterungen um und fingen teilweise Feuer, über der Stadt steht auch noch am Tag nach den Beben eine riesige Rauchsäule.
Bild: Serdar Ozsoy/Depo Photos via AP/picture alliance
Krankenhaus zerstört
Auch in den Trümmern des am Montag teilweise kollabierten Krankenhauses von Iskenderun laufen weiterhin Rettungsarbeiten, Helfer bergen weiterhin Überlebende aus den Trümmern.
Bild: Umit Bektas/REUTERS
Internationale Hilfe läuft an
Die Hilfsorganisation Roter Halbmond begann am Montag mit der Koordinierung von Hilfstransporten in die zerstörten Gebiete. Von einem Militärflughafen nahe der irakischen Hauptstadt Bagdad startet diese Maschine mit Hilfsgütern Richtung Syrien.
Bild: Ahmed Saad/REUTERS
Sammeln für die Betroffenen
Die internationale Anteilnahme ist groß - auch auf privater Ebene versuchen Menschen den Bedürftigen in den Krisengebieten zu helfen. Dieses türkische Kulturzentrum in Den Haag sammelt Materialspenden für die Betroffenen in der Türkei
Bild: Phil Nijhuis/AFP
Hilfe auch aus Deutschland
Mehrere Länder haben Such- und Rettungsspezialisten in die Region entsandt. Am Dienstag traf ein deutsches ISAR-Team (International Search and Rescue) im türkischen Gaziantep ein. Ziel der 42 Experten mit ihren sieben Spürhunden ist die stark beschädigte Stadt Kirikhan in der Nähe der türkisch-syrischen Grenze.
Bild: Piroschka van de Wouw/REUTERS
Katastrophe mit Ansage?
Die meisten Gebäude in der betroffenen Region waren für Beben dieser Stärke nicht ausgelegt - so wie diese Intensivstation des Krankenhauses in Iskenderun. Das Gebiet gilt seit langem als besonders erdbebengefährdet, türkische Geologen hatten die Regierung erst kürzlich vor den Gefahren gewarnt.
Bild: Benoit Tessier/REUTERS
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Nach Schätzungen der Regierung in Ankara haben die starken Erdstöße allein in der Türkei Auswirkungen auf mehr als 13 Millionen Menschen. Das heftigste Beben am Montagmorgen hatte der türkischen Katastrophenschutz-Behörde AFAD zufolge die Stärke 7,7. Es überraschte die meisten Menschen im Schlaf. Am Montagmittag erschütterte ein Beben der Stärke 7,5 dieselbe Region. Außerdem wurden zahlreiche Nachbeben registriert. Die Erdstöße waren noch im Libanon und in Zypern zu spüren - und bis Grönland messbar.
Hilfszusagen aus aller Welt
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "zutiefst betrübt" über die Katastrophe. Die Vereinten Nationen stünden bereit, um Nothilfe zu leisten, versicherte Guterres.
Bundeskanzler Olaf Scholz bekundete in einem Kondolenztelegramm an Erdogan seine "tief empfundene Anteilnahme". Deutschland wolle bei der Bewältigung dieses Unglücks Hilfe und Beistand leisten, betonte der Kanzler.
Die Europäische Union will Betroffene in der Türkei und in Syrien unterstützen. Über das Zentrum für Katastrophenhilfe der EU sind bereits 27 Such- und Rettungsteams mobilisiert worden. Wie der zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic mitteilte, entspricht das insgesamt mehr als 1150 Rettungskräften und 70 Hunden.
Ein Team der Hilfsorganisation I.S.A.R. Deutschland (International Search and Rescue), die auf die Rettung Verschütteter spezialisiert ist, hat die Türkei erreicht. Die 42 Experten - Ärzte, Techniker, Bergungsfachleute - und sieben Spürhunde seien nun auf dem Weg in die stark beschädigte Stadt Kirikhan in der Nähe der türkisch-syrischen Grenze, sagte Sprecher Stefan Heine. Türkische Mitarbeiter der Hilfsorganisation hätten den Einsatzort bereits erkundet und Fotos geschickt.
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Scholz sichert weitere Unterstützung zu
In einem Telefongespräch mit Staatspräsident Erdogan stellte Bundeskanzler Olaf Scholz weitere Hilfe in Aussicht. Nach dem Beben am Montag hatte Innenministerin Nancy Faeser bereits angekündigt, das Technische Hilfswerk (THW) bereite die Lieferung von Notstromaggregaten, Zelten und Decken vor. In der Nacht zum Mittwoch wollte ein 50-köpfiges THW-Team im Auftrag der Bundesregierung in die Türkei fliegen.
Bei dem Gespräch am Dienstagnachmittag habe Scholz dem Präsidenten "sein tief empfundenes Beileid zum Tod zahlreicher Menschen" übermittelt, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit. Erdogan habe die internationale Unterstützung gewürdigt. Die Hilfsorganisation Malteser International, die ebenfalls Kräfte ins Krisengebiet entsandte, soll laut Außenministerin Baerbock eine Million Euro aus Bundesmitteln erhalten.
Hilfszusagen kamen ebenso aus den USA, Russland, der Ukraine, Indien, Pakistan, Iran, Israel, Großbritannien, Griechenland, Australien und etlichen anderen Staaten.