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KatastropheTürkei

Bergung unter schwersten Bedingungen

7. Februar 2023

Nach dem schweren Beben im türkisch-syrischen Grenzgebiet werden die Schäden immer deutlicher. Die Zahl der Toten und Verletzten steigt weiter. Internationale Hilfe läuft an.

Syrien, Jandaris | Erdbeben Türkei und Syrien
Bergung im syrischen Ort JandarisBild: Khalil Ashawi/Reuters

Bei den verheerenden Erbeben an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien sind nach jüngsten offiziellen Angaben mehr als 7200 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 5400 davon in der Türkei. Über 30.000 Menschen in der Türkei erlitten Verletzungen. Da die Suche nach Verschütteten andauert, wird ein weiterer Anstieg der Opferzahlen befürchtet. 

Die Beben sorgten im Süden der Türkei und im Norden Syriens für enorme Zerstörungen. Ganze Stadtviertel wurden dem Erdboden gleichgemacht. Tausende Menschen sind obdachlos - und das bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.

Dreimonatiger Notstand

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan rief für zehn betroffene Regionen im Süden und Südosten des Landes einen dreimonatigen Notstand aus. Dadurch sollten Hilfseinsätze beschleunigt werden. Zudem verkündete er eine einwöchige Staatstrauer. Erdogan sprach vom schwersten Beben in der Türkei seit 1939. Damals starben in der östlichen Provinz Erzincan 33.000 Menschen.

Nach Erdogans Angaben stürzten in der Türkei rund 3000 Gebäude in insgesamt sieben Provinzen ein, darunter die staatlichen Krankenhäuser in Iskenderun und Adiyaman. Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation könnten bis zu 23 Millionen Menschen in der Türkei und Syrien von den Folgen des Bebens betroffen sein.
 

Vor allem aus Syrien gibt es bisher nur wenige konkrete Informationen. Die Lage dürfte dort besonders dramatisch sein. Millionen Binnenflüchtlinge leben dort - oft in Lagern und baufälligen Unterkünften. Die Infrastruktur war schon vor der Bebenserie stark beschädigt. Die Rettungsorganisation Weißhelme geht davon aus, dass mehr als 200 Gebäude vollständig eingestürzt und Hunderte weitere teilweise zerstört worden sind.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verlangte die Öffnung aller Grenzübergänge, damit auch die Menschen in Syrien rasch Hilfe erhalten. Derzeit gebe es nur einen offenen Grenzübergang, der bei dem Erdbeben beschädigt worden sei, sagte die Grünen-Politikerin in Berlin. Es habe höchste Priorität, "dass die humanitäre Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird". Hierzu müsse Russland seinen Einfluss auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geltend machen. Mehrere betroffene Gebiete im Norden Syriens werden derzeit von Aufständischen kontrolliert und nicht von staatlichen Einrichtungen versorgt. 

Nach Schätzungen der Regierung in Ankara haben die starken Erdstöße allein in der Türkei Auswirkungen auf mehr als 13 Millionen Menschen. Das heftigste Beben am Montagmorgen hatte der türkischen Katastrophenschutz-Behörde AFAD zufolge die Stärke 7,7. Es überraschte die meisten Menschen im Schlaf. Am Montagmittag erschütterte ein Beben der Stärke 7,5 dieselbe Region. Außerdem wurden zahlreiche Nachbeben registriert. Die Erdstöße waren noch im Libanon und in Zypern zu spüren - und bis Grönland messbar.

Hilfszusagen aus aller Welt

UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "zutiefst betrübt" über die Katastrophe. Die Vereinten Nationen stünden bereit, um Nothilfe zu leisten, versicherte Guterres.

Syrien: Bergungsarbeiten in der Provinz Idlib an der Grenze zur TürkeiBild: Ghaith Alsayed/AP/picture alliance

Bundeskanzler Olaf Scholz bekundete in einem Kondolenztelegramm an Erdogan seine "tief empfundene Anteilnahme". Deutschland wolle bei der Bewältigung dieses Unglücks Hilfe und Beistand leisten, betonte der Kanzler.

Die Europäische Union will Betroffene in der Türkei und in Syrien unterstützen. Über das Zentrum für Katastrophenhilfe der EU sind bereits 27 Such- und Rettungsteams mobilisiert worden. Wie der zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic mitteilte, entspricht das insgesamt mehr als 1150 Rettungskräften und 70 Hunden.

Ein Team der Hilfsorganisation I.S.A.R. Deutschland (International Search and Rescue), die auf die Rettung Verschütteter spezialisiert ist, hat die Türkei erreicht. Die 42 Experten - Ärzte, Techniker, Bergungsfachleute - und sieben Spürhunde seien nun auf dem Weg in die stark beschädigte Stadt Kirikhan in der Nähe der türkisch-syrischen Grenze, sagte Sprecher Stefan Heine. Türkische Mitarbeiter der Hilfsorganisation hätten den Einsatzort bereits erkundet und Fotos geschickt.

Scholz sichert weitere Unterstützung zu

In einem Telefongespräch mit Staatspräsident Erdogan stellte Bundeskanzler Olaf Scholz weitere Hilfe in Aussicht. Nach dem Beben am Montag hatte Innenministerin Nancy Faeser bereits angekündigt, das Technische Hilfswerk (THW) bereite die Lieferung von Notstromaggregaten, Zelten und Decken vor. In der Nacht zum Mittwoch wollte ein 50-köpfiges THW-Team im Auftrag der Bundesregierung in die Türkei fliegen.

Bei dem Gespräch am Dienstagnachmittag habe Scholz dem Präsidenten "sein tief empfundenes Beileid zum Tod zahlreicher Menschen" übermittelt, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit. Erdogan habe die internationale Unterstützung gewürdigt. Die Hilfsorganisation Malteser International, die ebenfalls Kräfte ins Krisengebiet entsandte, soll laut Außenministerin Baerbock eine Million Euro aus Bundesmitteln erhalten.

Hilfszusagen kamen ebenso aus den USA, Russland, der Ukraine, Indien, Pakistan, Iran, Israel, Großbritannien, Griechenland, Australien und etlichen anderen Staaten.

wa/bru/qu/AR/jj/uh (dpa, afp, rtr)

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