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Politik

Türkei verbietet Kriegsschiffen Durchfahrt durch Bosporus

28. Februar 2022

Die Türkei blockiert den Bosporus für alle Kriegsschiffe. Den Haag kündigt völkerrechtliche Ermittlungen an. Der russische Staatschef Putin besteht auf der Entmilitarisierung der Ukraine.

Recep Tayyip Erdogan
Der türkische Staatschef Erdogan hat den russischen Angriffskrieg scharf verurteilt Bild: Mustafa Kamaci /AA/picture alliance

Das Wichtigste im Überblick:

  • Ankara verbietet Kriegsschiffen die Durchfahrt
  • Den Haag vor völkerrechtlicher Aufarbeitung
  • Putin gibt bei der Ukraine nicht nach 
  • FIFA und UEFA schließen russischen Fußball aus
  • Selenskyj unterschreibt EU-Beitrittsgesuch
  • EU setzt Sanktionen gegen Oligarchen in Kraft 
  • Russische Truppen rücken auf Kiew vor

Die Türkei hat die Durchfahrt von Kriegsschiffen durch die Meerengen Bosporus und Dardanellen verboten. Ankara habe die "Nachbarländer davor gewarnt, Kriegsschiffe durch das Schwarze Meer zu schicken", sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Montagabend. Die Regierung beruft sich dabei auf den Vertrag von Montreux, der es der Türkei gestattet, die Durchfahrt entsprechender Schiffe in Kriegszeiten zu beschränken. Derzeit sollen mindestens vier russische Kriegsschiffe im Mittelmeer auf eine Passiergenehmigung warten. Die Meerengen Bosporus und Dardanellen verbinden das Schwarze Meer mit der Marmarasee und der Ägäis.

Das NATO-Land Türkei - wie Russland und die Ukraine ein Anrainer des Schwarzen Meers - hatte den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in der vergangenen Woche scharf verurteilt. Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte sich deutlich auf die Seite Kiews. "Wir lehnen Russlands Militäreinsatz ab", sagte Erdogan. Die Invasion sei ein "schwerer Schlag für den Frieden und die Stabilität in der Region". Allerdings wird Erdogan auch ein gutes Verhältnis zum russischen Staatschef Wladimir Putin nachgesagt.

Staatsanwalt in Den Haag will ermitteln

Am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ist ein erster Schritt zu völkerrechtlicher Aufarbeitung des russischen Angriffs auf die Ukraine eingeleitet worden: Der dortige Staatsanwalt Karim Khan kündigte an, "so schnell wie möglich" Ermittlungen einzuleiten. Angesichts der "Ausweitung des Konflikts" in der Ukraine werde die Untersuchung "auch alle neuen mutmaßlichen Verbrechen umfassen, die in den Zuständigkeitsbereich meines Amtes fallen und von einer Konfliktpartei in irgendeinem Teil des ukrainischen Staatsgebiets begangen wurden", teilte Khan mit. Zuvor hatten bereits die Ukraine sowie Litauen angekündigt, Klagen in Den Haag anzustreben.

Der Internationale Strafgerichtshof in der niederländischen Stadt Den HaagBild: Phil Nijhuis/ANP/picture alliance

Kanada stoppt russische Öl-Importe und liefert Waffen

Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat weitere Waffenlieferungen an die Ukraine sowie einen Importstopp für russisches Rohöl angekündigt. Die russische Ölindustrie habe "Präsident Putin und seinen Oligarchen großen Gewinn gebracht", sagte Trudeau.

Zuvor hatte das G7-Mitglied bereits westliche Sanktionen wie den Ausschluss einiger russischer Banken aus dem Swift-System mitgetragen sowie Waffen und militärische Ausrüstung in die Ukraine geliefert. "Kanada wird weiterhin Unterstützung für die heldenhafte Verteidigung der Ukraine gegen das russische Militär liefern", sagte Trudeau. Laut Verteidigungsministerin Anita Anand zählen dazu 100 Panzerabwehrwaffen sowie 2000 Raketen. "Wir arbeiten daran, sie so schnell wie möglich zu liefern", sagte Anand.

Putin besteht auf der Entmilitarisierung der Ukraine

In einem weiteren Telefonat mit dem russischen Staatschef Putin hat der französische Präsident Emmanuel Macron versucht, diesen zu einem Ende der Angriffe zu bewegen. Putin verlangte als Bedingung für ein Ende des russischen Vormarsches in der Ukraine deren Entmilitarisierung sowie eine Anerkennung der von Russland annektierten Krim als russisches Territorium, wie der Kreml anschließend mitteilte. Außerdem habe Putin nochmals auf einer "Entnazifizierung" der ukrainischen Regierung und der "Neutralität" der Ukraine bestanden. In einer Mitteilung des Élysée-Palastes in Paris hieß es, Putin habe seinen Willen bekräftigt, "sich für ein Ende der Kämpfe zu engagieren". 

Die französische Nachrichtenagentur AFP zitierte einen Berater Macrons mit der Ankündigung, den russischen Preis für den Krieg noch weiter in die Höhe treiben zu wollen. "In den kommenden Tagen" soll dazu ein weiteres EU-Sanktionspaket aufgelegt werden.

Russisch-ukrainische Gespräche vertagt

Im Grenzgebiet zwischen Belarus und der Ukraine haben erstmals Verhandlungen mit Russland wegen des Einmarschs stattgefunden. "Wir reisen zu Beratungen in die Hauptstädte zurück", sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak nach dem Treffen vor Journalisten. Details nannte er nicht. Beide Seiten hätten eine Reihe von Hauptthemen festgelegt, bei denen "bestimmte Entscheidungen" getroffen werden müssten. Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski sagte, es sei vereinbart worden, die Verhandlungen fortzusetzen. Die Gespräche dauerten etwa sechs Stunden.

FIFA und UEFA suspendieren Russland

Der Fußball-Weltverband FIFA und die Europäische Fußball-Union UEFA haben Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine von allen Wettbewerben suspendiert. Damit steht Bundesligist RB Leipzig kampflos im Viertelfinale der Europa League, die für den März angesetzten Achtelfinalspiele zwischen Leipzig und Spartak Moskau finden nicht statt. Außerdem beendet die UEFA die Zusammenarbeit mit dem russischen Sponsor Gazprom mit sofortiger Wirkung.

Die russische Nationalmannschaft darf nicht an den WM-Playoffs im März und auch nicht an der Weltmeisterschaft in Katar zum Jahresende teilnehmen.

Mit Empörung reagierte der Russische Fußballverband auf den Ausschluss aus allen Wettbewerben. Die Entscheidung habe einen eindeutig diskriminierenden Charakter und schade einer großen Zahl von Sportlern, Trainern, Angestellten von Vereinen und Nationalmannschaften und vor allem Millionen von russischen und ausländischen Fans, heißt es in einer Erklärung. 

Selenksyj unterzeichnet Antrag auf EU-Mitgliedschaft

Dass die Gespräche zu einem Ergebnis führen werden, bezweifelte der ukrainische Präsident bereits vorab. "Ich glaube nicht an ein Ergebnis dieses Treffens, aber lasst es uns versuchen", sagte Wolodymyr Selenskyj in einer Stellungnahme. Wenig später unterzeichnete er ein offizielles Gesuch auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union. In der vergangenen Tagen hatte der ukrainische Präsident mehrfach die EU darum gebeten, sein Land in einem Sonderverfahren rasch aufzunehmen.

Präsident Wolodymyr Selenskyj (M.) mit dem Antrag auf eine EU-Mitgliedschaft Bild: Office of the President of Ukraine

Von der Leyen für EU-Mitgliedschaft der Ukraine

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen plädierte inmitten des Kriegs mit Russland für eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine. "Auf lange Sicht gehören sie tatsächlich zu uns. Sie sind einer von uns und wir wollen sie dabei haben", sagte von der Leyen in einem Interview des Senders Euronews.

Die EU setzt Sanktionen gegen Oligarchen in Kraft

Auch die russischen Oligarchen aus dem Umfeld Putins werden von der Europäischen Union mit Strafmaßnahmen belegt. Unter anderem werden ihre Vermögenswerte in der EU eingefroren, wie am
Montagabend aus einer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt hervorgeht. 

Zudem wird ihre Reisefreiheit eingeschränkt. Neben Oligarchen sind auch Personen aus Putins engerem Kreis wie Kremlsprecher Dmitri Peskow von den Maßnahmen betroffen. Auch der Cellist und
Putin-Vertraute Sergej Roldugin wird genannt.  

Reiche Russen stellen sich gegen Putin

Einige der reichsten Männer Russlands hatten sich zuvor offen gegen den Kreml gestellt. So schrieb Medienmogul Evgeny Lebedev in einem offenen Brief an Putin: "Als Bürger Russlands bitte ich Sie, den Zustand zu beenden, in dem Russen ihre ukrainischen Brüder und Schwestern töten." Der russische Milliardär Oleg Tinkow, Gründer der Tinkoff-Bank, kritisierte den Angriff auf die Ukraine in einem Beitrag auf Instagram. "Heute sterben in der Ukraine jeden Tag unschuldige Menschen, das ist undenkbar und inakzeptabel", betonte er.

Der Milliardär Oleg Deripaska forderte angesichts der gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen ein Ende des "Staatskapitalismus". Am Sonntag hatte bereits der russische Oligarch Michail Fridman erklärt, "Krieg kann niemals die Antwort sein". Der Milliardär Roman Abramowitsch wurde nach Angaben einer Sprecherin von ukrainischer Seite um Hilfe bei der Suche nach einer Lösung gebeten.

Roman Abramowitsch wurde von der Ukraine um Vermittlung gebeten - er ist Eigentümer des Londoner Fußballklubs FC Celsea Bild: Ben Stansall/AFP/Getty Images

Atomwaffen künftig auch in Belarus?

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat sich besorgt über eine mögliche Stationierung von Atomwaffen in Belarus geäußert. Mit der beschlossenen Verfassungsänderung gebe sich das Land den Status einer Nuklearmacht. "Das bedeutet, dass Russland Kernwaffen in Belarus stationieren wird, und das ist ein sehr gefährlicher Weg", sagte Borrell vor einem Treffen mit den EU-Verteidigungsministern in Brüssel. Die Volksabstimmung, mit der Präsident Alexander Lukaschenko am Sonntag die Verfassungsänderung legitimieren ließ, nannte Borrell ein "Fake-Referendum". 

Moskaus Verteidigungsminister: "Abschreckungswaffen" alarmbereit

Das russische Verteidigungsministerium hat, wie von Präsident Putin am Sonntag angeordnet, die "Abschreckungswaffen" der Atommacht in verstärkte Alarmbereitschaft versetzt. Das bestätigte Minister Sergej Schoigu am Montag dem russischen Präsidenten, wie aus einer Mitteilung der Behörde hervorgeht. Konkret nannte er die strategischen Raketentruppen, die Nord- und die Pazifik-Flotte und die Fernfliegerkräfte. Putin hatte in einem vom Kreml verbreiteten Video von "Abschreckungswaffen" gesprochen, Atomwaffen erwähnte er nicht explizit.

Staatschef Wladimir Putin (l.) und sein Verteidigungsminister Sergej Schoigu Bild: Mikhail Klimentyev/AP/picture alliance

Viele Opfer bei Angriffen auf Charkiw

Aus der zweitgrößten ostukrainischen Stadt Charkiw werden schwere russische Angriffe gemeldet. Die lokalen Behörden sprechen von mindestens elf Todesopfern. Es habe Dutzende Verletzte gegeben,
schrieb der Gebietsleiter Oleh Synjehubow bei Facebook. Videos zeigten mehrere Raketeneinschläge in einem Wohngebiet. 

Russische Truppen rücken weiter auf Kiew vor 

Aus der Hauptstadt Kiew werden laut Medienberichten mindestens zwei große Explosionen gemeldet. Satellitenaufnahmen des privaten US-Unternehmens MaxarTechnologies zeigen russische Bodentruppen mit zahllosen Militärfahrzeugen in einem Konvoi nordöstlich von Kiew. Der Konvoi sei etwa 20 Meilen nordöstlich des Antonow-Flughafens am Stadtrand von Kiew entfernt, hieß es. 

Brennendes Militärfahrzeug in Charkiw Bild: Marienko Andrew/AP/picture alliance

Russische Soldaten sollen nach Angaben aus Moskau die Städte Berdjansk und Enerhodar im Südosten der Ukraine erobert haben. Sie stünden unter russischer Kontrolle, teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, mit. Berdjansk, dessen Einnahme zuvor schon die ukrainische Seite gemeldet hatte, liegt am Asowschen Meer, Enerhodar nordwestlich der umkämpften Stadt Mariupol.

Landesweit sind seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine laut dem Gesundheitsministerium in Kiew mindestens 352 Zivilisten getötet worden, darunter 14 Kinder. Es gebe obendrein mindestens 1700 verwundete Zivilisten, darunter seien 116 Kinder.

Generell lassen sich Angaben zu Angriffen und Opfern von unabhängiger Seite nicht überprüfen. 

Schweiz schließt sich EU-Sanktionen an

Die Schweiz übernimmt nun doch die EU-Sanktionen gegen Russland. Sein Land werde alle Sanktionen übernehmen, welche die Europäische Union wegen des russischen Einmarsches in die Ukraine bereits gegen Russland verhängt habe, sagte der Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis. Dies gelte auch für Strafmaßnahmen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und das Einfrieren russischer Vermögenswerte in der Schweiz. Auch der Luftraum wird für alle russischen Maschinen gesperrt.

Mit Verweis auf die traditionelle Neutralität des Landes hatte die Schweizer Regierung bisher gezögert, scharfe Strafmaßnahmen gegen Russland zu ergreifen. Dieses Zögern war im In- und Ausland kritisiert worden.

UN-Vollversammlung tagt in New York 

Mit einer Schweigeminute begann in New York eine Dringlichkeitssitzung der UN-Vollversammlung zum russischen Krieg in der Ukraine. UN-Generalsekretär António Guterres forderte im Anschluss ein sofortiges Ende der Kämpfe in der Ukraine: "Diese Eskalation der Gewalt, die zu zivilen Todesopfern einschließlich Kindern führt, ist vollkommen inakzeptabel. Genug ist genug."

Die UN-Vollversammlung kam erstmals seit 40 Jahren zu einer solchen Dringlichkeitssitzung zusammen. Über zwei Tage lang stehen mehr als hundert Reden an. Außerdem soll über eine Resolution abgestimmt werden, die den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt und zu einem Ende der Kämpfe aufruft.

Sanktionen gegen russische Zentralbank in Kraft

Die Europäische Union hat in der Nacht zu Montag ihre schwerwiegenden Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft gesetzt. Sie umfassen nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Verbot von Transaktionen mit dem Finanzinstitut.

Zentralbank in MoskauBild: Natalia Seliverstova/Sputnik/dpa/picture alliance

Zudem werden alle Vermögenswerte der Bank in der EU eingefroren, um zu verhindern, dass damit der Krieg von Kremlchef Wladimir Putin gegen die Ukraine finanziert wird. Die Strafmaßnahme gilt als ebenso schwerwiegend wie der in Kürze geplante Ausschluss russischer Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift.

Zentralbank verdoppelt Leitzins – Rubel stürzt ab

Die russische Zentralbank reagiert mit einer drastischen Zinserhöhung auf die Währungskrise infolge westlicher Sanktionen. Der Leitzins steigt von 9,5 auf 20 Prozent, wie die Währungshüter in Moskau ankündigten. Ausländern wurde von der Zentralbank der Verkauf russischer Wertpapiere untersagt. Der Rubel ist wegen der verschärften Sanktionen auf ein Rekordtief gefallen. Auf der Handelsplattform EBS stürzte er in der Nacht zum Montag um fast 42 Prozent ab. 

Baerbock: Wir werden alle Flüchtlinge aufnehmen

Außenministerin Annalena Baerbock hat betont, dass die EU und Deutschland alle ukrainischen Flüchtlinge aufnehmen würden. Man sei gemeinsam an den Grenzen des Landes präsent, um zu helfen, sagte die Grünen-Politikerin in Berlin. Zugleich bremste sie bei dem Wunsch der Ukraine, der EU beizutreten. Dies sei keine Entwicklung, die sich in einigen Monaten vollziehen könne.

500.000 Vertriebene 

Seit Donnerstag sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) schätzungsweise eine halbe Million Menschen aus der Ukraine in benachbarte Länder geflohen. Zudem sei im Zuge der russischen Invasion eine sechsstellige Zahl an Menschen innerhalb der Ukraine vertrieben worden, sagte UNHCR-Sprecher Chris Melzer. Eine genaue Schätzung der Binnenflüchtlinge sei derzeit nicht möglich. Die meisten Flüchtlinge haben sich bislang nach Polen aufgemacht. Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes waren es mehr als 281.000 seit Kriegsbeginn. Allein am Sonntag hätten fast 100.000 Flüchtlinge die Grenze passiert, sagte eine Sprecherin am Montag. Andere wichtige Zielländer sind demnach Rumänien, Moldau, Ungarn und die Slowakei. 

Zehntausende bei Friedensdemo in Köln

Der Rosenmontag in Köln stand ganz im Zeichen des Kriegs in der Ukraine. Statt Karneval hatten sich nach Schätzungen der Polizei bis zu 250.000 Menschen versammelt, zu einem Friedensmarsch entlang der ursprünglich für den Rosenmontagsumzug geplanten Route. Die von Karnevalisten organisierte Demonstration begann am Vormittag mit einer Kundgebung. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) sagte in einer Rede an die Teilnehmer, sie empfinde grenzenlose Bewunderung für all die mutigen Russinnen und Russen, die bereits seit Freitag auf die Straßen ihres Landes gehen. Minutenlanger donnernder Applaus der Zuhörer war die Reaktion darauf.

Friedensdemo statt Karneval in KölnBild: Ina Fassbender/AFP

Auch Nordrhein-Westfalen Ministerpräsident Hendrik Wüst war mit dabei. Der CDU-Politiker sagte dem "Kölner Stadtanzeiger", die Friedensdemo zeige, "Karneval ist mehr als Kamelle und Strüßje, Karneval steht für Gemeinschaft und Zusammenhalt. Für diese Werte, für den Frieden und für die Solidarität mit der Ukraine wollen wir gemeinsam ein starkes Zeichen setzen."

Bei einer Friedenskundgebung in Berlin waren am Sonntag bereits mehr als hunderttausend Menschen für Frieden auf die Straße gegangen. Auch in zahlreichen anderen Städten in aller Welt gingen Demonstranten gegen den Krieg auf die Straße. 

Russischer Delegierter bei UN-Klimakonferenz entschuldigt sich

Ein Schlaglicht auf die Akzeptanz des russischen Kriegs gegen die Ukraine innerhalb Russlands warf eine Äußerung eines Diplomaten bei einer Schaltkonferenz des Weltklimarats. Der Leiter der russischen Delegation, Oleg Anisimow, soll sich überraschend für den Angriff auf die Ukraine entschuldigt haben. Mehrere Medien berichten unter Verweis auf Angaben von Teilnehmern, Anisimow habe am Sonntag gesagt: "Lassen sie mich im Namen aller Russen, die diesen Konflikt nicht verhindern konnten, eine Entschuldigung aussprechen." Der Klimaforscher fügte demnach bei der Konferenz von 195 Nationen hinzu, dass alle Russen, die wissen, was passiere, keine Rechtfertigung für diesen Angriff finden. 

Selenskyj und Minister: "Wir halten die Stellung"

Mit einem Selfie haben der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Verteidigungsminister Olexij Resnikow Berichten widersprochen, sie seien aus Kiew geflohen. "Wir halten die Stellung", twitterte Resnikow. Er betonte den Durchhaltewillen der Führung. "85 Stunden Verteidigung. Die Ukrainer einschüchtern - vergeblich. Unsere Verteidiger und Verteidigerinnen kaputt kriegen - gelingt nicht. Uns zwingen, die Hauptstadt aufzugeben - gelingt ihnen auch nicht", schrieb der Minister.

Es seien äußerst schwere Stunden. "Doch sie werden vorübergehen. Übermorgen ist bereits Frühling. Die Ukraine wird siegen. Sie siegt bereits!" Ein Video oder Foto, das den Präsidenten eindeutig in Kiew zeigt, gab es am Sonntag aber nicht. Selenskyj hatte sich an den Vortagen in Clips im Regierungsviertel gezeigt.

NGO: Rund 2000 weitere Festnahmen bei Demos

Erneut haben sich mehrere tausend Menschen in Russland über das Demonstrationsverbot hinweggesetzt, um gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu protestieren. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OVD-Info wurden bei landesweiten Protesten am Sonntag 2114 Menschen festgenommen. Damit erhöhte sich die Zahl der seit Donnerstag bei Anti-Kriegs-Protesten festgenommenen Demonstranten auf mehr als 5000.

Trotz vieler Festnahmen wie hier in St. Petersburg gibt es in Russland Proteste gegen den KriegBild: Dmitri Lovetsky/AP/picture alliance

In der zweitgrößten russischen Stadt St. Petersburg versammelten sich rund 400 Menschen auf einem zentralen Platz, um ihre Ablehnung des Angriffs auf die Ukraine kundzutun. Auch in der Hauptstadt Moskau und rund 40 anderen Städten des Landes fanden Proteste statt.

Schalke trennt sich von Gazprom

Der deutsche Fußball-Zweitligist Schalke 04 beendet die Partnerschaft mit seinem Hauptsponsor, dem russischen Energieriesen Gazprom. Der Vorstand habe dies mit Zustimmung des Aufsichtsrates beschlossen, teilt der Verein mit. "Vorstand und Aufsichtsrat befinden sich dazu mit Vertretern des aktuellen Hauptsponsors in Gesprächen, weitergehende Informationen dazu werden zu gegebener Zeit bekanntgegeben." Zuletzt hatten der Traditionsverein bereits Gazprom als Schriftzug vom Trikot genommen. Der Vertrag des finanziell klammen Vereins mit Gazprom lief noch bis 2025. In der 2. Liga sollten vom russischen Gaslieferanten neun Millionen jährlich fließen, bei einem Aufstieg wäre die Summe wohl auf 15 Millionen Euro pro Saison angestiegen.

Schriftsteller weltweit verurteilen Russlands Angriffskrieg

Mehr als 1000 Autorinnen und Autoren aus der ganzen Welt solidarisieren sich in einem offenen Brief des internationalen Schriftstellerzentrums PEN mit ihren Kollegen in der Ukraine. Unter anderem treten Paul Auster, Swetlana Alexijewitsch, Can Dündar, Siri Hustvedt, Margaret Atwood, Joyce Carol Oates, Orhan Pamuk, Maria Ressa, Salman Rushdie, Olga Tokarczuk und Sten Nadolny für ein Ende des Blutvergießens ein, wie das deutsche PEN-Zentrum mitteilte.

In dem Brief zeigen sie sich entsetzt über die von den russischen Streitkräften gegen die Ukraine entfesselte Gewalt und fordern dringend ein Ende des Krieges. Alle Menschen hätten ein Recht auf Frieden, freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit. Wladimir Putins Krieg sei ein Angriff auf Demokratie und Freiheit auf der ganzen Welt.

se/uh/qu/kle/gri/wa/ehl (afp, dpa, rtr, sid, ap)

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