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Politik

Türkei will bessere Beziehungen zu Deutschland

Nina Werkhäuser
6. März 2018

Werden Deutschlands Reisehinweise für die Türkei entschärft? Dafür warb der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bei seinem Besuch in Berlin. Doch die Bundesregierung sieht noch Hindernisse.

Deutschland Außenminister Mevlut Cavusoglu, Türkei & Sigmar Gabriel in Berlin
Bild: Reuters/F. Bensch

Der Ton war freundlich, die Aussagen versöhnlich: Die Begegnung zwischen Außenminister Sigmar Gabriel und seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu erweckte den Eindruck, als ob der Tiefpunkt in den deutsch-türkischen Beziehungen nun endgültig überwunden sei. "Wir haben in den letzten Wochen und Monaten Fortschritte erzielt", betonte Gabriel, als er seinen "Freund Mevlüt" in der Villa Borsig in Berlin begrüßte. Mitte Februar war der deutsche Journalist Deniz Yücel nach einem Jahr aus türkischer Haft entlassen worden, was zu einer Normalisierung der zuvor sehr angespannten Beziehungen zwischen Berlin und Ankara beigetragen hatte. 

Dauergast in Deutschland

Sprachrohr dieser Entspannungspolitik scheint der türkische Außenminister zu sei, der bereits zum dritten Mal binnen zwei Monaten in Deutschland weilt und ein vertrauensvolles Verhältnis zum geschäftsführenden Außenminister Gabriel pflegt, den er als "verehrten Freund" ansprach. Diesmal ist Cavusoglu anlässlich der Internationalen Tourismusbörse (ITB) nach Berlin gekommen, was ihm die Gelegenheit bot, eine aus seiner Sicht gute Nachricht anzubringen: Die Zahl der deutschen Touristen in die Türkei steige wieder deutlich an. Sie war eingebrochen, nachdem die türkische Regierung nach dem Putschversuch im Juli 2016 den Ausnahmezustand verhängt hatte.

Türkei: Reisehinweise entschärfen

Seither "wurden in der Türkei  vermehrt deutsche Staatsbürger willkürlich inhaftiert", heißt es in den Reisehinweisen des Auswärtigen Amts. Auslöser für diese Verschärfung war die Festnahme des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner, der von Juli bis Oktober 2017 in türkischer Haft saß. Auch rät das Auswärtige Amt von Reisen in das Grenzgebiet zu Syrien dringend ab. Das stößt beim türkischen Außenminister auf wenig Verständnis: Die Türkei sei "nicht weniger sicher als irgendein anderes europäisches Land", betonte Cavusoglu und schlussfolgerte: "Natürlich wäre es gut, wenn das Auswärtige Amt die Reisehinweise noch einmal überdenkt und neu formuliert." Diese spiegelten nicht die guten, freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern wider.  

Der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner wurde Ende Okotber aus türkischer Haft entlassenBild: Reuters/O.Orsal

Gabriel verwies auf die "Sorgen", dass deutsche Staatsbürger, vor allem solche mit türkischem Pass, verhaftet werden könnten. Auch spiele es eine Rolle, ob der Ausnahmezustand aufrechterhalten oder aufgehoben werde. "Die Türkei wird ja auch nach und nach wieder zu ganz normalen Verhältnissen zurückkehren wollen, und das wird automatisch auch Folgen haben für unsere Reisehinweise." Die Türkei sei "eines der schönsten Länder der Erde", ergänzte Gabriel.

"Waffenstillstand überall in Syrien"

Thema des Besuchs war auch die türkische Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in der syrischen Provinz Afrin, die Cavusoglu verteidigte. Die YPG sei eine Terrororganisation, daher stehe die Operation "im Einklang mit dem internationalem Recht". Gabriel hingegen fordert im Namen der Bundesregierung einen Waffenstillstand "überall in Syrien".

Zur Sprache kam auch die Forderung nach einer Auslieferung des syrischen Kurdenpolitikers Saleh Muslim. Gabriel bestätigte, dass Deutschland eine Verbalnote des türkischen Außenministeriums zum Fall Muslim erhalten habe, die nun an das Justizministerium gehe und dort "nach rechtsstaatlichen Grundsätzen" geprüft werde. Muslim, der frühere Vorsitzende der syrischen Partei der Demokratischen Union (PYD), wird von der Türkei wegen Terrorvorwürfen gesucht. Am vergangenen Samstag nahm er in Berlin an einer Demonstration gegen die türkische Militäroffensive in Afrin teil. Daraufhin forderte die Türkei Deutschland zur Festnahme und Auslieferung Muslims auf.

Der ehemalige Chef der syrischen Kurdenpartei PYD, Saleh Muslim, bei einer Demonstration in BerlinBild: Imago/C. Mang

"Kein Kuschelkurs"

Anlässlich des Besuchs des türkischen Außenministers warnten Oppositionspolitiker die Bundesregierung davor, zu schnell eine "Normalisierung" in den Beziehungen auszurufen. "Gespräche ja, Kuschelkurs nein", mahnte der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff. "Gute Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind an die Einhaltung von Menschenrechten und Demokratie geknüpft". Es säßen aber fünf weitere Deutsche in Haft, weitere hundert türkische Journalisten hätten keinen Zugang zu transparenten, rechtsstaatlichen Verfahren.

Ähnlich argumentierte die Grünen-Politikerin Claudia Roth. "Bei aller Freude über die Freilassung von Deniz Yücel: Opposition, Zivilgesellschaft und Presse sind in der Türkei weiterhin eingesperrt", sagte die Bundestagsvizepräsidentin. Es sei zwar richtig, den Gesprächsfaden mit der Türkei nicht abreißen zu lassen, erklärte Roth. Aber eine Normalisierung dürfe es nicht geben, solange die türkische Armee ihren "völkerrechtswidrigen Angriff" in Afrin fortsetze und "die Demontage des Rechtsstaats durch die AKP-Regierung" unvermindert anhalte.

 

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