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Politik

Türkei bringt Waffen nach Libyen

25. August 2020

Das Verhalten des NATO-Partners sorgt in Berlin für Unruhe. Mit Airbus-Maschinen soll Ankara das Waffenembargo gegen Libyen gebrochen haben - immer wieder.

Türkei "Transportflugzeug der nächsten Generation" A400M
Wartung eines Transportflugzeugs vom Typ Airbus A400M im türkischen Kayseri (Archivbild)Bild: picture-alliance/AA/S. Kucuksahin

Das türkische Militär soll mit Airbus-Flugzeugen "kriegswichtige Fracht" nach Libyen geflogen haben. Damit habe Ankara gegen das geltende UN-Embargo verstoßen, berichten das ARD-Magazin "Report München" und der "Stern". Mit Airbus-Militärmaschinen vom Typ A400M seien mindestens zwölf Transporte in das Bürgerkriegsland abgewickelt worden. An den Recherchen waren auch der deutsch-französische TV-Sender Arte, "El Diario" aus Spanien und das niederländische Recherchezentrum Lighthouse Reports beteiligt.

Die A400M wird zum Teil in Deutschland gebaut und in Spanien endmontiert. Sie kann bis zu 37 Tonnen an Militärgerät oder mehr als 100 Soldaten an Bord nehmen. Ein Airbus-Sprecher sagte in München, der NATO-Partner Türkei gehöre mit Deutschland, Frankreich und weiteren EU-Staaten zu den Gründungspartnern des A400M-Programms im Jahr 2003. Ankara habe bislang neun Flugzeuge erhalten; die Lieferung eines zehnten stehe an. Alle Lieferungen seien gesetzeskonform.

Airbus: "Liegt nicht in unseren Händen"

Die Maschinen würden im anatolischen Kayseri gewartet und mit Ersatzteilen versorgt. Im Rahmen eines laufenden Vertrags stelle Airbus auch Personal, das an den Wartungsarbeiten beteiligt sei, bestätigte das Unternehmen auf Anfrage. Welches Material ein Land mit den Flugzeugen wohin transportiere, liege nicht in den Händen von Airbus.

Der libysche Regierungschef Al-Sarradsch (links), mit dem türkischen Präsidenten Erdogan (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/A. Altan

Im politischen Berlin sorgt der Bericht für Unruhe. Der frühere Präsident des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, Arnold Wallraff, sprach von "Absurdistan". Wenn die Türkei das Libyen-Embargo breche, dürfe Airbus dies nicht technisch unterstützen. Aus dem Auswärtigen Amt kommt lediglich die Stellungnahme, zu den Flügen des A400M in das Bürgerkriegsland habe man "keine über (presse-)öffentliche Hinweise hinausgehenden Erkenntnisse".

"Notfalls weitere Sanktionen"

"Das schreit nach Aufklärung", sagte der Grünen-Rüstungsexperte Tobias Lindner. Es könne nicht sein, dass eine europäische Firma der Türkei dabei helfe, gegen das Embargo zu verstoßen. Der SPD- Verteidigungsexperte Karl-Heinz Brunner, ein Parteigenosse von Bundesaußenminister Heiko Maas, erklärte: "Es ist wichtig, dass wir unsere Außenwirtschaftsgesetze entsprechend anpassen, um so etwas für die Zukunft zu vermeiden."

Maas hatte vor einer Woche gesagt, er wolle das Waffenembargo notfalls mit weiteren Sanktionen durchsetzen. Zugleich verwies er darauf, dass sich bei der Berliner Libyen-Konferenz im Januar alle Länder mit Einfluss auf den Bürgerkrieg in dem nordafrikanischen Land verpflichtet hätten, keine Waffen mehr dorthin zu liefern.

Offizielle Feuerpause

Am Freitag hatte die international anerkannte Regierung in Tripolis einen sofortigen Waffenstillstand für ganz Libyen ausgerufen. Seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrscht in dem ölreichen Land ein blutiges Chaos. Ministerpräsident Al-Sarradsch kämpft mit dem abtrünnigen General Chalifa Haftar um die Vorherrschaft. Al-Sarradschs Regierungstruppen werden vor allem von der Türkei und Katar unterstützt, Haftar von Russland, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten.

Immer wieder Verstöße gegen Berliner Erklärung

Mit dem Berliner Gipfel hat Deutschland eine Vermittlerrolle in dem Konflikt eingenommen. Die Abschlusserklärung ist aber bis heute so gut wie nicht umgesetzt. Die Vereinten Nationen registrieren vor allem Verstöße der Türkei und der Emirate gegen das Waffenembargo - beides Länder, die die Berliner Erklärung unterzeichnet haben.

Die Europäische Union versucht den Waffenschmuggel zweigleisig einzudämmen: Die Mission "Irini" soll Militärlieferungen aufdecken und solche auf dem Seeweg auch stoppen. Zusätzlich haben Deutschland, Frankreich und Italien in der EU die Sanktionierung von Unternehmen und Einzelpersonen vorgeschlagen, die Schiffe und Flugzeuge für den Transport von Waffen stellen. Strafmaßnahmen gegen die Staaten, aus denen die Waffen kommen, gibt es bisher aber nicht.

jj/gri (dpa, ard)

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