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Politik

Türkische Gemeinde gegen Präsidialsystem

24. Februar 2017

In der vergangenen Woche warb der türkische Ministerpräsident Yildirim in Deutschland für eine Verfassungsänderung zugunsten von Präsident Erdogan. Doch nicht alle hier lebenden Türken stimmen ihr zu.

Gökay Sofuoglu, Türkische Gemeinde in Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa/T. Rückeis

Die Türkische Gemeinde in Deutschland will dafür werben, dass hier lebende türkische Staatsbürger beim Referendum am 16. April die Einführung eines Präsidialsystems in ihrem Heimatland ablehnen. Dafür will die Vereinigung mit ihrem Bundesvorsitzenden Gökay Sofuoglu (Artikelbild) aktiv gegen die von Recep Tayyip Erdogan geplante Änderung der Verfassung in den Wahlkampf ziehen.

Mit der Reform würde sich die Türkei "von jeglichen demokratischen Grundsätzen" entfernen, heißt es in einem offiziellen Beschluss der Türkischen Gemeinde, der den Zeitungen "Heilbronner Stimme" und "Mannheimer Morgen" vorliegt. Darin steht weiter: "Die Türkische Gemeinde lehnt jegliche Bemühungen ab, die das Land in ein Ein-Mann-Regime führen sollen." Der Beschluss soll nächste Woche veröffentlicht werden.

Bundesweiter Wahlkampf

Nach Angaben von Sofuoglu sind in ganz Deutschland bis zu 400 Veranstaltungen vorgesehen, "auf denen wir für ein Nein werben". Geplant seien auch Hausbesuche, das Verteilen von Flyern sowie Aktionen in den sozialen Medien. In Deutschland leben rund 1,4 Millionen Menschen mit einer türkischen oder einer doppelten Staatsbürgerschaft, die an dem Referendum teilnehmen dürfen. Ihre Stimme können sie vom 27. März bis zum 9. April in den Wahllokalen der türkischen Konsulate abgeben.

Mit der Kampagne mische sich die Türkische Gemeinde erstmals aktiv in eine innenpolitische Entscheidung der Türkei ein, so Sofuaoglu. "Mit der Verfassungsänderung würde man alle demokratischen Mittel abschaffen", warnt er. Habe ein Präsident die alleinige Macht über das Parlament und die Justiz, könne man den Weg "hin zu einer Autokratie nicht mehr verhindern", sagte Sofuaoglu den beiden Zeitungen.

Das Ende der türkischen EU-Träume?Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Anfeindungen wahrscheinlich

Nach Ansicht der Türkischen Gemeinde sei ein Ja zu der Verfassungsreform auch "der endgültige Abschied von einer möglichen EU-Mitgliedschaft". Deswegen nehme man in Kauf, in den türkischen Medien als "Vaterlandsverräter" dargestellt zu werden.

Der türkische Generalkonsul Ahmet Akinti sagte, es sei in Anbetracht der vielschichtigen Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland und der großen Anzahl türkischstämmiger Menschen in Deutschland normal, dass das Referendum in der deutschen Öffentlichkeit sehr aufmerksam verfolgt werde. "Leider stellen wir in letzter Zeit aber fest, dass hier eine einseitige Meinungsbildung entsteht", wird der Diplomat in den Zeitungen zitiert. Das sei darauf zurückzuführen, dass objektive türkische Quellen nicht mit einbezogen würden.

Die 1995 gegründete Türkische Gemeinde in Deutschland mit Sitz in Berlin versteht sich als eine parteipolitisch unabhängige Interessenvertretung der 2,3 Millionen türkischstämmiger Deutscher und in Deutschland lebender Türken. Eigenen Angaben zufolge setzt sie sich für eine "lebendige Migrationsgesellschaft, in der Vielfalt gelebt wird" ein. Sie ist zu unterscheiden von religiös motivierten Zusammenschlüssen wie dem größten Islamischen Verein in Deutschland, Ditib.

mak/jj (dpa, Mannheimer Morgen)

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