1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Türkische Journalisten bleiben in Haft

11. Januar 2018

Das türkische Verfassungsgericht ordnete die Freilassung zweier Journalisten an. Doch sie kommen vorerst nicht frei. Das Strafgericht widersetzte sich der Forderung der Verfassungsrichter.

Türkei - Verfassungsgericht in Ankara
Ein Polizist vor dem türkischen VerfassungsgerichtBild: Getty Images/AFP

Das Strafgericht habe die Fälle von Mehmet Altan und Sahin Alpay im Lichte der Entscheidung der Verfassungsrichter neu bewertet, meldeten die Nachrichtenagenturen Dogan und Anadolu. Es habe aber die Anträge der beiden auf Entlassung aus der Haft abgewiesen. Eine Begründung für die Entscheidung gab es zunächst nicht. Laut der Zeitung "Hürriyet" gab das Gericht an, keine offizielle Mitteilung des Verfassungsgerichts über das Urteil erhalten zu haben.

Zuvor hatte das Verfassungsgericht ihre Freilassung angeordnet. Mehrheitlich hätten die Richter entschieden, dass die von der Verfassung geschützte Freiheit der Meinungsäußerung und der Presse verletzt wurde, hieß es im Gerichtsprotokoll.

Der Journalist Mehmet Altan bleibt vorerst in HaftBild: picture alliance/AA/A. Izgi

Rüge aus Ankara

Das Urteil des Verfassungsgericht stieß bei der Regierung in Ankara auf scharfe Kritik. Die Instanz habe mit der Anordnung zur Freilassung der Journalisten ihre gesetzlich festgelegten Kompetenzen überschritten, erklärte der stellvertretende Ministerpräsident Bekir Bozdag auf Twitter. Das Verfassungsgericht könne in individuellen Fällen nicht wie ein "Super-Berufungsgericht" agieren. Schließlich gebe es bereits ein oberstes Berufungsgericht. Die "schlechte und falsche Entscheidung" erinnere an das Urteil vom Februar 2016, als das Verfassungsgericht die Freilassung des "Cumhuriyet"-Chefredakteurs Can Dündar angeordnet hatte. Dündar lebt heute in Deutschland.

Altan und Alpay sind seit mehr als einem Jahr in Haft. Anwälte anderer inhaftierter Journalisten hatten die Hoffnung ausgedrückt, dass die Entscheidung des Verfassungsgerichts ein Präzedenzfall sein könnte für andere Häftlinge. Ähnlich äußerte sich die Organisation Reporter ohne Grenzen und forderte, die Türkei müsse die weiteren 100 inhaftierten Journalisten freilassen. Unter ihnen ist der deutsche Journalist Deniz Yücel, der für die "Welt" arbeitet und seit rund elf Monaten ohne Anklage in türkischer Haft sitzt. Ihm wird Unterstützung von Terrorismus vorgeworfen.

Seit dem Putschversuch in Haft

Altan und Alpay wurden nach dem Putschversuch im Sommer 2016 festgenommen. Ihnen wurden Verbindungen zu terroristischen Organisationen und eine Beteiligung an dem Umsturzversuch zur Last gelegt. Beide wiesen die Anschuldigungen zurück. Alpay arbeitete für die inzwischen geschlossene Tageszeitung "Zaman" und war Moderator bei CNN Türk. Altan ist Professor für Volkswirtschaft und schrieb für mehrere Zeitungen.

Nach dem Putschversuch ging Präsident Recep Tayyip Erdogan massiv gegen mögliche Sympathisanten des Predigers Fetullah Gülen vor, den er für den gescheiterten Putsch verantwortlich machte. Gülen lebt in den USA im Exil. Er bestreitet die Vorwürfe der Führung in Ankara.

cr/qu/kle (rtr, afp, dpa)