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Türkische Journalistin Asli Erdogan kommt frei

Lina Friedrich
29. Dezember 2016

Sie soll Mitglied einer Terrororganisation sein, so der Vorwurf gegen die türkische Journalistin Asli Erdogan. Nach monatelanger Haft begann heute der Prozess gegen sie mit einer Überraschung: sie wird freigelassen.

Autorin Asli Erdogan - Leipziger Buchmesse 2008
Bild: Imago/Suedraumfoto

Zum Auftakt des Prozesses gegen Asli Erdogan hat das Gericht die Entlassung der türkischen Journalistin aus der Untersuchungshaft angeordnet. Zwei weiterer Beschuldigte kamen ebenfalls frei. Allerdings ordneten die Richter eine Ausreisesperre an, die Autorin darf die Türkei vorerst nicht verlassen. Der Prozess wird am 2. Januar 2017 fortgesetzt. 

Länger als vier Monate hat Asli Erdogan bereits im Frauengefängnis Bakirköy in Istanbul gesessen. Die Anklage gegen die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin lautete zunächst auf Störung der nationalen Einheit und die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation.

Im November wurde Erdogan von einem türkischen Gericht im ersten Anklagepunkt freigesprochen. Nun wird ihr auf Grundlage des Vorwurfs einer Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung der Prozess gemacht.

Asli Erdogan ist Mitglied im Beirat der pro-kurdischen Tageszeitung "Özgür Gündem", für die sie außerdem regelmäßig Kolumnen schrieb. Das Istanbuler Zeitungshaus wurde im Rahmen einer Razzia der türkischen Regierung, bei der neben Erdogan 23 weitere Journalisten und Unterstützer des Blattes festgenommen wurden, "vorübergehend" geschlossen. Die Behörden warfen den Journalisten Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vor.

"Prozess gegen Asli Erdogan ist eine Farce"

Die Inhaftierung Asli Erdogan war von Journalisten und Menschenrechtlern gleichermaßen kritisiert worden. Neben dem UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit David Kaye meldeten sich auch Mitglieder der Schriftstellerorganisation PEN sowie Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, zu Wort. Letzterer prangerte nicht nur die Lage der Meinungsfreiheit in der Türkei an, sondern initiierte im November auch gemeinsam mit einigen Autoren und Verlegern eine Mahnwache vor dem Gefängnis in Istanbul, bei der sie die sofortige Freilassung Erdogans forderten.

Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, setzt sich für die Freilassung Asli Erdogans ein.Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

"Der Prozess gegen Asli Erdogan ist eine Farce", sagt Alexander Skipis. Weiterhin fordert er im Namen des Börsenvereins von der Bundesregierung und der EU-Kommission, "die Meinungsfreiheit in der Türkei und in anderen Ländern endlich kompromisslos einzufordern."

Gutachten bestätigen Rechtswidrigkeit der Anklage

Aus Gutachten verschiedener türkischer Juristen, die teils stark unterschiedliche politische und religiöse Ansichten haben, geht hervor, dass die Anklage gegen Erdogan rechtswidrig ist. Unterstützer der türkischen Autorin hatten darum gebeten, eine rechtliche Einschätzung des Falls zu geben. Der muslimische Anwalt Mahir Orak betont in seiner Beurteilung der Rechtslage: "Die Artikel und Aktivitäten von Asli Erdogan beinhalten keine Worte oder Aussagen, die eine Strafanzeige wegen einer Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation begründen könnten. Ihre Taten bestehen lediglich darin, dass sie Journalismus praktiziert und ihr Recht auf Redefreiheit nutzt."

Weltweite Unterstützung für die inhaftierte Journalistin

Die Journalistin selbst wandte sich in ihrer Haft immer wieder durch aus dem Gefängnis geschmuggelte Briefe an die Öffentlichkeit. So warnte sie unter anderem in einem offenen Brief an die Deutsche Welle davor, dass Europa "die Gefahren des totalen Verlusts der Demokratie in der Türkei zu unterschätzen [scheint]". In einem Brief an die Süddeutsche Zeitung prangert sie sowohl die Zustände im Gefängnis Bakirköy als auch die Art der Verbrechen an, die ihren Mithäftlingen vorgeworfen werden - beispielsweise ein "Konto bei einer 'bedenklichen' Bank" eröffnet zu haben. Der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation Committee to Protect Journalists (CPJ) zufolge, die sich weltweit für die Pressefreiheit einsetzt, sind derzeit 81 Journalisten in der Türkei inhaftiert.

Asli Erdogan ist preisgekrönte Schriftstellerin. Ihre Bücher wurden ins Deutsche, Französische und Norwegische übersetzt. Für ihren Roman "Tas Bin" erhielt sie 2010 den Sait-Faik-Preis, den bedeutendsten Literaturpreis der Türkei. Außerdem ist sie Mitglied der Schriftstellerorganisation PEN und der türkischen Schriftstellervereinigung.

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